Munich Cheer Allstars: "Es geht um Leistung und Wertevermittlung"
München - AZ-Interview mit Anita Lindner- Cichowlas (39) und Liza Kapageridou (31). Headcoach Lindner-Cichowlas und Koordinatorin Kapageridou fühlen sich als Teil der Bayern-Familie.
AZ: Alba Berlin verzichtet künftig auf Cheerleader, da das "nicht mehr in die Zeit passe". Was halten Sie davon?
Kapageridou: Das war ein Schock. Die Mädchen fragten: "Steht das auch bei uns zur Debatte?" Wir haben damit nicht gerechnet, weil die Alba Dancers eins der besten Teams der Liga sind. Von denen hätte man das am wenigsten erwartet. Wir wissen nicht, was passiert ist, können nur sagen: Hinter der Begründung stehen wir nicht. Wir sehen die Tänzerinnen nicht als Pausenfüller, nett zum Anschauen. Das ist harter Sport, den die Mädchen als Hobby betreiben.

Wie oft wird trainiert?
Lindner-Cichowlas: Zwei Mal die Woche, je zweieinhalb Stunden. Das ist aufgebaut wie im Leistungssport. Da ist schon richtig Power dahinter.
Die Munich Cheer Allstars, kurz MCA Dancers, sind eine Abteilung des TSV Turnerbund München. Seit wann?
Kapageridou: Seit zehn Jahren. Das Akrobatikteam hat die Basketballer schon früher begleitet, konnte aber das Pensum nicht mehr stemmen, weil die oft auf Meisterschaften waren. Die Dancer haben sich in der Saison 2013/14 geformt.

Cheerleading und die Debatte um die Alba Dancers
Wie ist die Altersstruktur?
Lindner-Cichowlas: Sie müssen mindestens 18 sein. Die Älteste ist heuer 33.
Hat jeder Klub Cheerlader?
Etwa 80 Prozent. Die Cheerleader aus Hamburg waren gerade auf der Hip-Hop-Dance-WM.
Gab es Kontakt mit Alba?
Nein, das geht uns nichts an. Das ist deren interne Geschichte. Wir finden nur schade, dass es so rübergebracht wird, als ginge es um nette Mädels in knappen Klamotten. Niemand zwingt die Mädchen dazu! Die machen das aus Leidenschaft. Wir vermitteln so viele Werte, was durch diese Diskussion jetzt total klein gemacht wird.
Sexistische Sprüche? Das liegt nicht an den Klamotten
Reden wir über die Klamotten. Lange Hosen kommen eher nicht in Frage, oder?
Kapageridou: Wir haben doch lange Hosen: Leggings! Das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun. Es geht um die Leistung der Damen, die auf dem Feld stehen und um die Wertevermittlung.
Klagen Tänzerinnen auch mal über sexistische Sprüche?
Lindner-Cichowlas: Ich bin seit ein paar Jahren dabei und habe das noch nicht erlebt.
Kapageridou: Ich auch nicht. Wenn eine normal angezogene, hübsche Frau vorbei läuft, kriegt die auch ‘nen Spruch. Sollen wir uns jetzt alle nicht mehr so anziehen, wie wir es gern haben, weil die Herren der Schöpfung Sprüche bringen? Das ist nicht das, was wir unseren Mädchen vermitteln wollen. Die sollen Selbstbewusstsein haben, auch im Privaten.

Wir sind integriert in die Bayern-Familie
Bekommen Sie viel Feedback?
Es gibt sehr viel Rückmeldung vom Fanclub und vom FC Bayern: "Wow, wie habt ihr euch verbessert! Tolle Tänze!" Es heißt nicht: "Oh, knapperes Outfit als letztes Jahr!" Wir fühlen uns nicht dargestellt.
Lindner-Cichowlas: Basketball bietet dem Tanzsport eine super Plattform. Wo könnten die Mädels sonst in einem Hobbybereich so eine Fläche finden, um zu performen?
Kapageridou: Wir sehen das als Plattform, um diesen Sport weiterzubringen und junge Damen zu motivieren, sich selbstbewusst zu präsentieren.
Angeblich spielte bei Alba das Geld eine Rolle. Wie werden die MCA Dancers entlohnt?
Kapageridou: Der Verein erhält vom FC Bayern Basketball ein Honorar. Das geht in die Teamkasse. Bayern ist ein normaler Kunde, wie der Münchner Flughafen, der uns auch öfter bucht. Für uns ist das ein Job wie jeder auch, wobei er besonders ist, weil wir ihn sehr gern machen. Wir sind integriert in die Bayern-Familie.
Bald können bei den Munich Cheer Allstars Männer mitmachen
Präsident Uli Hoeneß hatte angekündigt, bei Ihnen nachzufragen. Ist das passiert?
Wir haben schon davor besprochen, wie wir weitermachen. Die EuroLeague überlegt schon länger, männliche Tänzer einzubinden. Für diese Saison haben wir beschlossen, es bei der bisherigen Form zu belassen. Für die nächsten Jahre können wir uns aber sehr gut vorstellen, auch Männer einzubinden.
Gibt es schon Bewerbungen?
Lindner-Cichowlas: Nein, aber es stehen alle Türen offen.
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