Nico Rosberg feiert 200. F1-Rennen

Schlammbedeckt lächelte Nico Rosberg stolz in die Kamera. Vor seinem Formel-1-Jubiläumsrennen in Singapur erinnerte der Mercedes-Pilot augenzwinkernd an eine denkwürdige Ausfahrt als Elfjähriger mit seinem Vater Keke in Südfrankreich.
von  dpa

Singapur - Vom Matsch völlig verdreckt ließ sich Rosberg junior vor 20 Jahren in Singapur in einem Buggy ablichten. Jetzt warten genau dort weitere Schnappschüsse. "Es ist verrückt, dass ich in diesem Jahr in Singapur mein 200. Formel-1-Rennen bestreiten werde", hatte er schon zu Saisonbeginn gesagt. "Vielleicht gibt es auch eine kleine Feier in Singapur. Aber für mich ist das keine wichtige Zahl, ich spare mir die große Party für einen Titelgewinn auf."

Die Frage ist, wie lange Rosberg noch darauf warten muss. Seit seinem Debüt im Williams 2006 hat sich der gebürtige Wiesbadener zu einem Spitzenpiloten entwickelt. Mittlerweile bestreitet der 31-Jährige seine siebte Saison für Mercedes und hat auch 21 Grand Prix gewonnen. Die Krönung blieb ihm aber versagt. Als zweimaliger Vizeweltmeister hinter seinem Teamkollegen Lewis Hamilton war Rosberg zweimal der erste Verlierer im Formel-1-Zirkus.

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2017 erlebt die Formel 1 eine Saison mit tiefgreifenden Regeländerungen. Schafft Rosberg nun auch in diesem Jahr nicht den Coup, wird sein Ruf als ewiger Zweiter zementiert sein. Vater Keke mit einem WM-Titel sowie vor allem seine Landsleute Michael Schumacher mit sieben Championaten und Sebastian Vettel mit vier würden ihm dann voraus bleiben. "Ich habe gezeigt, dass ich kämpfen kann und zurückschlagen kann. Ich bin vollkonzentriert und fest entschlossen, dass dies mein Jahr werden kann", hatte Rosberg betont.

Mit zwei Siegen nach der Sommerpause hat sich Rosberg, der nach den ersten fünf Rennen schon 43 Punkte Vorsprung in der WM-Wertung auf Hamilton hatte, wieder bis auf zwei Zähler an den Briten herangearbeitet. Arbeit ist dabei ein Schlüsselwort: Rosberg hat unter anderem seine Starts verbessert.

Dafür müsse man "Zeit investieren", erläuterte er. "Starts haben dieses Jahr schon viele Rennen entschieden, Starts sind ein Baustein." Zuletzt in Monza zahlte sich genau das aus. Während Hamilton auf den ersten Metern trotz Pole Position mal wieder abgehängt wurde, zog Rosberg davon.

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"Nico hat eine fast wissenschaftliche, datengesteuerte Herangehensweise. Die Ratio spielt bei ihm eine große Rolle", beschrieb Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff einmal Rosberg. Hamilton sei zwar auch ein harter Arbeiter, aber "sehr instinktgesteuert". Die Detailversessenheit des Familienvaters Rosberg soll sein großes Plus auf der noch sieben Etappen langen Überseereise mit dem Finale in Abu Dhabi am 27. November sein.

Vor dem Nachtrennen in Singapur hat Rosberg Respekt. Siegen konnte er in dem Stadtstaat noch nie. In der vergangenen Saison kamen Hamilton und er in den Silberfeilen auf dem hell erleuchteten Kurs gar nicht zurecht. Der Brite fiel aus, Rosberg schleppte sich als Vierter ins Ziel. Vettel kürte sich damals im Ferrari zum Rekordsieger des Rennens. Nun will Rosberg endlich in Singapur jubeln - im ganz großen WM-Finale am Saisonende wäre es ihm aber viel lieber.

Wichtige Wegmarken des gebürtigen Wiesbadeners:

2006 BAHRAIN Nico Rosberg rast gleich in seinem ersten Formel-1-Rennen in die Punkte. Der gebürtige Wiesbadener fährt am 12. März 2006 im Williams auf Rang sieben und sichert sich in Bahrain auch die schnellste Rennrunde. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich gleich am ersten Rennwochenende so sehr freuen kann. Es ist toll", meint der damals 20-Jährige. Dabei drohte dem Debütanten nach einem Crash in der ersten Runde mit BMW-Mann Nick Heidfeld das frühe Aus. "Mein Vater ist wahrscheinlich nach der ersten Kurve ins Hotel gefahren", erzählt Rosberg junior im Scherz. "Gott sei Dank ist alles so gut gelaufen", meint Vater Keke Rosberg.

2008 AUSTRALIEN Am 16. März 2008 rast Lewis Hamilton im McLaren zum Sieg in Melbourne, BMW-Pilot Nick Heidfeld wird Zweiter. Und erstmals fährt Rosberg im Williams als Dritter aufs Podest. "Das ist der Wahnsinn, hier oben zu stehen auf dem Podium, ich freue mich tierisch", sagt Rosberg. "Ich bin happy für ihn", meint der damalige TV-Experte Keke Rosberg, der mit Williams 1982 Weltmeister geworden war. Der Saisonauftakt ist allerdings ein echtes Chaos. Von 22 Fahrern kommen nur sieben ins Ziel. Rosberg behält kühlen Kopf.

2012 CHINA In Shanghai kürt sich Rosberg zum siebten deutschen Sieger eines Formel-1-Rennens. Der Mercedes-Pilot lässt einen Tag nach seiner ersten Pole Position am 15. April 2012 in seinem 111. Grand Prix erstmals die gesamte Konkurrenz hinter sich. "Ich war mir meiner Sache eigentlich recht sicher", berichtet Rosberg "unglaublich happy". Hinter ihm sei es verrückt zugegangen. "Jede Runde kam da ein anderer Name. Ich dachte: wWs ist denn da los?" 20 671 Tage nach dem Sieg von Juan Manuel Fangio in Italien feiert ein Mercedes-Werksteam wieder einen Sieg in der Motorsport-Königsklasse.

2014 ABU DHABI Vor dem Saisonfinale am 23. November ist das Titelrennen zwischen Rosberg und seinem Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton noch offen. Der Brite führt zwar mit 17 Punkten Vorsprung, doch auch der Deutsche kann auf die seinerzeit doppelt vergebenen 50 Siegpunkte setzen. Am Ende wird Abu Dhabi wegen eines technischen Defekts am Hybridsystem zum Alptraum für Rosberg. Als 14. muss er Hamilton den Titel überlassen. "Der ganz große Traum hat jetzt nicht geklappt. Das ist sehr enttäuschend", resümiert Rosberg, der die Niederlage mit erstaunlicher Fassung trägt. Fünf Grand-Prix-Siege 2014 und eine Jagd auf Hamilton bis zum Schluss reichen am Ende nicht zum Triumph.

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