Las Vegas: Hauptstadt der Fäuste

Weltmeister Abraham verteidigt seinen Titel in Las Vegas. Die AZ zeigt eine Auswahl der legendärsten und größten Boxkämpfe dort.
von  Matthias Kerber
Klitschko am Boden: Er verliert gegen Lamon Brewster.
Klitschko am Boden: Er verliert gegen Lamon Brewster. © dpa

Las Vegas - Spielerstadt, Glitzermetropole, Sündenbabel, Lasterhöhle, Box-Hauptstadt: Las Vegas! 1905 als Eisenbahnerstadt in der Mitte des Nirgendwo in den Wüste Nevadas gegründet, erlebte die Siedlung mit der Legalisierung des Glücksspiels 1931 ihren ersten Boom.

Mafia-Größe Bugsy Siegel war es, der Las Vegas, was im spanischen „Die Auen“ heißt, seinen verruchten Ruf gab. Sex, Drugs – und Entertainment.

Frank Sinatra, Elvis, Sammy Davis jr., Dean Martin, Liberace zementierten mit ihren Shows den Ruf von Las Vegas als Hauptstadt des Vergnügens. Las Vegas war immer auch die Stadt, der (Melo-)Dramen, der Tragödien. Der Ort, an dem der amerikanische Traum wahr wurde – und noch viel öfter zerplatzte. Und damit der perfekte Platz für den Boxsport. Sex, Drugs – and Boxing!

Hier wurde die am 30. Dezember 1970 die Leiche von Boxlegende Sonny Liston († 38), der unter mysteriösen Umständen umkam, gefunden. Hier arbeitete Box-Ikone Joe Louis, von Drogenkonsum und Demenz gezeichnet, als Grüßonkel für Touristen im Caesars Palace Casino, er starb 1981 nur Stunden, nachdem er beim Boxkampf zwischen Larry Holmes und Trevor Berbick noch einmal vom Publikum gefeiert worden war.

Axel Schulz warnt Arthur Abraham: "Achtung! Las Vegas kann dich verschlingen!"

Jetzt versucht Arthur Abraham, Geschichte zu schreiben und als erster Deutscher überhaupt einen WM-Kampf in Las Vegas zu gewinnen. Er verteidigt an der Nacht auf Sonntag (2.00 Uhr, ranfighting.de, Sky select) seinen Supermittelgewichtstitel gegen den Mexikaner Gilberto Ramirez. „Las Vegas ist das Mekka des Boxens“, sagte Abraham.

Die AZ gibt einen Überblick über einige der größten Kämpfe in Las Vegas, die diesen Ruf begründeten.

 

1. Tyson – Holyfield (9. November 1996) und Tyson Holyfield II (28. Juni 1997)

 

Die beiden größten Boxer ihrer Zeit treffen 1996 endlich aufeinander. Eigentlich sollte der Fight Jahre zuvor steigen, doch Tysons Verurteilung wegen Vergewaltigung brachte den Champ in den Knast – und schickte den Megakampf in die Warteschleife. Tyson verspricht, Holyfield „im Ring zu töten“. Der Herausforderer hat wegen Herzproblemen zwei Jahre pausieren müssen. Holyfield setzt immer wieder seine gefürchteten (illegalen) Kopfstöße ein, bringt Tyson aus dem Konzept. In der 11. Runde nimmt der Ringrichter Tyson nach einer Schlagsalve Holyfields aus dem Kampf. Eine der größten Boxsensationen der Geschichte.

Auf die Sensation folgt der größte Skandal: im Rückkampf ein knappes Jahr später im MGM Garden. Nachdem Holyfield mit einem Kopfstoß einen riesigen Cut bei Tyson verursacht, brennen bei diesem alle Sicherungen durch. Eine Runde später beißt er ein Stück von Holyfields Ohr ab, spuckt es aus, nach einer zweiten Kannibalen-Attacke wird Tyson disqualifiziert. Im Ring kommt es zu Tumulten, Tyson wird danach zehn Jahre gesperrt.

 

2. Muhammad Ali – Larry Holmes (2. Oktober 1980)

 

Es ist ein Kampf, der jedem Boxfan wehtut. Ali, der diesen Sport mit seiner Geschwindigkeit, seinem Können, seinem Charisma revolutioniert hatte, hat alle Zeichen der Zeit ignoriert und will gegen Holmes, seinen ehemaligen Sparringspartner, zum vierten Mal Weltmeister werden. Die Arena im Caesars Palace wird extra erweitert, um den 24 790 Fans Platz zu bieten. Doch das Denkmal Ali zerstört sich selbst, nicht einen Wirkungstreffer kann er landen, er wird von Holmes vorgeführt, bis dieser – voller Mitleid – nicht mehr voll zuschlägt, nach zehn Runden nimmt der Trainer Ali aus dem Kampf. Es ist Alis vorletzter Kampf.

