Hand in Hand zum doppelten Gold

Dominique Gisin führte in der olympischen Abfahrt lange – bis Tina Maze in exakt der gleichen Zeit ins Ziel kam.
von  Thomas Becker

KRASNAJA POLJANA Welch ein schönes Bild! Und was für ein ungewohntes noch dazu. Als Tina Maze und Dominique Gisin bei der Siegerehrung im Zielraum der Piste „Rosa Peak“ händchenhaltend den olympischen Abfahrtsthron bestiegen, da hatten sie nach rechts viel Platz: Der Silber-Rang blieb nämlich unbesetzt.
Hand in Hand zum doppelten Gold! Zeitgleich waren die Slowenin und die Schweizerin ins Ziel dieser anspruchsvollen Abfahrt gerast, beide in 1:41,57 – ein Novum in der 78-jährigen Geschichte der Alpinen bei Winterspielen. Ein Zehntel langsamer als das Duo: die Schweizerin Lara Gut, die Dritte im Bunde auf dem denkwürdigen Podium.
„Doppel-Gold ist natürlich unglaublich“, sagte Maria Höfl-Riesch durchaus wehmütig, „ein wahnsinnig enges Rennen. Leider hatten wir mit dem Ausgang nichts zu tun.“ Mannschaftskollegin Viktoria Rebensburg, bei ihrer olympischen Abfahrts-Premiere auf Rang 15 gelandet, scherzte: „Ich habe mich vorher schon gefragt, wie die das bei der Siegerehrung machen werden. Ob die dann zwei Hymnen spielen oder das zusammenmixen. Es wird auf alle Fälle interessant.“
Interessant war auch das Rennen selbst verlaufen. Gisin hatte mit Startnummer acht eine Bestzeit vorgelegt, an der sich alle die Zähne ausbeißen sollten – bis mit Nummer 21 die Überfliegerin der vergangenen Saison heranrauschte: Tina Maze. Bislang hatte sie einen sehr durchwachsenen Winter, konnte nie an ihre Sensations-Saison des Vorjahres anknüpfen. Kein Wunder, dass sie nun vor lauter Glück den Schnee im Zeilraum küsste und Mit-Siegerin Gisin übermütig mit Schnee einrieb. „Das war der perfekte Tag für mich“, frohlockte Maze, die Schultern mit der slowenischen Fahne bedeckt, „ich kam zu Olympia, um Gold zu gewinnen, und heute habe ich mein Ziel erreicht.“
Und die seit Jahren von Verletzungen geplagte Schweizerin? Konnte ihr Glück gar nicht fassen und brach bei einem Telefonat mit den Großeltern in Tränen aus. Nach ihrer langen Leidensgeschichte habe sie sich schon „nicht mehr wie eine Athletin gefühlt“, sagte die 28-Jährige, „ein verrückter Tag und eine lange Wartezeit. Das ist mein schönster Sieg.“

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