Was hinter Schweinsteigers Elfer-Wahl steckte

Schiri Kassai wollte es nicht glauben: DFB-Kapitän Schweinsteiger wollte die deutschen Elfer im EM-Drama unbedingt vor der italienischen Fankurve schießen lassen. Was dahinter steckt, und was Bundestrainer Löw über den Ex-Bayern sagt.
von  sid
Bundestrainer Joachim Löw (rechts) über seinen Kapitän Bastian Schweinsteiger: "Es war schon wichtig, dass ein so erfahrener Spieler auf dem Platz stand. Er hat sich reingequält. Er ist ein Leadertyp."
Bundestrainer Joachim Löw (rechts) über seinen Kapitän Bastian Schweinsteiger: "Es war schon wichtig, dass ein so erfahrener Spieler auf dem Platz stand. Er hat sich reingequält. Er ist ein Leadertyp." © firo/Augenklick

Bordeaux - Viktor Kassai schaute einigermaßen verdutzt drein, als Bastian Schweinsteiger ihm das Handzeichen gegeben hatte.

Wollte der Kapitän der deutschen Weltmeister das Elfmeterschießen wirklich vor der italienischen Fankurve austragen lassen? Im EM-Viertelfinale? Gegen Italien?

Der ungarische Schiedsrichter fragte zweimal nach. Ja, Schweinsteiger wollte. Aus Aberglaube. "Ich habe an Dinge aus der Vergangenheit gedacht, an frühere Elfmeterschießen", berichtete er später. Sicher war damit sein Fehlschuss gegen Petr Cech für den FC Bayern im Champions-League-Finale 2012 gemeint - vor dem Münchner Fanblock.

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"Wir haben damals auf die Bayern-Kurve geschossen", sagte Schweinsteiger, beim Halbfinalsieg 2012 gegen Real Madrid jedoch "auf die Real-Kurve". Er verwies zudem auf die Schweiz, die vor den eigenen Fans im EM-Achtelfinale gegen Polen scheiterte.

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Also: "Lass uns mal lieber bei ihnen schießen." Die Tifosi bejubelten diese Entscheidung ungläubig - doch Schweinsteiger behielt recht. Seinen eigenen Elfmeter allerdings schoss er fast senkrecht in die Höhe und weit über das Tor. Aber das war am Ende glücklicherweise egal.

 

 

Nach dem Abpfiff gab der Mittelfeldspieler von Manchester United auch Entwarnung, was seinen geschundenen Körper angeht. "Dafür, dass ich 104 Minuten gespielt habe, fühle ich mich sehr gut", sagte Schweinsteiger, der sich nach seiner Einwechslung für Sami Khedira (16.) wiederholt ans Knie gefasst hatte. "Das war aber natürlich etwas anderes als die Kurzeinsätze zuvor."

"Er hat sich reingequält"

Die neue Heldengeschichte war programmiert, als Bastian Schweinsteiger im EM-Stadion von Bordeaux als fünfter deutscher Elfmeterschütze zum Punkt schritt. Doch dem Kapitän flatterten die Nerven und zitterten die über 105 Minuten belasteten Knie. Sein Ball flog weit über den italienischen Kasten.

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Die Traumstory vom Matchwinner, vom zurückgekehrten WM-Helden muss warten. "Es ist nicht so einfach, wenn man so lange nicht gespielt hat", sagte Bundestrainer Joachim Löw, nachdem es Jonas Hector als entscheidender Elfmeterschütze besser gemacht und ganz Deutschland doch noch in einen Halbfinal-Freudentaumel gestürzt hatte.

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Löw redete Schweinsteiger nach dem Viertelfinalerfolg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft stark, so wie er den 31-Jährigen schon im gesamten Turnierverlauf und der Vorbereitung gepflegt und gehegt hat.

Der DFB-Chefcoach war und ist sich bewusst: Er braucht Schweinsteiger, auch wenn dessen Defizite im Krimi mit Überlänge von Bordeaux augenscheinlich blieben. Dem Weltmeister fehlen Tempo und Aggressivität. Er versuchte, dies mit der ganzen Routine von nun 119 Länderspielen zu kompensieren. "Es war schon wichtig, dass ein so erfahrener Spieler auf dem Platz stand", betonte Löw: "Er hat sich reingequält. Er ist ein Leadertyp."

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