Initialzündung: Loch, Pechstein – oder doch erst Höfl-Riesch?

Sotschi – Sonntagabend, so gegen 19 Uhr deutscher Zeit, dürfte das Warten schon ein Ende haben. Dann wird, wenn alles normal läuft, Rodler Felix Loch das erste Gold für Deutschland bei den Olympischen Spielen in Sotschi gewonnen haben. Es sei denn, es läuft nicht normal, und Eisschnellläuferin Claudia Pechstein geht schon rund eineinhalb Stunden zuvor als die älteste Olympiasiegerin bei Winterspielen in die Geschichte ein. Und falls alles schief läuft, ist am Montag Super-Kombination, der Wettbewerb, in dem Maria Höfl-Riesch ihr drittes olympisches Gold gewinnen sollte.
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Dem ersten Gold bei Olympischen Spielen wird bei der deutschen Mannschaft traditionell und grundsätzlich eine große Bedeutung beigemessen. Das erste Gold ist sozusagen ein Korken, der eine reichlich gut geschüttelte Flasche Champagner verschließt und nun schnell davonfliegen soll, damit der Inhalt alle glücklich macht. Das erste Gold kommt einer Erlösung gleich, zugleich wird erwartet, dass es eine Initialzündung ist. "Der Knoten ist geplatzt", sagte Chef de Mission Michael Vesper nach dem ersten Gold für Deutschland bei Olympia 2012 in London erkennbar erleichtert.
In London hatte es immerhin bis zum vierten Wettkampftag gedauert, ehe die Vielseitigkeitsreiter Mannschafts-Olympiasieger wurden. Das ist schon eine verdammt lange Zeit. DOSB-Generalsekretär Vesper, auch in Sotschi Chef de Mission, kann freilich aufatmen: Bei Winterspielen geht es recht schnell. Vor vier Jahren in Vancouver gewann besagter Felix Loch schon am zweiten Wettkampftag Gold, vor acht Jahren in Turin siegte Biathlet Michael Greis sogar schon am ersten Wettkampftag, vor zwölf Jahren in Salt Lake City gab es am zweiten Wettkampftag das erste Gold durch – Claudia Pechstein.
Claudia Pechstein – das wäre so oder so bemerkenswert. Gold, findet sie, Gold muss es nicht sein. "Jede Medaille, die ich hier erringen kann, wäre für mich wie Platin", sagt die fünffache Olympiasiegerin. Bereits 1992 in Albertville gewann sie Bronze, nun, 22 Jahre später, gehört sie auf jeden Fall zu den Medaillenanwärterinnen über 3000 m, und wenn es am Sonntag ein bisschen anders kommt, als alle erwarten, dann ist sogar Gold möglich. In diesem Fall wäre Pechstein dann tatsächlich die älteste Siegerin in der Geschichte der Olympischen Winterspiele. Mit 41 Jahren.
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Und wenn es nicht klappt mit Pechstein? Dann klappt es mit Loch. Kaum jemand zweifelt daran, dass er seinen Olympiasieg von Whistler wiederholt, auch die Konkurrenz nicht. Altmeister Armin Zöggeler aus Italien, der bei seinen mittlerweile sechsten Winterspielen auf seine sechste Medaille hofft, scheint den Kampf um Gold schon vor den vier Läufen am Samstag und Sonntag aufgegeben zu haben: "Felix ist eigentlich nicht zu schlagen. Für alle anderen geht es nur noch um Silber und Bronze." Und der dreimalige Olympiasieger Georg Hackl schwärmt: "Wahnsinn, wie cool der Hund ist."
Und falls etwas schiefgeht? Könnte vielleicht Andrea Henkel aushelfen. Nein, eine Favoritin ist sie nicht – oder doch? Wenn bei den anderen viel bis alles schief geht, kann auch die Biathletin Gold gewinnen. Dann hätte es sich auch gelohnt, dass sie im Gegensatz zu Maria Höfl-Riesch auf die Rolle als Fahnenträgerin bei der Eröffnungsfeier verzichtet hat.