Skicrosserin Daniela Maier: "Ich bin mit der Medaille um den Hals ins Bett"
AZ-Interview mit Daniela Maier: Die 26-Jährige Maier stammt aus Furtwangen im Schwarzwald, war zunächst als alpine Skirennläuferin unterwegs. Am Ende der Saison 2012/2013 probierte sie Skicross aus, wurde gleich zu einem Sichtungslehrgang eingeladen und wechselte in der dann folgenden Saison zu den Freestylern.
AZ: Frau Maier, bei Olympia sind Sie als Vierte ins Ziel gerauscht, erhielten wenig später aber Bronze, da die Jury entschieden hatte, die Schweizerin Fanny Smith habe sie regelwidrig behindert. Die Berufungskommission hob einige Tage später die Entscheidung auf, wogegen wiederum der Deutsche Skiverband Einspruch erhoben hat. Nun muss das IOC entscheiden. Wo ist die Medaille denn nun?
DANIELA MAIER: Bei mir daheim in Marquartstein im Chiemgau.
Daniela Maier: "Ich blicke da auch nicht wirklich durch"
Es hat Sie also noch niemand aufgefordert, dass gute Stück wieder herzugeben?
Nein, bislang nicht. Ich kann auch gar nicht so viel dazu sagen. Ich blicke da auch nicht wirklich durch.
Auf der IOC-Website stehen noch Sie als Olympia-Dritte. Heli Herdt, der Sportliche Leiter der DSV-Skicrosser, sagt, der Verband kann nicht entscheiden, dass Sie die Medaille hergeben müssen, nur das IOC könne Medaillen verleihen. Derweil feiert sich Smith auf ihrer Homepage als zweifache Olympiamedaillen-Gewinnerin. Wie ist Ihr Verhältnis?
Fanny und ich haben uns mal ausgetauscht, wie es uns so geht. Es ist nichts zwischen uns. Wir fahren seit sechs Jahren zusammen Skicross, seit ich im Weltcup bin, wir trainieren zusammen und verstehen uns auch echt gut. Das bleibt auch so. Was mit der Medaille dann raus kommt, wird man sehen.
Beschreiben Sie bitte die Situation nach dem Zieleinlauf! Sie als vermeintlich Vierte mussten ein bisschen abseits vom Podiums-Trio stehen, wie die unerwünschte Schwiegermutter.
Als ich durchs Ziel bin, war ich einfach enttäuscht. Man gratuliert den Anderen und will einfach nur das Feld räumen. Aber ich durfte nicht raus - das war irgendwie verrückt. Solange etwas unter Review ist, darf man die Ziel-Area nicht verlassen. Und die Review hat echt lange gedauert. Ich hab' nur gedacht: "Die werden sich schon etwas dabei denken, wenn sie sich das nochmal anschauen."
"Ich bin auch sehr stolz auf meine Leistung an diesem Tag"
Smith rutschte so vom Bronze- auf den Blech-Platz.
Ich war ein bisschen verwirrt. Fanny hatte mich vorher noch getröstet und gesagt: "Kopf hoch! Schau, was du gefahren bist: Da kannst du stolz drauf sein." Und jetzt hätte ich sie trösten müssen.
In Viertel- und Halbfinale haben Sie sich mit extrem couragierter Fahrweise jeweils von hinteren Positionen noch mal nach vorne gekämpft.
Ich bin auch sehr stolz auf meine Leistung an diesem Tag. So gut bin ich noch nie Skicross gefahren, hatte auch brutal schnelle Ski unter den Füßen.
Wie haben Sie die umstrittene Szene selbst erlebt?
Während des Fahrens können wir das gar nicht so krass beurteilen. Ich habe eine Berührung gespürt, aber für so was gibt's eine Jury.
"Ein unbeschreiblicher Moment"
Bei der Zeremonie direkt nach dem Rennen wirkte es, als könnten Sie sich gar nicht richtig freuen, erst später bei der Siegerehrung.
Ich habe versucht, stellvertretend für uns beide zu feiern, auch für Fanny. Und ich habe es genossen, mit Sandra Naeslund und Marielle Thompson (die Gold und Silber gewannen, d. Red.) da zu stehen, zwei Skicross-Legenden. Ein unbeschreiblicher Moment, sehr emotional. Alle Teamkollegen waren da, es hat gar keine 10.000 Zuschauer gebraucht.
"Es ist einfach mal was anderes gewesen"
Ein Tag, an dem man die Medaille abends nicht einfach auf den Nachttisch legt, oder?
Nein, die hatte ich im Bett schon um den Hals.
Wie haben Sie generell diese ja doch sehr speziellen Winterspiele in Peking erlebt?
Ich fand's cool, bin mit ganz geringen Erwartungen dorthin gefahren und habe trotz allem überraschend viele olympische Momente erlebt, zum Beispiel Skispringen und das Langlauf-Silber der Frauen.
Nach Olympia ging's im Weltcup weiter, den Sie als Gesamt-Achte beendeten. Dann nahmen Sie die Einladung zum Red Bull Super Skicross in Andermatt an. Ein wilder Ritt: mit 80 km/h zu viert in die erste Steilkurve, danach ein 40-Meter-Sprung, zum Schluss ging's noch über ein schräges Hausdach aus Schnee - wie hat's Ihnen getaugt?
Ein richtig cooles Event, eine gute Werbung für unseren Sport! Letztes Jahr habe ich das leider wegen Verletzung verpasst. Es ist einfach mal was anderes gewesen.

"Es wäre super, wenn es ein Happy End gibt"
Sie haben die Verletzungen angesprochen: Letztes Jahr Kreuzbandriss, davor Knorpelschaden - wie gut kommen Sie mit ihren 26 Jahren morgens aus dem Bett?
Wenn der Knorpel morgens noch kalt ist, ist es schon ein bissl zäh. Und Alkohol merke ich im Knie! Dieser Knorpelschaden hat mich schon zwei Jahre gekostet.
Verletzungen haben das gesamte Frauen-Team arg reduziert. Bis auf Johanna Holzmann waren Sie meist allein unterwegs. Nervt das?
Da im Skicross Männer und Frauen immer gemeinsame Weltcups haben, habe ich immer meine Jungs dabei. Die kümmern sich um mich. (lacht)
Wie kurz wird Ihr Sommerurlaub ausfallen?
Ich werde jetzt nach Spanien fahren, danach ist Fortbildung und Training bei der Bundespolizei in Bad Endorf. Da kann ich von daheim aus hinradeln.
Wo dann hoffentlich die Bronzemedaille aus China einen schönen Platz gefunden hat...
Es wäre super, wenn es ein Happy End gibt - und wir beide eine Medaille bekommen. Das wäre das beste Szenario.