"Achtung! Las Vegas kann dich verschlingen!"
Der jetzt 47-Jährige boxte in seiner Karriere drei Mal um die WM im Schwergewicht, verlor aber jeweils. 1995 stand er in Las Vegas gegen Box-Legende George Foreman im Ring und wurde in einem Skandalurteil um den WM-Titel betrogen.
AZ: Herr Schulz, deutsche Boxer sind bei WM-Kämpfen in Las Vegas noch sieglos: Sie verloren gegen George Foreman, Felix Sturm gegen Oscar de la Hoya, Regina Halmich gegen Yvonne Trevino. Jetzt versucht es Arthur Abraham gegen Gilberto Ramirez. Was sagen Sie, der in der Beziehung ja ein gebranntes Boxerkind ist, dazu?
AXEL SCHULZ: Das wird auf keinen Fall einfach für Arthur. Ich denke, er wird schon fast durch Knockout gewinnen müssen. Denn nach Punkten in Las Vegas gegen einen Mexikaner, der von den ganzen Latinos unterstützt wird, das ist ganz, ganz schwer. Abraham ist ja ein erfahrener Mann, aber man muss da auch die ganzen Eindrücke und Erfahrungen erstmals verkraften. Klar, er ist jetzt nur der Vorkämpfer, der Fight zwischen Manny Pacquiao und Timothy Bradley ist der Hauptkampf, aber allein die Stadt Las Vegas kann dich verschlingen. Das ist der Stadt gewordene Wahnsinn. Ich Freude mich schon wie ein kleines Kind, das wieder zu erleben. Das ist einfach geil. Für zwei, drei Tage, dann reicht es, aber die Zeit werde ich vollkommen genießen.
Sie standen damals – 1995 – als nahezu unbekannter Kämpfer gegen die Box-Legende George Foreman im Ring. Erinnern Sie sich noch an den Moment, als Sie das erste Angebot bekamen?
Klar. Ein Schock. Ich habe erstmal abgelehnt, weil ich es mir einfach nicht zugetraut habe. Ich, der kleine Axel, in einem Ring mit Foreman, der gegen Ali, gegen Frazier und alle geboxt hat. Als ich das hörte, habe ich mir erst mal vor Angst in die Hose gemacht – und nein gesagt. Mein damaliger Promoter Wilfried Sauerland hat mir dann einige Wochen Bedenkzeit gegeben. Und dann bin ich mit meinem Trainer Manfred Wolke das immer wieder durchgegangen, habe das Für und Wider abgewogen.
Das Für hat überwogen.
Für mich sprach die Jugend und die Schnelligkeit, für George die Erfahrung und die Schlagkraft. Wir haben dann gesagt, wir versuchen es. Aber wir haben auch gesagt, wenn er mich in der ersten oder zweiten Runde ausknockt, dann beende ich danach meine Karriere, dann habe ich bei den großen Jungs nichts zu suchen.
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Und dann das erste Aufeinandertreffen mit Big George.
Das war bei einer Pressekonferenz in New York. Zum Glück war mein Trainer so ein Fuchs. Er kannte Foreman schon von Olympia 1968, dort haben beide ja Gold geholt. Er wollte nicht, dass ich Foreman so unvorbereitet gegenübertrete. Deswegen kamen wir zehn Minuten zu spät zur Pressekonferenz. Dadurch saß Foreman nur, stand nicht in seiner Größe, er ist ja eine gewaltige Kante, vor mir. Das hätte ich mental wohl nicht weggesteckt. Aber als er da so saß, ich auf ihn herunterblicken konnte, da ging es. Foreman hat gleich eine zehn Minuten Predigt abgelassen, da rutschte mein Herz in die Hose. Aber zum Glück war mein Englisch damals so schlecht, dass ich nur Bahnhof verstanden habe. Es gab in den Tagen danach noch eine Pressekonferenz und noch eine und plötzlich wurde er für mich normaler, nicht mehr so übermächtig. Die Tage vor dem Kampf waren Irrsinn. Es war ja der Hauptkampf, auf jedem Taxi waren Werbeschilder, die Stadt war gepflastert. Ich habe davor Siegfried und Roy getroffen. Lauter solche Sachen.
Wann merkten Sie im Kampf, dass Sie einen echte Chance auf den Sieg haben?
Ab der Mitte. In der ersten Runde sind wir aneinandergestoßen und er hat mich nur weggestoßen. Ich dachte nur, oh, mein Gott, was hat der für Kräfte! Ich bin dann gleich zu meiner Taktik zurück, über die Schnelligkeit zu kommen, von außen, ihm keine große Chance zu geben, mich zu treffen.
Und dann das Urteil. Ein Skandalurteil. Foreman wurde der Punktsieg geschenkt.
Ich war mir ganz sicher, dass ich gewonnen hatte. Klar nimmt man als Boxer die Treffer, die man landet immer ganz anders wahr, als die, die man kassiert. Aber eigentlich war es eindeutig. Die Punktrichter machten George zum Sieger. Aber für mich war es das zweitbeste Urteil. Hätten sie unentschieden gewertet, hätte keiner groß was gesagt. So gab es einen Aufschrei, ich wurde zu einem der beliebtesten Verlierer überhaupt. (lacht)
Der Weltmeister der Herzen?
Ja, der Kampf hat mir den Weg bereitet für eine Karriere, von der ich nie zu träumen wagte. Ich habe nie was Großes gewonnen, aber ich habe mehr erreicht, als ich von meinem Können und Talent je hätte erreichen können. Auch dank dieses Kampfes gegen Foreman. Für mich war dieser Kampf, diese Niederlage in Las Vegas der Jackpot.
Hat Foreman Ihnen gegenüber je eingestanden, dass er eigentlich verloren hat?
Nee! Nie! Wir haben mal drüber gesprochen und er sagte: "Es lag in den Händen der Punktrichter. Sie haben es so entschieden. Wir müssen sie akzeptieren." Und wissen Sie was? Ich sehe es genauso! Lamentieren bringt nichts, das hat noch keinen zum Champion gemacht.
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