IOC schickt neue Russland-Leitlinie an Weltverbände

IOC-Vize-Präsident John Coates hat bestätigt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) in der Doping-Krise um russische Sportler am Dienstag neue Verfahrensleitlinien an die internationalen Fachverbände verschickt hat.
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IOC-Vizepräsident John Coates aus Australien.
dpa IOC-Vizepräsident John Coates aus Australien.

IOC-Vize-Präsident John Coates hat bestätigt, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) in der Doping-Krise um russische Sportler am Dienstag neue Verfahrensleitlinien an die internationalen Fachverbände verschickt hat.

Rio de Janeiro - IOC-Vize John Coates holte einmal tief Luft, dann sagte er: "Ja, es ist eine Menge zu tun."

Die Informationenen wanderten vom IOC-Panel über die CAS-Experten zu den Weltverbänden und wieder zurück zum IOC, erklärte Coates. Der Workflow rund um das Nominierungs-Chaos der russischen Mannschaft für die Olympischen Spiele in Rio - sonderlich glücklich schien selbst Coates damit nicht zu sein.

Einen Tag vor dem Start der Rio-Spiele basteln die Experten im Hintergrund immer noch an der Russland-Mannschaft. Das Problem: Der bislang so hochgelobte McLaren-Report scheint an einigen Stellen nicht unbedingt fehlerhaft, aber doch etwas ungenau zu sein.

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Kein Wunder: Nach 57 Tagen Ermittlungsarbeit hatte Sonderermittler Richard McLaren zwar das russische Staatsdoping im Grundsatz aufgedeckt. Dass er jeden russischen Sportler unter die Lupe genommen hätte, hat er nie behauptet.

Am Dienstag hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) neue Verfahrensleitlinien an die Weltverbände verschickt. Darin empfiehlt das IOC, Vorsicht walten zu lassen und die russischen Sportler nur zu sperren, wenn ihnen der McLaren-Bericht expliziten Doping-Missbrauch nachweist.

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Die Ringe-Organisation weicht damit ihre eigene Regel auf, die sie den Weltverbänden an die Hand gegeben hatte. Dass dadurch nur noch mehr Unsicherheit entstanden ist, glaubt das IOC aber nicht - im Gegenteil. "Das war ein Brief von uns an die Verbände, um Klarheit zu schaffen", sagte Coates, der auch Präsident des Internationalen Sportgerichtshofs CAS ist. Das IOC habe eine "klare Definition" gegeben, wann ein Athlet tatsächlich betroffen ist und gesperrt werden müsse, "weil die Verbände erklärten, dass bei einigen Athleten, die in dem Bericht genannt werden, keine verbotenen Substanzen nachgewiesen wurden."

Weikert sieht die Sache anders

Thomas Weikert, deutscher Präsident des Tischtennis-Weltverbandes ITTF, wertet die Sache anders. "Wir haben die drei betroffenen russischen Spieler zugelassen, das Prozedere ist abgeschlossen", sagte er, mutmaßt aber: "Ich denke schon, dass diese neuen Richtlinien meine Amtskollegen, die noch mit der Prüfung befasst sind, sehr aufgeschreckt haben."

Die betroffenen Weltverbände hatten ohnehin schon über den Zeit- und Verantwortungsdruck gestöhnt, den das IOC ihnen mit der Überprüfung und Bewertung der russischen Athleten aufgebürdet hatte. Nun wurde kurz vor Toresschluss noch mal geflickschustert.

Wer gilt denn als "verwickelt"?

Weikert kritisierte erneut die grundsätzliche Entscheidung des IOC, die Verbände in die Pflicht zu nehmen: "Das IOC hätte von Anfang an die Verantwortung für diese Fälle übernehmen müssen und sie nicht an die Verbände übertragen dürfen."

Der Segel-Weltverband ISAF hatte am Mittwochnachmittag in einer Pressemitteilung die Erklärung geliefert. Darin hieß es: "Insbesondere mit Blick auf den unabhängigen McLaren-Report der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat das IOC darauf hingewiesen, dass ein Athlet nicht als 'verwickelt' zu gelten hat, falls die McLaren-Liste sich nicht auf eine verbotene Substanz bezieht, die zu einer Verletzung der Anti-Doping-Regeln geführt hätte."

IOC-Brief als Rettung aus juristischer Falle

Die ISAF nahm direkt eine Neubewertung im Fall des russischen Seglers Pawel Sozykin vor. Vorbehaltlich der Zustimmung der dreiköpfigen IOC-Kommission, die das letzte Wort hat, erteilte sie dem zuvor gesperrten Sozykin nun eine Startfreigabe für die Regatten in Rio.

Offenbar haben das IOC rechtliche Bedenken zu dem erneuten Kurswechsel veranlasst. Dies könnte mit dem Fall der russischen Schwimmer Wladimir Morosow und Nikita Lobinsew zusammenhängen. Beide waren im McLaren-Report erwähnt und vom Weltverband FINA gesperrt worden. Dagegen legte das Duo Einspruch beim CAS ein.

Der Sportgerichtshof leitete die Fälle der beiden Athleten an das letztinstanzliche IOC-Gremium um Claudia Bokel weiter und gab damit dem Einspruch der Russen de facto statt. Der neue IOC-Brief soll die anderen Verbände nun wohl vor dem juristischen Fallstrick bewahren, über den die FINA gestolpert ist.

Die Klage der komplett gesperrten russischen Gewichtheber gegen ein Startverbot durch den Weltverband IWF lehnte der CAS am Mittwoch ab. Dieser Fall ist von den neuen Leitlinien nicht betroffen.

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