AZ-Interview mit Götz Otto über den TSV 1860 und Hasan Ismaik
München - Er gilt als bekannter deutscher Schauspieler, erlangte durch seine Rolle als Bösewicht "Stamper" in James Bond - "der Morgen stirbt nie" internationale Bekanntheit - und ist ein Löwe: Schauspieler Götz Otto spricht über sein Herzensklub TSV 1860 und findet klare Worte für die aktuelle Situation bei den Sechzgern.
AZ: Herr Otto, hätten Sie kurz Zeit, um über Ihren Herzensklub, den TSV 1860, zu sprechen?
GÖTZ OTTO: Wenn es um die Löwen geht, kann ich kaum Nein sagen. Obwohl ich Sie ja boykottieren könnte – kleiner Scherz. Ich spiele momentan in Hamburg Theater. So gesehen bin ich auch hier oben meinem Lieblingsverein sehr nah: Da gibt’s immer viel Theater! Hier kennt man sich sogar auch mit Tabellenniederungen aus. Ist wohl die einzige Stadt, in der man als Löwe nicht so sehr bemitleidet wird.
Sie scheinen trotz der Entfernung bestens informiert zu sein. Wie ist es ob der jüngsten Geschehnisse auf Giesings Höhen um Ihre Gefühlslage bestellt?
Das kann man eigentlich gar nicht mehr kommentieren. Wenn man sogar schon bei Sponsor Hacker Pschorr über 1860 herzieht (im hauseigenen Blog des Unternehmens, d. Red.). Das ist ja total lächerlich, was passiert, leider auch sehr erschreckend. Ich habe das Gefühl – und das wäre unendlich schade um Sechzig –, dass hier ein Verein wegen einer persönlichen Egomanie zugrunde gerichtet wird.
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Klingt, als sprächen Sie über Investor Hasan Ismaik.
Man kann ihm ja nicht einmal absprechen, nicht zu wollen. Das fußballerische Verständnis muss man ihm allerdings absprechen. Nach einer unvergleichlichen Siegesserie von zwei Spielen von der Champions League zu sprechen, ist absurd. Mit diesem Kasperltheater verliert der Verein an Identität, das ist mittelfristig tödlich.
Wo Sie schon vom (Kasperl-)Theater sprechen: Hätten Sie als Schauspieler die Wahl, eine Rolle bei den Löwen zu besetzen, welche würden Sie wählen?
Das macht doch keine Freude, dort in eine Rolle zu schlüpfen. Man muss entweder die Klappe halten, wie Cassalette – oder gehen, wie Bay. Berater von Ismaik vielleicht: Ich hätte meinen Spaß, würde teure Autos durch die Gegend fahren, könnte von der Königsklasse träumen – wäre doch ein toller Job (lacht). Aber im Ernst: Man ist geneigt, dem Verein zu wünschen, zurückschalten zu können und irgendwo anzufangen, wo man Identität aufbauen kann.
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Sie meinen einen Neustart in einer unterklassigen Liga?
Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich wäre mir sportlicher Erfolg lieber, aber wie soll das unter den bestehenden Voraussetzungen gehen? Was da schon wieder für Namen gehandelt werden: Di Matteo als Trainer? Bei einem potenziellen Absteiger aus der Zweiten Liga? Da rollen sich mir die Fußnägel hoch!
Was muss sich denn ändern, damit Ihr Dasein als Löwen-Fan wieder fröhlichere Tage fristet und vor allen Dingen der Erfolg zurückkehrt?
Man bräuchte eine Bodenständigkeit, das zeichnet den Verein eigentlich aus. Sechzig war immer ein Arbeiterverein. Wir können natürlich auch einen Lauf auf einen Aufstiegsplatz hinlegen, im nächsten Jahr die Bayern schlagen und danach in der Champions League spielen…
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Viele Leute haben langsam kein Mitleid mehr mit 1860 – jetzt lachen sie gleich. Wenn man uns konsequent nicht mehr ernst nehmen kann, wie soll ich einem jungen Münchner erklären, dass unser Verein besser ist als die Roten?
Am Samstag treffen die Sechzger auf Dynamo Dresden, das Duell droht wegen über 15 000 Fans aus Sachsen zum Auswärtsspiel zu werden. Was bereitet Ihnen jene Hoffnung, die sich jeder Film-Held für eine unerwartete Wendung bewahren muss?
Sie liegt auf Leuten wie Daniel Bierofka, unserer Monster-Identifikationsfigur. Stefan Aigner ist auch ein großartiger Charakter, der sich schon bei Frankfurt immer zurückgekämpft hat. Ihn zurückzuholen, war ein tolles Zeichen, wenngleich mich der Saisonstart voller Euphorie wieder ans Theater erinnert.
An das Stück, das Sie derzeit spielen?
Ja, es ist Don Quijote und handelt von gescheiterten Träumen. Darin gibt es Unmengen an Illusionen, und Menschen, die denken, gute Dinge zu tun, ihre Absichten mit dem Brustton der Überzeugung erklären – und das Gegenteil erreichen. Das ist wie bei Sechzig.