1860 im Abstiegskampf: "Es geht um Sein oder Nichtsein"
München - Oft waren es die Rollen der Schurken und Verbrecher, die Schauspieler Alexander Held übernahm. Eine seiner bekanntesten Rolle war der Gestapo-Beamte Mohr, der das Verhör von Sophie Scholl im gleichnamigen Film führte. Später ermittelte er aber auch als Tatort-Kommissar für die Guten.
Für seine Rolle in "München Mord" wurde der gebürtige Münchner mit dem bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Held ist nicht nur ein erfolgreicher Schauspieler, sondern auch leidenschaftlicher Fan des TSV 1860. Vor dem Heimspiel der Löwen gegen Fortuna Düsseldorf spricht Held im AZ-Interview über den Papst, die Hollywood-Bösewichte Robert De Niro und Jack Nicholson und seinen Herzensklub im Abstiegskampf.
AZ: Herr Held, Sie sind seit Ewigkeiten Löwen-Fan, haben sogar in der Jugend dort gespielt. Kürzlich nahmen Sie an der Reise einer 1860-Delegation zum Papst nach Rom teil. Wie war das für Sie?
Ja, ich wurde „nachnominiert“, weil ich erst spät wusste, ob ich Zeit habe. Das war eine schöne, bemerkenswerte und heitere Reise. Mit dem Höhepunkt der Audienz bei Papst Franziskus. Das hatte etwas von einem Boxenstopp: Wir hatten eine gute Ecke, er hat länger mit uns gesprochen.
Worüber?
Er sagte zu mir: ‚Ich werde für Sie beten, beten Sie für mich‘. Wir haben über Berufliches und Privates geredet – und über Fußball.
Sie sind beide Fußball-Fans, Franziskus ist bereits Ehrenmitglied der Löwen.
Er hat ein Herz für die schwer Geprüften. Wir waren uns einig: Die Situation ist ernst und die Spieler müssen es richten. Der päpstliche Segen wird nicht schaden, hoffe ich.
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Sind Sie denn ein gläubiger Mensch?
Ich bin alles andere als ein guter Kirchgänger, aber christlich geprägt. Es hängt für mich nicht davon ab, was man ist, sondern wie man anderen begegnet.
Wie sieht es mit Ihrem Glauben an Sechzig aus?
Die Hoffnung stirbt zuletzt! Die Mannschaft steht extrem unter Druck, darf aber nicht verkrampfen und muss locker an die Sache herangehen. Nach den letzten Spielen ist es höchste Eisenbahn. Aber das wissen alle, das muss ich niemandem erzählen. Die Tore müssen fallen. Man kann nur hoffen, wünschen und glauben, dass es noch möglich ist.
Wie kam es dazu, dass Sie 1860-Anhänger wurden?
Schuld war Petar Radenkovic. Ich fand ihn faszinierend. Er hatte die Angewohnheit, nach einer Parade länger liegen zu bleiben als er musste, Das ganze Stadion den Bruchteil einer Sekunde den Atem angehalten und sich gefragt: Wo ist der Ball? Hat er ihn? Rutscht er noch durch? Das begeisterte mich sehr.
Später liefen Sie sogar selbst für die Löwen auf.
Ich war vorher Sänger bei den Regensburger Domspatzen, Fußball war ein ziemliches Kontrastprogramm. Ich bin an der Isar aufgewachsen, in der Auenstraße gab’s diese 1860- Turnhalle. Ich habe mich einfach auf den Weg gemacht und dachte, da die 60er zu finden. Also bin ich mit einer Sporttasche hin und wollte mich vorstellen, dabei krabbelten nur alte Männer aus der Turnhalle und sagten: ‚Du musst an die Grünwalder Straße.‘
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Gut, dass Sie hinfanden…
Ja, wir waren in der Jugend sehr erfolgreich, wurden fünfmal Meister. Da hatten die Bayern noch das Nachsehen (lacht).
Eine Verletzung verhinderte, dass sie Profispieler wurden.
Wir haben damals in Budapest gegen eine ungarische Mannschaftgespielt, die uns körperlich überlegen war. Ich bin mit einem zusammengeprallt, der hat mir den ganzen rechten Arm herumgedreht. Schulterluxation, Knochenabsplitterung – danach war es vorbei.
Geschadet hat es nicht: Sie wechselten auf die Theaterbühne, wurden einer der bekanntesten deutschen Schauspieler und haben in „Schindlers Liste“, „Sophie Scholl“ oder „Der Untergang“ mitgespielt. Lässt sich ein Filmtitel oder Drehbuch auf die Löwen übertragen – hoffentlich nicht Letzterer?
(lacht) Das hoffe ich auch nicht. Auf Anhieb fällt mir keiner ein, aber die Floskel ‚Jedes Spiel ist wichtig‘ kann man gut auf den Film übertragen: Jeder Drehtag ist Premiere, denn danach ist nichts mehr zu ändern.
Früher spielten Sie meistens den Schurken, dann ermittelten Sie als Kommissar im „Tatort“.
Das gibt es in Hollywood auch. Wenn man bedenkt, wie viele Schurken Robert de Niro und Jack Nicholson spielten, bevor die Komödien kamen.
Womit wir wieder bei den Löwen wären.
Ich würde dem Verein wirklich mehr Kontinuität und Ruhe wünschen. Wollen wir hoffen, dass es jetzt nicht zu einer Tragödie wird: Ich hoffe gegen Düsseldorf auf einen Sieg. Wird nicht einfach, vielleicht ein knappes 1:0. Man weiß ja nie: Womöglich gibt es in diesem Jahr noch eine Steigerung im Saisonfinale – der HSV war auch zweimal in der Relegation. Damit wären wir auch wieder bei einem Filmzitat: Da geht es um Sein oder Nichtsein.