Wie Peter Grosser die SpVgg Unterhaching groß machte

Für Peter Grosser gab es auch ein Leben nach den Löwen. Als Trainer und Vizepräsident machte er die SpVgg Unterhaching zu dem, was sie heute ist.
Florian Kinast |
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Peter Grosser an der Seite von Haching-Präsident Engelbert Kupka.
Peter Grosser an der Seite von Haching-Präsident Engelbert Kupka.

München - Am Mittwoch zündete Engelbert Kupka eine Kerze an. Kupka war gerade in der Stadt unterwegs und ging in die Heilig-Geist-Kirche, um innezuhalten. Für ein paar Minuten der Besinnung und des Gedenkens für Peter Grosser, seinen engen Weggefährten, den er auch in den letzten Jahren immer wieder getroffen hatte. Oft nebenan am Viktualienmarkt auf einen Kaffee oder auf einen Leberkäs im Franziskaner.

Als Schrobenhauser senior Peter Grosser zum Trainer machte

Dass er einen guten Freund verloren habe, sagt Kupka, einst 39 Jahre lang der Präsident der SpVgg Unterhaching, am Telefon, mit dem er immer so viel fachsimpeln konnte, mit dem er sich gerne erinnerte an die alten Zeiten, als sie jahrzehntelang gemeinsam als Führungsfiguren den Klub aus der Vorstadt prägten. Als es vor allem dem Peter zu verdanken gewesen sei, wie Kupka sagt, dass die Hachinger soweit nach oben kamen.

Es begann 1977, als die Hachinger gerade in der Bezirksliga herumdümpelten - und als Anton Schrobenhauser senior, der Bauunternehmer und Klub-Mäzen unbeirrt seine recht gspinnert anmutende Idee verfolgte. "Dem Schrobenhauser schwebte vor, aus Haching ein Klein-Alsenborn zu machen", erzählt Kupka.

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Der SV Alsenborn war ein Dorfklub aus der tiefsten pfälzischen Provinz, der wenige Jahre zuvor mehrmals einen sensationellen Aufstieg in die Bundesliga nur knapp verpasst hatte. "Wir haben alle gesagt: Toni, mach mal halblang", so Kupka. "Aber der Schrobenhauser hat sich nicht von seinem Plan abbringen lassen." Also rief der Toni auf der Suche nach einem Trainer bei Peter Grosser an.

Grosser hatte zwei Jahre zuvor seine Spielerkarriere bei Austria Salzburg beendet und lehnte dankend, aber bestimmt ab. "I mog ned", sollen laut eigener einstiger Aussage seine Worte gewesen sein, immer und immer wieder, denn Schrobenhauser ließ nicht locker. Erst beim wiederholten Versuch knickte Grosser ein und erwiderte: "Guad, ich schau's mir mal an."

Was er freilich sah, war entsetzlich, eine rustikale Feierabendtruppe, die weniger zum Torerfolg einen Drang verspürte als vielmehr zum Tresen nach Abpfiff. Eine Zeit, in der jeder Spieler auch noch der Waschfrau des Klubs am Sonntag zwei Mark fürs Trikotwaschen in die Hand drückte.

"Im Münchner Umland sind 60 Klubs höherklassig gewesen", erzählte Grosser bei einem Treffen zu seinem 80. Geburtstag, "Mannschaften wie Waldperlach oder Deisenhofen, die hamm sich ja totglacht über Haching." Das taten sie freilich nicht mehr lang, denn Grosser zog die Zügel mächtig an. Alfred Herrmann, Hachings früherer Vize-Präsident, sagte einmal den schönen Satz: "Der Grosser hat uns das Trinken ausgetrieben."

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Auch Engelbert Kupka, der bereits seit 1973 den Klub als Präsident führte, spricht von der eisernen Disziplin, die Grosser einforderte, quasi als ein legitimierter Urahn von Werner Lorant im Münchner Fußball: "Er war ein sehr strenger Herr, beinhart. Der hat sich von niemandem dreinreden lassen, auch von mir nicht. Und letztlich war es ihm zu verdanken, dass der Verein professionelle Strukturen bekam." Und dass es steil nach oben ging.

Mit Grosser als Coach: Haching überrollt die Bayernliga

Grosser führte Haching 1981 in die Bayernliga und gleich auf Anhieb auf Platz fünf. Überragend dann die zweite Saison, 31 Siege aus 36 Spielen, Haching überrollte die Bayernliga. Ausgerechnet mit Grosser, dem Meisterlöwen, eine saftige Watschn für die Sechzger, die nach dem Zwangsabstieg ihr Bayernliga-Debüt chancenlos auf Platz sechs beendeten, noch hinter den Bayern-Amateuren (2.) und dem FC Wacker (5.), aus dem fernen Sendling.

Grosser legte den Grundstein für Nachfolger Wettberg

So erwuchs auch in jener Zeit wieder eine recht ambivalente Gefühlslage zwischen dem Sechzig-Anhang und dem Meisterlöwenkapitän von 1966, der ja einst als überzeugter Bayern-Fan von den Roten gekommen war und nun eben den Klub von einer Haltestelle auf der Linie der damaligen S2 trainierte.

Als Trainer war er Hachings Geburtshelfer: Peter Grosser.
Als Trainer war er Hachings Geburtshelfer: Peter Grosser. © imago images/WEREK

Bis 1987 blieb Grosser Trainer und legte den Grundstein für seinen Nachfolger, der im Jahr zuvor mit der SpVgg Landshut Bayernliga-Meister geworden war, ein gewisser Karsten Wettberg.

Grosser wird 1990 Vizepräsident bei der Spielvereinigung

Für Grosser folgte ein kurzer Abstecher zum SV Türk Gücü, den er 1988 von der Landesliga in die Bayernliga brachte. Dann ging er zurück nach Haching, als Vizepräsident ab 1990. Zusammen mit Kupka bildete er ein kongeniales Gespann. Nicht immer war es leicht, es knirschte auch zwischen den beiden. Hier der diplomatische Rechtsanwalt und Politiker Kupka, der frühere Bürgermeister Unterhachings und CSU-Landtagsabgeordnete.

Dort der impulsive Grosser. Ein charakterlich sehr unterschiedliches, für Haching aber perfektes Duo, das sich immer wieder ergänzte und zueinander fand und 1999 tatsächlich gemeinsam den Aufstieg in die Bundesliga feierte. Haching hatte geschafft, was Alsenborn nie glückte. "Ein achtes Weltwunder", wie es Grosser damals formulierte.

Kupka über Grosser: "Mir bleiben viele schöne Erinnerungen"

2011, als Haching längst schon wieder Dritte Liga spielte, warf Grosser dann hin, nach eigenen Worten auch wegen Meinungsverschiedenheiten mit Kupka. Die Beziehung blieb trotzdem eng, die beiden verband viel, die Liebe zum Fußball, zu Haching, auch die Generation, Kupka ist keine vier Monate jünger als Grosser.

"Mir bleiben viele schöne Erinnerungen", sagt Kupka, "ich werde unsere Treffen sehr vermissen." Beim Kaffee am Viktualienmarkt. Und beim Leberkäs im Franziskaner.

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