57.000 Feiergäste beim Wunder von Fröttmaning

München - Was für ein unfassbares Spiel. Was für ein unvergesslicher Abend. Was für ein Fußball-Wahnsinn mit und dank dem TSV 1860. Klassenerhalt. Egal wie. Das war die Mission. Die Löwen haben sie geschafft. Wie? Das werden sie wohl in vielen Jahren noch nicht wissen. Selten war ein Erfolg so unerklärlich. Selten war ein Klassenerhalt so unverdient. Aber selten hat eine ganze Stadt gezeigt, wie sehr sie ihren Klub in der Liga halten wollte. Dieser Klassenerhalt war ein Verdienst der Fans. Und ein Geschenk an die Fans.
Was nach Spielschluss über die Allianz Arena hereinbrach, lässt sich mit Worten kaum beschreiben. Die ganze Ersatzbank sprintete wie von Sinnen auf den Platz. Gerhard Poschner schlug fassungslos die Hände vors Gesicht. Stefan Ortega flog Kai Bülow in die Arme und riss ihn zu Boden. Und Noor Basha hüpfte wie ein Derwisch auf und ab, herzte alle und jeden, der ihm in den Weg kam.
Ein Spiel, das in die Geschichtsbücher eingehen wird. Als ein Spiel, das beinahe zum Begräbnis des TSV 1860 mit 57000 Gästen geworden wäre. Ein Spiel, das begonnen hatte mit „You’ll never walk alone“, das so laut wie vielleicht noch nie aus der Nordkurve erschallt war. Ein Gänsehaut-Moment, bei dem einige Fans bereits Tränen in den Augen hatten. Tränen, die während der Partie zu Tränen der Trauer, am Ende aber zu Freudentränen wurden.
Investor Hasan Ismaik hatte vor dem Spiel in einem Brief an die Fans geschrieben, er hoffe auf die „Geburtsstunde“ einer neuen Löwen-Mannschaft. Lange Zeit schien es, als wäre es das Ende einer elfjährigen Unglücksbeziehung zwischen dem TSV und der Zweiten Liga. Es wurde die kaum mehr für möglich gehaltene Rettung des Traditionsklubs, des Zweitliga-Dinos. Es wurde der Abend, an dem das ganze Stadion „Einmal Löwe, immer Löwe“ rief und die Spieler auf dem Rasen Arm in Arm dazu tanzten.
Beinahe wäre aus dem Klub, dem Präsident Gerhard Mayrhofer Rock’n Roll verordnet hatte, der Klub geworden, der „Spiel mir das Lied vom Tod“ zur neuen Hymne hätte erwählen können. Doch Überleben scheint der Geist des Löwen. Egal wie.
Am Ende lagen sie sich also alle in den Armen, drehten Ehrenrunden, sangen immer wieder die echte Vereinshymne und feierten den Moment. Nur den Moment, denn jedem ist auch klar, dass diesem verrückten Abend eine knallharte Analyse folgen wird.
Doch am Abend des 2. Juni 2015 um kurz vor halb elf Uhr spielte das zunächst keine Rolle. Eine emotionale Achterbahnfahrt, die nicht alle durchhalten konnten. Trainer Torsten Fröhling musste sich setzen. Während seine Spieler vor der Nordkurve standen und die „Humba“ tanzten, saß er in sich zusammen gesunken auf der Trainerbank. Er war körperlich am Ende. Geistig ausgelaugt, fertig mit den Nerven.
Aber er hatte die Löwen gerettet. Abstiegstrainer wollte er nicht werden. Dafür hatte er alles gegeben. Er ist der wahre Löwen-Retter. Der Klassenerhalt ist auch der Sieg des Torsten Fröhling.