"Y Viva España": Spanien ist Europameister – verdient ist verdient
Berlin - Es konnte keinen logischeren Sieger dieses Turniers geben als die Spanier. Lediglich im engen Viertelfinale gegen die deutsche Nationalmannschaft mussten sie zittern und konnten erst kurz vor Ende der Verlängerung mit 2:1 gewinnen. Der EM-Pokal ging am Sonntagabend vor 71.000 Fans im Berliner Olympiastadion an Spanien, die nach 1964, 2008 und 2012 zum vierten Mal triumphierten. Der EM-Sieger der Herzen ist – zumindest hierzulande – die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Wieder hat es nicht gereicht für Englands Kapitän Harry Kane, wieder kein Titel. Der Mittelstürmer des FC Bayern wurde in der 61. Minute ausgewechselt und musste am Ende mit Tränen in den Augen mit ansehen wie sein Traum vom EM-Titel erneut platzte. Vor drei Jahren hatten die Briten das Finale im Wembleystadion gegen Italien erst im Elfmeterschießen verloren.
Williams & Yamal: Flügel-Youngster prägen das Finale
Die Jugend, das aufregendste Flügel-Duo dieser EM, fabrizierte das 1:0 der Spanier. Rechtsaußen Lamine Yamal, am Samstag 17 geworden, hatte das richtige Gefühl für den Moment und den Raum, der sich auftat in der englischen Defensive. Linksaußen Nico Williams, auch erst 22, vollstreckte perfekt freigespielt aus 14 Metern mit 116 km/h ins lange Eck (47.). Ein Tor, das zur Leistung der Spanier im gesamten Turnier passte – fein herausgespielt, clever abgeschlossen. Williams wurde zum Spieler des Spiels gewählt.
Die Engländer, bisher in all ihren drei K.o.-Spielen mit 0:1 in Rückstand, waren nun also wieder in ihrem Element, im Aufholjagd-Modus – aber ohne Kane. Der Kapitän und Mittelstürmer wurde als erstes von Trainer Southgate „geopfert“, in der 61. Minute ausgewechselt. Unterdessen verpassten Yamal und Morata Spaniens zweiten Treffer.
Die Joker stechen: für beide Mannschaften
Es kam so wie es bei dieser EM kommen musste. Southgate reagierte und riskierte, der als zweiter eingewechselte Cole Palmer traf nach Ablage von Jude Bellingham mit einem platzierten Linksschuss aus 21 Metern zum Ausgleich (73.). Kurz schien das Momentum zugunsten der „Three Lions“ zu kippen, dann eroberte „La Furia Roja“ das Spiel und die Dominanz zurück.
Das Ergebnis: der Siegtreffer durch den eingewechselte Mikel Oyarzabal von Real Sociedad San Sebastián nach Pass von Marc Cucurella. Das hatte mehr Fuß als Hand. Spanien, nun alleiniger Rekordsieger der EM mit vier Titeln, hat mit Oyarzabal nun einen Basken als Volkshelden. Der Architekt des Erfolges ist Spaniens Trainer Luis de la Fuente (63), der mit der spanischen U 19 (2015) sowie der U 21 (2019) schon einmal Europameister wurde.
Die Engländer unterliegen, trotz royaler Unterstützung aus der Heimat
Nach Schlusspfiff stürmten die Spanier, die gesamte Ersatzbank und der Trainerstab auf den Rasen, um ihre Fiesta in Berlin zu feiern. Kapitän Álvaro Morata erhielt wenig später den EM-Pokal.
Der vor und während des Turniers so umstrittene England-Coach Gareth Southgate (53) meinte vor der Partie: „Wir wollen den Engländern die Nacht ihres Lebens bescheren. Wir sehen das als eine tolle Gelegenheit für uns alle, unser Land glücklich zu machen.“ Aus der Heimat kam königliche Unterstützung: Auf einem Foto posierten König Charles III. und die royalen Familien-Mitglieder mit Trikots der Three Lions.
Auf den Tribünen schmetterte die zahlen- und kehlenmäßig überlegenen Briten Hits von den Beatles bis Oasis. Danach jedoch war es stumm, Tristesse um Kane, Bellingham und Co. Beim FC Bayern wird es nun eine große Aufgabe, den so enttäuschten Kane wieder aufzurichten vor dem Start in seine zweite Bundesliga-Saison. Erstmal aber ist Urlaub. Zum Verdauen.