1860-Legende Fredi Heiß: "Die Löwen begleiten uns ein Leben lang"
AZ-Interview mit Fredi Heiß: Der jetzt 81-Jährige spielte von 1959 bis zum Karriereende 1970 beim TSV 1860 (199 Einsätze, 50 Tore), war Teil der legendären Meister-Löwen von 1966. Für Deutschland bestritt er acht Länderspiele (zwei Tore).
AZ: Herr Heiß, wie ergeht es Ihnen eigentlich in der staden, vorweihnachtlichen Zeit?
FREDI HEISS: Danke, mir geht es soweit gut! Ich war gerade für zehn Tage in München, nun bin ich mit meiner Frau wieder in unserer Ferienwohnung auf Teneriffa.
Ihr Name ist also Programm.
Genau - hier haben wir strahlenden Sonnenschein, kalt ist mir nicht. (lacht) Seit Mitte November hat es zwei Mal geregnet, so lässt es sich ganz gut aushalten. Wir haben hier auch einige Freunde und gehen gerne zum Bergwandern.
Bevor wir über Ihre Sechzger sprechen: Was ist mit Ihrem persönlichen Aufstieg? Sie haben mal erzählt, dass Sie zum 80. Geburtstag den Vulkan El Teide besteigen wollten.
Stimmt, nur leider ist dieser Plan Corona zum Opfer gefallen - genauso wie die Feier zum 80. Geburtstag. Die zwei Jahre Pandemie haben schon gezehrt an meiner Fitness, weil man länger nicht ins Fitness-Studio gehen konnte. Jetzt nehme ich es mir für den 90er vor: Ich weiß nicht, ob ich es dann noch schaffe. Das Schicksal kann keiner vorherbestimmen. Wenn sich ein Jahr zu Ende neigt, wird man auch nachdenklich.
Keiner hatte mit Hennes Küppers noch Kontakt

Ihr einstiger Meister-Löwen-Kollege Hennes Küppers ist vor wenigen Tagen im Alter von 82 Jahren verstorben.
Das stimmt mich immer noch traurig, dass der Hennes von uns gegangen ist, mein kongenialer Partner auf dem rechten Flügel. Es bewegt mich, dass wir überhaupt nicht wussten, wie es ihm geht: Der Manni Wagner - Gott hab ihn selig - war der Letzte, der ihn gesprochen hat, das war vor Jahren. Ich hätte mir gewünscht, den Kontakt zu halten, aber Hennes hat es wohl so gewollt. Möge er in Frieden ruhen.
Im März diesen Jahres ist Meister-Löwe Peter Grosser gestorben. Wie oft sind Sie in Gedanken bei ihm und seinem tragischen Schicksal, gleich zwei Söhne verloren zu haben?
Ich denke noch oft an ihn. Er war unser Kapitän. Ich fand es traurig, dass sich viele Leute wegen Corona nicht gebührend von ihm verabschieden konnten. Bei Rudi Brunnenmeier (2003 verstorbener Meister-Löwen-Torjäger, d. Red.) waren ein paar tausend Leute da. Bei Peter ein sehr kleiner Kreis. Man kann nur eines tun: Sie alle in guter Erinnerung behalten.

Inwieweit wird Ihnen dabei die eigene Sterblichkeit bewusst?
Solche Momente führen einem das immer wieder vor Augen. Jetzt sind wir nur noch sechs Meisterlöwen. Einer nach dem anderen geht, wir werden jetzt immer weniger. Ich bin sehr froh, dass es noch eine Münchner Runde gibt: Hansi Reich, Hansi Rebele, Bernd Patzke und Bubi Bründl treffen sich immer noch regelmäßig zum Stammtisch und ich bin gerne dabei, wenn ich in der Stadt bin. Der Radi (Petar Radenkovic, d. Red.) ist leider selten da, aber wir freuen uns jedes Mal, wenn wir uns treffen.
Meisterschaft 1966: "Eine einzigartige Erfolgsgeschichte"
Mit Ihren Erfolgen haben Sie sich unsterblich gemacht.
