MotoGP-Fahrer Stefan Bradl über die Hitze: "Das war unmenschlich"
München - AZ-Interview mit Stefan Bradl Der 32-jährige Bayer fährt bereits seit 2012 in der MotoGP.
AZ: Herr Bradl, wie geht es Ihren Fingern?
STEFAN BRADL: Allgemein geht es wieder besser. So eine Brandsalbe hilft schon.
Sie haben sich während des vergangenen Rennens also Brandblasen zugezogen?
Ja, am Fuß, das Rennen war nicht feierlich. Aber es geht schon wieder besser.
Sie und Ihre Teamkollegen sprachen nach dem vorigen Lauf auf dem Sachsenring offen an, dass es auf Ihrer Honda zu heiß war. Erklären Sie bitte für den Laien: Warum war das so?
In diesem Fall ist es speziell gewesen. Der ganze Fahrtwind hat gefehlt und wenn Luft von vorne kam, dann richtig heiße von den vorausfahrenden Fahrern. Es ist schade, dass Honda in diesem Fall nicht reagiert hatte. Das Problem, das man bei hohen Temperaturen hat, war bekannt.

Es muss sich was ändern.
Dringend.
Merken Sie gegenüber den Motorradlbauern an, was genau anders werden soll oder überlassen Sie das komplett den Ingenieuren?
Ich spreche schon an, was mir fehlt und wo etwas anders gemacht werden soll. Das ist auch sehr wichtig für die Ingenieure. Wie sie die
Angelegenheit dann aber lösen, das überlasse ich schon ihnen. Sie haben studiert. Sie müssen schon wissen, wie das geht!
Bradl: "Die Situation war aber nicht akzeptabel"
Man kennt Sie als geduldigen, ruhigen Menschen. Da kann man sich das gar nicht vorstellen, wie Sie in der Box laut werden.
Am Sachsenring nach dem Rennen, wie soll ich das sagen - da hat es mich innerlich zerrissen. Und das ist auch so rübergekommen.
Also hat es Sie nicht nur innerlich zerrissen?
Ich bin vorsichtig ausgerastet. Es sind Emotionen geflogen und mit etwas Abstand kann man das einordnen. Die Situation war aber nicht akzeptabel. Das war unmenschlich! Ich bin schon viele Rennen gefahren, auch in der Hitze und ich kann auch einiges aushalten - aber sowas hatte ich noch nicht erlebt. Es hat in den Fingern und am Fuß gebrannt. Zunehmend habe ich nicht mehr bremsen und richtig lenken können.
Das klingt gefährlich. Hatten Sie überlegt, einfach abzusteigen?
Ja, habe ich. Aber fürs Aufgeben bin ich keiner. Dazu kam die Situation: Ich war 16. und dachte mir, vielleicht passiert was. Aber es ist nichts mehr passiert, ich bin ohne Punkte geblieben. Das war schon bitter, vor dem Heimpublikum so ein Debakel zu erleben.
Bradl: "Es muss was passieren"
Wie hat Honda auf die Aussagen von Ihnen und Ihren Kollegen reagiert?
Sie haben mir gegenüber viel Respekt gezeigt und mir mehr oder weniger gedankt, dass ich fertig gefahren bin.
Der Blick in den Rennkalender sagt: In der zweiten Saisonhälfte stehen auch noch heiße Rennen an. Würden Sie beim nächsten Mal in so einer Situation vom Motorrad steigen?
Ja, wenn so eine Situation genau noch mal kommt... Es muss was passieren. Man muss den Ingenieuren nun die Chance geben, dass das nicht noch mal passiert.
Sie sitzen am Flughafen, auf dem Weg nach Assen (Niederlande). Dort findet am Wochenende das nächste Rennen statt. Haben Sie schon geschaut, wie warm es wird?
(lacht) 24 Grad. Genau richtig.
Bradl: "Müssen schauen, dass wir uns aus dem Dreck, aus der Misere herausziehen"
Die ideale Temperatur?
Es gibt fürs Motorradlfahren schlussendlich keine richtige und keine falsche Temperatur. Man muss halt aber für alle Situationen gut gerüstet sein.
Was ist das Ziel für das Rennen in Assen?
Mei, das, was es auch für die zweite Saisonhälfte sein wird: Wir müssen schauen, dass wir uns aus dem Dreck, aus der Misere herausziehen. Die Saison läuft nicht so gut für uns. Wir sind in einem Abwärtsstrudel gefangen, aus dem wir uns befreien müssen. Es gibt Sachen, die Hoffnung machen, dass es besser werden wird und es gibt Momente, wo es besser läuft. Wenn man so einen hat, muss man das Momentum nutzen und dann kommen wir da raus.
Da ist er wieder, der geduldige Stefan Bradl, der Kämpfer.
Ja, es hilft ja nichts - weiterprobieren! Wenn ich nicht daran glauben würde, würde ich jetzt nicht am Flughafen sitzen. Es wird schon.