AZ-Analyse: Löwen von Würzburgs Welle weggespült
Würzburg - Zuletzt hatte der TSV 1860 gut gespielt, sich aber nicht belohnt. In den beiden Partien gegen Union Berlin (1:2) und beim FC St. Pauli (2:2) konnte man noch konstatieren, dass die Löwen zumindest eine solide Leistung auf den Platz brachten. Beim 0:2 gegen Hannover 96 und jetzt, nach der Derbypleite bei den Würzburger Kickers mit demselben Ergebnis, fehlten Leistung und Lohn zugleich. Wegen eines denkbar schwachen Auftritts, bei dem den Sechzgern nicht nur der nächste Bock unterlief, sondern auch viele kleine Fehler und Unkonzentriertheiten das Spiel der Blauen prägten, setzte es beim Aufsteiger eine völlig verdiente Niederlage. Die Kickers dagegen surfen weiter auf ihrer Euphoriewelle.
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Das Spiel: Sechzig kam durchaus durch Standards und Einzelaktionen zu der ein oder anderen Möglichkeit, insgesamt kauften die Kickers der Elf von Trainer Kosta Runjaic den Schneid allerdings durch eine leidenschaftliche Leistung ab. Dies erweckte den Anschein, als wären die Sechzger und nicht etwa die Hausherren das unerfahrene Überraschungsteam. Würzburg agierte clever, und Würzburg schlug zweimal im richtigen Moment zu.
Die Tore: Kai Bülow war es, der in der 27. Minute einen Moment in geistiger Umnachtung verbrachte. Soriano sah, dass dem 1860-Innenverteidiger den Ball etwas zu weit vom Fuß sprang, spritzte dazwischen und marschierte auf das Tor der Sechzger. Torhüter Jan Zimmermann ging bei dem Versuch, den Stürmer vom Ball zu trennen, zu Boden und fuhr sein Bein aus. Der Angreifer der Würzburger nahm dankend an und ließ sich über Zimmermanns Fuß fallen - eine Schwalbe. Schiedsrichter Petersen zeigte dennoch auf den Punkt: Der Gefoulte selbst trat an, verlud Zimmermann und versenkte den Ball mittig zur Führung. In der 83. Minute verlängerte Pisot einen Abschlag von Keeper Wulinkowski zu Daghfous, der Müller auf der linken Seite bediente. Und der setzte sich gegen einen überforderten Marnon Busch durch, zielte genau in die rechte Ecke und traf mit einem wuchtigen Schuss zum Endstand. Zimmermann sah allerdings auch hier nicht gut aus - der Keeper konnte nur noch hinterhersehen, anstatt einzugreifen.
Das war gut: Der Offensivgeist von Jan Mauersberger. Der Ersatz-Kapitän erkämpfte sich gleich drei aussichtsreiche Torchancen: Ein Kopfball strich über den Kasten, einer wurde von Wulnikowski noch über den Querbalken gelenkt und ein Torschiuss wurde geblockt. Was die drei Szenen besagen: Sechzig war nicht chancenlos und hätte mit ein bisschen mehr Glück und Geschick durchaus ein oder gar mehrere Treffer erzielen können - wenngleich insgesamt einfach zu wenig kam von den Gästen.
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Das war schlecht: Bülows Zweikampfverhalten vor dem 0:1, Zimmermans Reaktion bei den Gegentreffern, die Abschlussschwäche bei den Tormöglichkeiten, viele Fehlpässe sämtlicher Löwen und chronische Instabilität der Defensive: Man kann viele Gründe anführen, warum es nicht geklappt hat mit einem zufriedenstellenden Ergebnis. Unter dem Strich: Die Leistung hat bei keinem einzigen Löwen gestimmt - kein einziger Akteur erreichte Normalform.
Die Szene des Spiels: Sascha Mölders schickte sich in der 58. Minute an, einen genialen Moment zu haben: Der Torjäger tunnelte Gegenspieler Schoppenhauer und schlenzte den Ball in Richtung Kreuzeck. Ein klein bisschen höher, und er hätte womöglich auch dort eingeschlagen. So konnte Wulnikowski die Szene entschärfen und einer der wenigen gelungenen Momente im Spiel der Blauen wurde nicht von Erfolg gekrönt.
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Das sagt 1860-Trainer Kosta Runjaic: "Es war ein verdienter Würzburger Sieg. Wir wussten, dass Würzburg sehr kompakt ist, den Gegner 90 Minuten bearbeitet. Das war auch der Fall. Wir haben uns aber ab und an lösen können, haben zwei gute Standardsituationen gehabt. Dann ist uns etwas passiert, das uns in dieser Saison schon öfter passiert ist: Wir haben einen Bock geschosssen. Nach dem Rückstand war es umso schwerer, das Spiel gegen eine solch heimstarke Mannschaft zu drehen. Das war nicht ausreichend. Wir können nicht mit dem heutigen Spiel und den letzten Wochen nicht zufrieden sein. Es besteht Redebedarf. Wir werden mit der Mannschaft reden und versuchen, sie wieder aufzurichten."
Das sagt Würzburg-Trainer Bernd Hollerbach: "Es ist ein Unterschied, ob man ein Spiel gewinnen will, oder ob man unbedingt gewinnen will. Meine Mannschaft wollte an diesem Nachmittag unbedingt gewinnen, das habe ich die ganze Woche schon gespürt. Es war heute nicht einfach gegen einen guten Gegner, der mit Sicherheit noch kommen wird. Die letzten jahre waren nicht gut bei Sechzig, so etwas braucht Zeit. Natürlich dürfen wir uns jetzt freuen und gehen mit einem guten Gefühl in die Länderspielpause. Ich kann aber nur warnen: Sandhause hatte letztes Jahr auch einen guten Start, hintenraus wurde es eng. Unser Ziel ist weiter, die Klasse zu halten. Wir sind auf einem guten Weg, mehr aber auch nicht."