 

3. Marvelous Marvin Hagler – Thomas Hearns (15. April 1985) 

 

Der Kampf firmiert unter den Motto „Der Krieg“. Mit Hagler und Hearns, der von Trainerlegende Emanuel Steward, der später Wladimir Klitschko unter seine Fittiche nahm, betreut wird, stehen sich die beiden besten Mittelgewichtler der Welt gegenüber. „Es sind die vielleicht besten, spannendsten, härtesten drei Runden, die je geboxt wurden“, sagte der 2012 verstorbene Steward einst der AZ. Hagler legt los wie ein Berserker, Hearns trifft ihn schwer – doch Hagler schlägt unbeirrt immer weiter zu. In der 2. Runde wirkt Hearns angeklingelt, in der dritten fließt Blut in Strömen von Haglers Stirn. Der Ringrichter unterbricht den Kampf, lässt ihn aber doch noch wieder fortsetzen. Hagler weiß, dass ein Abbruch droht, macht kurzen Prozess und knockt Hearns aus. „Das war schlicht episch“, sagte Steward.

 

4. Wladimir Klitschko – Lamon Brewster (10. April 2004) 

 

Es geht im Mandalay Bay Casino um den vakanten WBO-Titel. Klitschko hat Brewster in der 4. Runde am Boden, im fünften Durchgang kollabiert Klitschko, der Ringrichter nimmt den entkräfteten Klitschko aus dem Ring. Mit Verdacht auf eine Hirnblutung kommt er ins Krankenhaus, doch er kann bald entlassen werden. Wilde Gerüchte um Betäubungsmittel machen die Runde, das FBI ermittelt – ohne Erfolg.

5. Floyd Mayweather – Manny Pacquiao (2. Mai 2015) 

Der „Kampf des Jahrhunderts“ generiert Einnahmen von 400 Millionen Dollar, ist der finanzstärkste Fight aller Zeiten. Sportlich enttäuscht er, nach 12 minderspannenden Runden siegt Mayweather, der all seine Profikämpfe gewonnen hat, nach Punkten.

 

6. George Foreman – Michael Moorer (5. November 1994) 

 

Im Alter von 45 Jahren geht es für Foreman, der letztmals 20 Jahren zuvor Weltmeister gewesen war, um die WM. Champion Moorer dominiert klar, muss den Kampf nur noch über die Runden bringen. Doch im zehnten Durchgang trifft Foreman, der zwischenzeitlich Prediger geworden ist, Moorer mit einer Links-Rechts-Kombination. Der Sieg – Foreman ist der älteste Schwergewichts-Champion aller Zeiten!

 

7. George Foreman – Axel Schulz (22. April 1995) 

 

Für seine erste Titelverteidigung sucht sich Foreman einen vermeintlich ungefährlichen Gegner aus: Axel Schulz. Doch Foreman hat die Rechnung ohne den Deutschen gemacht. Der liefert den Kampf seines Lebens, führt Foreman fast vor. Nach 12 Runden das Skandalurteil – Foreman wird der Sieg geschenkt. „Ein Fehlurteil, aber ohne dieses hätte ich nie so eine Karriere gehabt, ich habe meinen Frieden damit“, sagt Schulz.

 

8. Muhammad Ali – Leon Spinks (15. Februar 1978) 

 

Spinks, der bei Olympia 1976 Gold geholt hat, ist der 1:10-Außenseiter. Doch Ali nimmt den Kampf nicht ernst, verliert sensationell nach Punkten. Spinks ist in seinem erst achten Profikampf Weltmeister – das gab es noch nie!

 

9. Oscar de La Hoya – Felix Sturm (5. Juni 2004)

 

Alles ist angerichtet für den Megakampf Oscar de la Hoya gegen Bernard Hopkins. Beide müssen nur ihre Kämpfe in Las Vegas gewinnen. De La Hoyas Gegner, der unbekannte Felix Sturm, ist auf dem Kampfplakat kaum zu sehen, doch er dominiert gegen den Champion, gewinnt in jeder Schlagstatistik (etwa 234 zu 188 Treffer). Doch die Punktrichter erklären den Amerikaner zum Sieger. „Jeder hat gesehen, wer der Bessere war“, sagt Sturm danach.

 

10. Oscar de La Hoya – Floyd Mayweather (5. Mai 2007) 

 

Fanliebling De la Hoya tritt gegen den ungeschlagenen und ungeliebten Protzboxer Mayweather an. Drei Stunden nach Bekanntgabe des Kampfes „auf den die Welt gewartet hat“, sind alle Tickets ausverkauft. Nach 12 Runden gewinnt Mayweather den hochgehypten Fight durch eine knappe Mehrheitsentscheidung.

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