100 Millionen Euro vs. 26.000 Mitglieder: Wahlkampf total bei TSV 1860 München
München - Wenn die Gesellschafter in die Vollen gehen: "Liebe Löwen, ich bin heute in München angekommen und Saki Stimoniaris hat mich sogleich in das griechische Lokal Thalassa eingeladen", ließ Sechzigs Investor Hasan Ismaik in den Sozialen Medien verbreiten. Na dann, Jámas, die Herren.
Schließlich ist Stimoniaris, Aufsichtsrat des TSV 1860, nicht nur einer seiner Statthalter, er ist ein Kandidat für die Neuwahlen des Verwaltungsrats im Rahmen der Mitgliederversammlung am 16. Juni. "Saki steht für eine hohe Integrität und Verlässlichkeit", wirbt der Jordanier und hofft auf die Wahl seines Vertrauten, der im e.V.-Lager aber kritisch gesehen wird.
Hasan Ismaik: Treffen mit Saki Stimoniaris und Fanklubs
Ismaik selbst hatte zuvor bereits mit seinem Wahlkampf-Video und dem darin getätigten 100-Millionen-Euro-Versprechen für enormes Aufsehen gesorgt. Nun soll wohl der nächste Streich folgen: "Ich freue mich auf die Mitgliederversammlung. Sie wird meine erste sein", schrieb Sechzigs Hauptgesellschafter, der bis dahin seine Wahlkampftour intensivieren möchte: "Ich werde jede Fanclub-Einladung bis zu diesem wichtigen Termin in der Vereinsgeschichte ohne Ausnahme annehmen." Etwa die der 50-Jahr-Feier des Fanklubs "Niederalteich". Man darf gespannt sein, ob Ismaik auch tatsächlich ins Zenith zur Versammlung kommt, schließlich würde er sich zu mehreren hundert investorenkritischen Ultras wortwörtlich in die Höhle des Löwen wagen.
Robert Reisinger: Keine Stagnation im e.V.
Doch nicht nur der Mehrheitsgesellschafter bläst verstärkt zum Wahlkampf: Auch Präsident Robert Reisinger und Sechzigs (Mutter-)Vereinsbosse, die theoretisch "nur " den Minderheitsgesellschafter vertreten, dank der 50+1-Regel in den Gremien die Entscheidungshoheit innehaben, rüsten sich für die Wahl von Sechzigs Kontrollgremium. Nachdem in einem Fanblog zumeist recht einseitig über eine (angebliche) Stagnation der Sechzger berichtet wird, hat Reisinger der AZ im Nachgang unserer letzten Anfrage eine PDF-Datei geschickt, die das Gegenteil belegen soll. Unter dem Titel "Fortschritt oder sieben Jahre Stillstand? Eine kritische Überprüfung in Zahlen und Fakten" sind mehrere Daten über die Entwicklung des e.V. aufgelistet.
"Seit dem Abstieg der Profifußballer aus der Bundesliga im Jahr 2004, geriet die Mitgliederzahl im TSV München von 1860 e. V. kontinuierlich rückläufig. Auch die aktiv Sporttreibenden im Verein wurden stetig weniger. Der bestehende Mitgliederstamm verzeichnete zudem ein relativ hohes Durchschnittsalter", erkennt das TSV-Präsidium, um festzustellen, dass man diese Entwicklung "umgekehrt" habe: 1860 verzeichnet mit über 26.000 Mitgliedern einen neuen Höchststand. Zudem sei der Anteil an Minderjährigen von 9,65 Prozent auf 14,12 Prozent gestiegen. Zudem werden in dem Dokument unter anderem die Wiederaufstiege der Nachwuchsteams, die NLZ-Förderung, das vielfältige Breitensportangebot und das neue Vereinsheim "Bamboleo" beschrieben. Zahlen und Fakten, die Reisingers Thesen zweifellos belegen: Von Stagnation kann im Mutterverein keine Rede sein.
Das Flaggschiff des TSV 1860 avanciert zum Drittliga-Dino
Das Problem ist nur: Der e.V. ist nicht die KGaA. Das Flaggschiff der Sechzger stagniert durchaus, ist nach Halles Abstieg zum Drittliga-Dino geworden und hat sich einen Sparkurs verordnet. Die Profifußballer können wohl nur wieder gedeihen, wenn sich die Gesellschafter nicht bekämpfen, sondern wieder einen kleinsten gemeinsamen Nenner finden. Dies erscheint, zumindest in der aktuellen Konstellation, so wahrscheinlich wie ein Date Ismaiks mit Reisinger beim Griechen.