Mythos Hahnenkamm: Geschichten aus 75 Jahren Streif
Kitzbühel - Fritz Strobl (Streckenrekordhalter seit 1997) hatte vor seiner Premiere "die Hosen voll". Stefan Eberharter gibt zu: "Ich hatte durchaus Todesangst-Gefühle." Rekordsieger Didier Cuche wollte bei seinem ersten Mal das Starthaus am liebsten wieder verlassen und Vorjahressieger Hannes Reichelt sagt ehrfürchtig: "Es wird einfach nicht flacher".
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Die Rede ist natürlich vom Hahnenkamm-Rennen auf der Streif, der ultimativen Mutprobe im alpinen Skizirkus. Nicht umsonst heißt der neue Kinofilm zum 75. Jubiläum der gefährlichsten Abfahrt der Welt "One Hell of a Ride", einen regelrechten Höllenritt. Und dieser hat Helden geboren, Karrieren zerstört und so manche verrückte Geschichte geschrieben. Wir blicken zurück auf 75 Jahre Streif:
Die ersten Gewinner:
Das erste Hahnenkamm-Rennen fand 1931 statt. Allerdings noch nicht auf der Streif. Der Sieger hieß Ferdl Friedensbacher. Den ersten Sieg auf der Streif holte sich 1937 der Kitzbüheler Thaddäus Schwabl mit einer Rennzeit von 3:53,1 Minuten. Übrigens: Damals sah die Strecke ganz anders aus. Man wollte mit möglichst wenig Toren auskommen und damit die Skifahrer zwingen, bei der Linienfindung kreativ zu werden. Oftmals gewannen damals nicht die technisch besten, sondern die, die sich die beste Linie ausgesucht hatten. Den Steilhang absolvierten die Fahrer nicht in Schuss-Fahrt sondern in kurzen Schwüngen.
Der härteste Streckenabschnitt:
Anfang der 50er Jahre wurde die berühmt-berüchtigte "Mausefalle" eingerichtet. Den Namen für den Steilhang mit 86 Prozent Gefälle soll Anton Sailer, der Vater von Ski-Legende Toni Sailer geprägt haben. Er fand, dass die herabstürzenden Skifahrer wie Mäuse aussehen, die in eine alte Drahtmausefalle fallen.
Die schlimmsten Wetterprobleme:
Sturm, Wärme, Neuschnee, Nebel: Insgesamt sechs Mal musste das Hahnenkammrennen wegen des Wetters abgesagt werden. 1983 wurde das erste Mal versucht, das Rennen mit Kunstschnee zu retten - vergeblich. 2007 wurden 2000 Tonnen Schnee vom Großglockner angekarrt. Aber Orkan "Kyrill" machte auch diese 350.000 Euro teure Aktion zunichte.
Die schnellsten Fahrten:
1951 fuhr der Österreicher Christian Pravda die Streif als erster in unter drei Minuten (2:57,0).
1982 knackt sein Landsmann Harti Weihrather erstmal die Zwei-Minuten-Marke (1:57,2).
1997 stellte Fritz Strobl mit 1:51,58 Minuten die bisher geltende Bestmarke auf.
Die höchste gemessene Geschwindigkeit erreichte der Österreicher Michael Walchhofer 2006 im Zielhang mit sagenhaften 153 km/h.
Die Durchschnittsgeschwindigkeit hat sich seit den 60er Jahren übrigens von 88,4 km/h auf über 105 km/h erhöht. Inzwischen wirken stellenweise Kräfte des bis zu zehnfachen Körpergewichts auf die Rennläufer.
Die erfolgreichsten Typen:
Der Schweizer Didier Cuche, der "König von Kitz", holte fünf Mal den Sieg auf der Streif – das letzte Mal 2012 mit über 37 Jahren. Damit ist er bis dato auch der älteste Streif-Gewinner. Die Österreicher Franz Klammer und Karl Schranz konnten auf der Streif je vier Mal triumphieren.
Mit zwei Siegen in der Abfahrt, drei im Slalom und vier in der Kombination wird der Österreicher Anderl Molterer zum "Weißen Blitz von Kitz" – 1958 gewinnt er sogar Abfahrt und Slalom. Als "Schwarzer Blitz von Kitz" geht Toni Sailer in die Geschichtsbücher ein. Er gewinnt dam Hahnenkamm zwei Mal (1956 und 1957) und steht 1956 auch im Slalom ganz oben. Nach seiner Skikarriere wird er Film- und Medienstar.
Die härtesten Typen:
1995 fliegt der Italiener Pietro Vitalini spektaktulär von der Traverse nach der Hausbergkante ab. Wie durch ein Wunder blieb er unverletzt und wurde am selben Tag bei der zweiten Abfahrt Fünfter.
2004 beweist der Italiener Kristian Ghedina eine ordentliche Portion Mumm, als er auf dem Sprung im Zielschuss die Beine zur Grätsche auseinanderreißt und TV-Kommentatoren und Publikum zum Ausrasten bringt.
2014: Der Österreicher Hannes Reichelt lässt sich mit starken Schmerzen vor der Abfahrt vom Doc fit spritzen und gewinnt sensationell. Zwei Tage später liegt er mit einem akuten Bandscheibenvorfall auf dem OP-Tisch und verpasst die Olympischen Winterspiele in Sotschi.
Die schlimmsten Stürze:
Im Schnitt erreichen zehn bis 15 Prozent der Starter am Hahnenkamm nicht das Ziel. Stürze enden oft mit schlimmen Verletzungen - nicht selten endete eine Profikarriere mit einem Unfall auf der Streif. Besonders im Gedächtnis bleiben die schrecklichen Bilder aus der jüngeren Vergangenheit. In der Mausefalle war 2011 der Österreicher Hans Grugger gestürzt, am Zielsprung 2009 der Schweizer Daniel Albrecht. Beide schwebten in Lebensgefahr, sie lagen wochenlang im Koma und mussten sich langsam ins Leben zurückkämpfen.
Albrecht, Grugger & Co: Die schlimmsten Stürze auf der Streif in der Bilderstrecke
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