Der neue TSV-Trainer: Daniel mit dem Löwenherz

München - "Aggressiv, aggressiv." Daniel Bierofka scheuchte die Spieler des TSV 1860 über den Trainingsplatz. Knapp fünfzig Meter weiter stand Oliver Kreuzer an einer Bande, die Hände in den Hosentaschen, kritischer Blick. Der Sportchef der Löwen hatte Bierofka eine halbe Stunde zuvor am frühen Dienstagnachmittag als neuen Sechzger-Trainer vorgestellt.
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Der 37-Jährige übernimmt zusammen mit dem bisherigen Assistenten Kurt Kowarz (58) im Saisonendspurt die Verantwortung beim Tabellenvorletzten der 2. Liga. Seinem Vorgänger Benno Möhlmann war die Rettung der Löwen, die zuletzt 1993 drittklassig spielten, nicht mehr zugetraut worden. Am Montagabend fiel die Entscheidung gegen den 61-Jährigen, der aus 20 Spielen nur fünf Siege und 19 Punkte geholt hatte.
Kreuzer kontaktierte nach AZ-Informationen umgehend Ur-Löwe Bierofka. Dieser leitete noch am Dienstagmorgen das Training der U21 – am Nachmittag stand er mit den Profis auf dem Platz. "Er wird für die kommenden vier, vielleicht sechs Pflichtspiele unser Cheftrainer sein", sagte Kreuzer. Die AZ erklärt den neuen Löwen-Coach:
Bierofka, der Retter
"Ich habe Vertrauen in ihn, dass er neues Feuer entfachen kann", sagte Kreuzer. In der Tat: Bierofka wirkt geeignet. Er gilt als Optimist, hat ein großes Selbstvertrauen. "Wir müssen eine Einheit sein, in eine Richtung gehen. Geredet wurde genug. Entscheidend ist auf dem Platz", sagte er bei seiner Vorstellung und sprach von einer "guten Ausgangsposition. Wir können das aus eigener Kraft schaffen. Es ist kein Platz mehr für Angst."
Bierofka, der Trainer
Seit Februar 2015 trainierte er die U21 des Vereins in der Regionalliga Bayern. Eine gültige Trainerlizenz hat er nicht, macht gerade den Schein. Die DFB-Statuten sehen vor, erklärte Kreuzer, dass er 15 Werktage lang eine Bundesligamannschaft betreuen darf. Das wäre einschließlich des 33. Spieltag, wenn es im Showdown gegen den SC Paderborn geht. Man sei bereits in Gesprächen mit der Deutschen Fußball-Liga (DFL), schilderte Kreuzer, "dass er darüber hinaus eine Sondergenehmigung bekommt".
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Bierofka lässt sehr offensiv spielen. "In der vorderen Zone, im Mittelfeld, in der hinteren Zone", sagte er, "wir werden den Gegner attackieren". Wegen seines vergleichsweise jungen Alters legt er Wert auf Hierarchie. Bierofka: "Wenn einer nicht mitzieht, bekommt er Probleme."
Psychologisch wird ihm ein feines Gespür nachgesagt. Er werde Spieler direkt ansprechen, erklärte er, wolle wissen, "was mit ihnen los ist". Und er werde ausschließlich die Stärken hervorheben. "Ich kann als Fußballer nur auf den Platz gehen, wenn ich von mir überzeugt bin."
Bierofka, der Fußballer
Bierofka machte von 2000 bis 2002 und zwischen 2007 und 2014 insgesamt 219 Profi-Spiele für den TSV 1860. Er war ein Techniker, kam meist aus dem rechten Mittelfeld oder zentraler. Ausgebildet wurde er in der Jugend des FC Bayern.
AZ-Kommentar: Neuer Löwen-Trainer Bierofka - Zahlenspiele
Seinen größten Erfolg feierte er mit dem VfB Stuttgart, als er 2007 mit Deutscher Meister wurde. Mehrmals spielte er aber auch gegen den Abstieg – zum Beispiel 2002/03 völlig unerwartet mit Bayer Leverkusen. Das habe ihn geprägt, sagte er.
Bierofka, der Löwe
Er ist in München geboren, aufgewachsen – und nach München zurückgekehrt. Für die Fans ist er nicht nur laut Kreuzer "eine Identifikationsfigur. Er weiß, wie der Verein tickt, ist mit diesem emotional verbunden, hat ein Löwenherz." Die Anhänger der Sechzger wissen, mit wem sie es zu tun haben – das vermittelt Sicherheit.
Bierofka, der Mensch
Bierofka gilt als freundlich, aber strikt. Einst war er ein Musterprofi. Eskapaden leistete er sich nie. Geerdet hat ihn seine Familie: Die Großmutter und seine Eltern leben in Feldmoching. Vater Wilhelm spielte zwischen 1973 und 1979 für 1860, ehe er seine Karriere bereits mit 26 beenden musste. Er ist bei jedem Heimspiel der "Blauen" im Stadion – auch wenn sein Sohn am Sonntag als Chefcoach debütiert.