Der David-Richter-Effekt beim TSV 1860: "Ich bin gut beraten, den Mund zu halten"
München - "Wo kein Kläger, da kein Richter." Dieses Sprichwort besagt, dass ein Vergehen nur dann verfolgt wird, wenn es auch jemanden gibt, der Anzeige erstattet. Oder in anderen Worten: Solange sich niemand beschwert, wird sich am Ist-Zustand nicht viel ändern.
Bei den Löwen galt bisher das Sprichwort: Wo ein Hiller, da kein Richter. Am Samstag, im Preußenstadion an der Hammer Straße, kehrten sich die ungeschriebenen Gesetze der Sechzger um.
Verletzungspech beim TSV 1860: David Richter ersetzt Marco Hiller
Beim achtbaren 1:1 des TSV 1860 bei Aufsteiger Preußen Münster hieß es erstmals in einem Drittligaspiel der laufenden Saison: Wo kein Hiller, da ein Richter. Für den Löwenfan und den Zuschauer dieses Duells dürfte die Erklärung hierzu nicht schwer fallen: Weil Stammtorhüter Marco Hiller nach einer Verletzung im Abschlusstraining über Knieschmerzen klagte, durfte kurzerhand Neuzugang David Richter das Tor hüten. Das erledigte der 24-jährige Ex-Offenbacher mit Bravour.
Der Neuzugang hielt, was es zu halten gab gegen den formstarken Drittliga-Rückkehrer: einen strammen Flachschuss aus der zweiten Reihe kratzte er aus der Ecke, zudem entschärfte er zwei Kopfbälle mit starken Reflexen. Zur Krönung ließ er noch einen heraneilenden Stürmer locker aussteigen. "Ich bin gut beraten, den Mund zu halten, weiter meine Leistung zu bringen, mich im Training zu zeigen und am Ende entscheidet der Trainer", sagte Richter hinterher mit seiner etwas gezügelten Berliner Schnauze, haute aber noch raus: "Ich weiß, was ich kann." Und: "Das war noch nicht alles!"
David Richter mit überzeugendem Debüt für den TSV 1860
Ginge es nach Richter selbst, wäre der talentierte und 1,96 Meter große Neulöwe schon seit Saisonbeginn zwischen den Pfosten. Weil es auf Giesings Höhen seit nun schon mehreren Jahren aber eine Lex Hiller gibt, hieß der Stammkeeper bisher Hiller. Der gebürtige Gröbenzeller rechtfertigte das Vertrauen seiner Trainer auch mit guten Leistungen.
Fünf Mal spielte 1860 bereits zu Null, was auch das Werk des Schlussmannes ist, der sich allerdings beim 0:1 in Ulm eine Flanke in sein Tor wehen ließ. Richter scheint seinen Job, den in der Vorsaison ab und an schwächelnden Schlussmann anzuspornen, also ganz vernünftig zu machen. Nun bekam er endlich seine Chance, zahlte mit Leistung zurück – und darf sich weitere Einsätze ausmalen.
"Ich habe mir leider im Abschlusstraining das Knie verdreht", erzählte Hiller im "Löwen-TV" und erklärte: "Ich bin trotzdem mitgefahren nach Münster in der Hoffnung, dass es vielleicht über Nacht besser wird. Das war leider nicht der Fall." Nun müsse er warten, "was der Doc sagt", um seine Diagnose zu stellen. Die soll nach AZ-Informationen erst am Dienstagvormittag folgen. Klang allerdings eher nach einer kleineren Verletzung wie einer Bänderüberdehnung als nach einem Riss.
Maurizio Jacobacci: "Ich weiß, was ich an beiden Torhütern habe"
Coach Jacobacci wollte auf AZ-Nachfrage keine Spekulationen anstellen, sagte aber zwei Dinge dazu. Erstens: "Wir hoffen, dass es bei Marco nichts Gravierendes ist." Zweitens: "Ich weiß, was ich an beiden Torhütern habe. Marco hat schon fünf Mal zu Null gespielt. David hätte sich das heute auch verdient bei dem, was er geleistet hat."
Jacobaccis Fazit: "Wir haben im Tor ein Luxusproblem, ein schönes Problem." Je nachdem, ob Hiller länger fehlt, darf Richter also nochmal ran – ob er gar das Hiller-Richter-Gesetz verändern kann?