Red Bull X-Fighter und der Schöpfer des schwimmenden Wahnsinns im Olympiasee

Im Olympiasee sind neue Inseln entstanden. Nicht zum Sonnenbaden, sondern um darauf waghalsige Motorrad-Stunts zu machen. Die AZ hat den Architekten getroffen.
von  Tim Wessling
Der "Chef" der waghalsigen Strecke auf dem Olympiasee, Daniel Steffen, zeigt der AZ den Kurs.
Der "Chef" der waghalsigen Strecke auf dem Olympiasee, Daniel Steffen, zeigt der AZ den Kurs. © Tim Wessling

München - Daniel Steffen hat ein Kommunikationsproblem. Seine Oma wird nie verstehen, was er beruflich macht. Da kann er noch so lange erklären, dass er was mit Veranstaltungen und deren Koordinierung zu tun hat – und dass er dafür um die ganze Welt fährt. Doch dass der Enkel gerade Berge aus Dreck in den See im Olympia-Park setzt und darüber dann auch noch Motorrad-Fahrer jagt: Das Verständnis dafür bleibt irgendwo zwischen den Generationen hängen.

Daniel Steffens Berufsbezeichnung ist „Track Builder“ – oder auf Deutsch: „Bahn Bauer“. Im Auftrag der Red Bull X-Fighter fliegt der Hamburger um die ganze Welt und baut verrückten Strecken, auf denen sich dann die Motorrad-Profis austoben können. Mexiko wäre nett gewesen, Serbien auch – aber das hier in München: „Das hatte ich auch noch nicht“. Steffens baut den „Track“ mitten auf den Olympiasee.

„Wir mussten zum ersten Mal unsere Fahrer anrufen, ob sie denn schwimmen können“, erzählt er. Die gute Nachricht: Alle können es. Während Steffen das alles erzählt, lässt er sich mit einem kleinen Boot durch den Parkour schippern. Gelegentlich fuchtelt er in der Luft herum und malt die Sprünge der Fahrer in die Luft, erzählt von Flips, Tricks und dass großes zu erwarten sei.

Denn was Top-Fahrer wie Tom Pagè so auspacken, wisse man nie so genau. Als erster Fahrer stand er in diesem Jahr einen „Bike-Flip“: Das Motorrad dreht sich dabei unter dem Fahrer einmal um die eigene Achse. „Jedenfalls“, sagt der 36-Jährige Steffen, „mussten wir umdenken“. Normalerweise richtet sich Freestyle-Motocross nach Zeit. Hier im Olympiapark nach Runden. Zwei pro Lauf müssen die Fahrer absolvieren.

Mit – und darauf besteht Mechaniker Andreas "Mini" Kleinfeld – fast Handelsüblichen Cross-Maschinen. Gut, hier und da habe man an der Leistung gedreht und die Stoßdämpfer verstärkt, aber besonders außergewöhnlich seien die Zweiräder nicht.

Schon letztes Jahr waren die Red Bull X-Fighters in München zu Gast. Damals im Olympiastadion. Toll sei das Event gewesen, erzählt Steffen. Man war sich schnell einig, heuer wieder zu kommen. Nur eben größer, ausgefallener: Auf dem Olympiasee. Warum das Ganze? „Weil wir’s können“.

2000 Tonnen wiegt die ganze Konstruktion und besteht aus schwimmenden Pontons und 70 LKW-Ladungen „Dirt“, einem Lehm-Gemisch, das auch Dauerregen standhält. Ins Wasser fallen kann das Event nicht – allerhöchstens weggepustet werden. „Bei 20 Km/h Wind fragen wir die Fahrer, ob sie noch antreten wollen. Entscheiden sie sich dagegen, wird der Start verschoben oder abgesagt.“, erklärt Steffen.

Bei den vier großen Sprüngen liegen zum Teil mehr als 30 Meter zwischen Absprung und Landung. Ob der Architekt seine Strecken auch mal selber fahren würde? „Nein, zu viel Schiss.“ Und dann ist da ja noch das Wasser – zwar nur 1,5 Meter tief, aber trotzdem nass und das Bike ist nach dem Badeausflug wohl auch hinüber. Auf den Track geht es deswegen nur mit Schwimmweste und zur Sicherheit hat Steffen die Landezonen größer als üblich gebaut.

Wer sich also nicht wie ein blutiger Anfänger anstellt, wird nicht von den Pontons plumsen. Doch wer die Konstruktion sehen würde, sagt Steffen, hätte sofort nur absaufende Motorräder und planschende Fahrer im Kopf.

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Mittlerweile hat das Boot wieder angelegt und Steffen eilt zur nächsten Besprechung. Vermutlich wird er Rettungsschwimmern erklären, wie man ertrinkende Motorradfahrer rettet. Seine Oma wird diesen Job nie verstehen.

 

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