"Nicht absolute Weltspitze": Martin kämpft nur um Bronze

Tony Martin war dreimal in Serie Zeitfahr-Weltmeister und träumte von Olympia-Gold in Rio. Der Kurs und die jüngste Leistungsentwicklung könnten diesen Traum zerstören.
von  SID
Tony Martin will trotz Leistungsabfall eine Medaille in Rio holen.
Tony Martin will trotz Leistungsabfall eine Medaille in Rio holen. © dpa

Rio de Janeiro - Tony Martin beherrschte die Zeitfahr-Szene über Jahre. Er träumte vom Olympia-Gold, der Mittwoch (10.00 Uhr OZ/15.00 Uhr MESZ) sollte der größte Tag seiner Karriere werden. Doch nun muss er sich ausgerechnet bei den Olympischen Spielen hinten anstellen.

"Ich muss eben akzeptieren, dass ich zurzeit nicht absolute Weltspitze bin", sagte der 31 Jahre alte Radprofi in Rio de Janeiro. In seiner Paradedisziplin geht es für ihn deshalb im Normalfall höchstens um Bronze.

Dass der Lebenstraum Olympiasieg sich auch in Brasilien wohl nicht erfüllt, hat Martin schon im vergangenen September realisiert, als er mit Lisa Brennauer die sehr berglastige Strecke erstmals in Augenschein nahm. Brennauer hofft, von Martins wertvollen Tipps zu profitieren, wenn sie kurz vor ihm (8.30 Uhr OZ/13.30 Uhr MESZ) ihren eigenen Hoffnungen auf eine Medaille nachjagt. Doch der große Meister von einst ist mittlerweile abgehängt.

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Traum von Olympia-Gold - vielleicht in Japan

Vor vier Jahren brach er sich bei der Tour das Kahnbein und holte in London "nur" Silber. Ganz vom großen Traum trennen will er sich nicht, obwohl der Lausitzer 2020 in Tokio schon 35 Jahre alt sein wird. "Vielleicht gibt es dann nicht so viele Berge", sagte der dreimalige Weltmeister schmunzelnd.

Und in Rio? Die Rundstrecke über 54,6 km im Stadtbezirk Barra/Pontal, die bereits Teil des gnadenlosen und viel diskutierten Straßenrennens war, ist so gar nicht auf den Tempobolzer zugeschnitten: Gleich vier schwierige Anstiege sind zu bewältigen.

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Dazu könnten unberechenbare Winde und vielleicht auch Regen das Rennen beeinflussen. "Wunder darf man nicht erwarten, die Zeitfahren waren für ihn das ganze Jahr nicht ideal", sagte Jan Schaffrath dem SID. Er betreut Martin auch beim Profiteam Etixx-Quick Step als Sportlicher Leiter.

Keine Erklärung für Leistungsentwicklung

Was zum Leistungsabfall führte, der in der riesigen WM-Enttäuschung 2015 gipfelte, kann Martin selbst nicht so recht nachvollziehen. "Auch ich suche nach Erklärungen und tue das nicht einfach so ab", betonte der Wahl-Schweizer, der seit Monaten an Material und Position tüftelt - und doch die Lösung noch nicht gefunden hat.

Zum Ende der Tour plagte er sich zum Überfluss noch mit Knieproblemen. Wenigstens diese sind soweit abgeklungen, dass sie ihn am Mittwoch nicht beeinträchtigen sollten. "Das Knie hält", sagte Martin, der den britischen Tour-Champion Chris Froome und den Niederländer Tom Dumoulin trotz dessen Unterarmbruchs als große Favoriten ansieht.

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Martin selbst will "um Bronze kämpfen", und Schaffrath sieht auch Faktoren, die für ihn sprechen - gerade die enorme Länge. "Er wird ein Kräftezeitfahren, vielleicht knicken andere weg. Man muss sich das Rennen wirklich gut einteilen, und darin hat er eine Riesenerfahrung", sagte Schaffrath. Völlig abschreiben sollte man Martin nicht.

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