Der Pokalsieg 1964, das Europapokalfinale 1965, die Meisterschaft 1966. Wie viele Meistertitel haben die Bayern gewonnen? Sind es schon 30? Das sind bestimmt hunderte von Spielern, die eine Meisterschale geholt haben. Für uns war es eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Und nicht nur das: Wir haben über Jahre zusammengespielt, bei uns gab es eine unglaubliche Kameradschaft. Die Gedanken bleiben nicht aus, dass alles endlich ist. Die Löwen begleiten uns ein Leben lang.
Aus der Vergangenheit in die Gegenwart: Die Löwen gehen mit Platz zehn und sieben Zählern Rückstand auf die Plätze zwei und drei in die Winterpause. Glauben Sie noch an den Aufstieg?
Ich will schon hoffen, dass ich die Rückkehr in die Zweite Liga noch erleben darf. Es ist nicht unmöglich in der Rückrunde, aber es wird natürlich sehr schwer, keine Frage. Ich muss schon sagen: Also ich mit unserer Meisterlöwen-Runde beim Pokalspiel gegen Schalke 04 war, hat es sich ein bisserl wie früher angefühlt. Die Stimmung war gigantisch, Sechzig hat einen übermächtigen Gegner in die Knie gezwungen. Man hat sich in alte Zeiten zurückversetzt gefühlt, als 40.000 Fans im Grünwalder Stadion waren. Schalke hat gezeigt, wie es sein könnte. . .
Köllner und 1860: "Sportlich und menschlich passt das"
Wie sehen Sie die Löwen momentan in vereinspolitischer Hinsicht aufgestellt?
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Die Rückkehr ins Grünwalder hat gezeigt, dass es nicht ganz verkehrt war, das wird von vielen Leuten als richtig erachtet. Ich denke aber auch mit Wehmut an die Zeiten zurück, als 60.000 Löwen-Fans in der Allianz Arena waren. Im Profifußball geht es kaum mehr ohne Investor. Sechzig war ja schon zu unserer Zeit immer wieder klamm, das wird wohl immer so bleiben. (lacht) Über kurz oder lang muss Sechzig wohl wieder in die Zweite Liga, um überleben zu können. Ich finde gut, dass momentan Kontinuität herrscht.
Trainer Michael Köllner hat seine erste sportliche Krise überwunden. Ist das für Sie ein Signal, dass es bei den Löwen in die richtige Richtung läuft?
Das war ganz klar die richtige Maßnahme. Dieser Trainer hat bei den Löwen viel bewegt. Michael Köllner ist ein außergewöhnlicher Mensch und mehr als nur ein Trainer. Er leistet viel für den Verein. Ich habe ihn ja kennengelernt: Sportlich und menschlich passt das nach wie vor und wie man sieht, scheinen die Löwen ja jetzt die richtige Entscheidung getroffen zu haben.
Heiß über Mölders-Aus: "Dinge, die einfach nicht gehen"
Sie meinen mit der Demission von Sascha Mölders?
Was man hört, scheinen da ja einige Dinge abgelaufen zu sein, die einfach nicht gehen. Das war für 1860 gewiss nicht förderlich. Aber es muss jetzt weitergehen. Bei den beiden letzten Siegen hat man gesehen: Es geht in die richtige Richtung. Es wird verdammt schwer und man darf nach der Winterpause keine Wunderdinge erwarten.
Aber einen Weihnachtswunsch hätten Sie schon. . .
Ich hoffe sehr, dass 1860 einen neuen Anlauf nimmt und uns Meister-Löwen und allen Fans in der Corona-Krise noch viel Freude bereiten wird.
Wie werden Sie Ihr Weihnachtsfest verbringen?
Ich feiere mit meiner Frau, unser Sohn ist auch hier. Den Heiligen Abend verbringen wir traditionell recht ruhig, da gibt es nichts Aufwendiges. Am ersten Weihnachtsfeiertag werden wir schön zum Essen gehen - und uns an die guten, alten Zeiten erinnern. Gott sei Dank erinnert man sich daran immer leichter und kann in Erinnerungen schwelgen: an die schönste Zeit unseres Lebens.