Aufsichtsratssitzung: Das Phantom im Nacken
BELEK Während die Löwen sich bereits um vier Uhr früh an der Grünwalder Straße trafen, klingelte der Wecker von Alexander Schmidt Trainers erst um 20 vor vier. Gemeinsam mit Sportchef Florian Hinterberger, wie der 1860-Coach am Starnberger See wohnhaft, ging es direkt zum Flughafen – ohne den Umweg Giesing.
Wie lange es diese Fahrgemeinschaft noch geben wird, ist offen. Denn Schmidt und Hinterberger sind mit der Mannschaft nach Belek geflogen, um die Mannschaft auf die Rückrunde vorzubereiten und einzuschwören - das Ziel lautet nachwievor, Platz 3 zu erreichen. Doch ob die beiden noch nach dem neuntägigen Trainingslager im Amt sein werden, das wissen sie nicht.
Am Montag berät der Vereins-Aufsichtsrat an der Grünwalder Straße mit dem Präsidium um Dieter Schneider über das Kompromissangebot von Investor Hasan Ismaik im Streit um die strategische Ausrichtung des Klubs. Zwar hat Ismaik seine Rücktrittsforderungen gegen Schneider & Co. zurückgenommen und versichert, 1860 nicht über die Maßen verschulden zu wollen. Doch auch die Löwen müssen Zugeständnisse machen – im sportlichen Bereich.
Noch immer soll Ismaik den Schweden Sven-Göran Eriksson bei 1860 installieren und mit allen sportlichen Vollmachten ausstatten wollen. Und das am liebsten sofort.
Für Schmidt, noch mehr aber für den auch intern seit den unglücklichen Transfers des Sommers umstrittenen Hinterberger, bedeutet dies, dass sie in der Türkei ihre Arbeit machen müssen (Hinterberger verhandelt immer mit einigen Kandidaten für den Sturm), aber mit einem Auge nach Giesing schielen müssen. Dort verhandeln die Bosse auch um ihre Zukunft.
„Ich werde ganz sicher nicht am Liveticker sitzen und schauen, was sich in München tut", sagte Schmidt zwar zu den Reportern in Belek. Doch klar ist, dass Eriksson ihm als Phantom im Nacken sitzt.
„Ich vertraue darauf, dass Robert Schäfer (Geschäftsführer, die Red.) und die anderen Verantwortlichen die richtige Entscheidung für den Verein finden werden", sagte Schmidt noch, „ich bin seit elf Jahren im Verein, die Chefs vertrauen mir, ich vertraue ihnen." Doch dies sollte nicht nur als Werbung in eigener Sache interpretiert werden. Bereits letzte Woche hatte der Trainer signalisiert, notfalls auch wieder die U 21 übernehmen zu können, wenn dies gewünscht sei. Nur eins schloss Schmidt gestern aus: zum Assistenten von Eriksson degradiert zu werden: „Co-Trainer mache ich nicht mehr, das schließe ich aus", sagt Schmidt, „ich habe gemerkt, dass das nichts für mich ist."
Soweit müsste es aber gar nicht kommen. Ismaik will Schmidt nach AZ-Informationen gar nicht loswerden. Der Investor weiß, dass Schneider dem 44-Jährigen versprochen hat, dass er bis Saisonende Trainer bleiben dürfe. Andererseits hat Ismaik den Job aber auch Eriksson versprochen. Bevor es also zum doppelten Wortbruch kommt, sollen die beiden einfach gemeinsam arbeiten, so der Plan Ismaiks.
So wie in Leverkusen, wo Sascha Lewandowski und Sami Hyppiä gemeinsam die Mannschaft führen und als gleichberechtigte Cheftrainer gelten oder wie bei der Nationalmannschaft von 2004 bis 2006, als Jürgen Klinsmann zwar nach außen hin Bundestrainer war, aber Joachim Löw schon vor allem für die Trainingsarbeit und taktische Ausrichtung zuständig war, sollten auch Eriksson und Schmidt gemeinsame Sache machen. Der Schwede könnte sich bei diesem Modell etwa vornehmlich um Spielertransfers, die Kommunikation nach außen und innen kümmern, Schmidt vor allem die tägliche Trainingsarbeit und Spielerentwicklung verrichten. Nach AZ-Informationen soll Eriksson dieser Idee grundsätzlich bereits zugestimmt haben.