Rabiate Kader-Entscheidungen: Nagelsmann agiert wie Tuchel mit harter Hand
Exakt 92 Tage vor dem Start der Heim-EM hat Julian Nagelsmann endgültig klare Verhältnisse geschaffen. Wer in der DFB-Zentrale in Frankfurt noch die leise Hoffnung gehegt haben sollte, nach dem Turnier nicht erneut eine Bundestrainerfindungskommission ins Leben rufen zu müssen, weiß seit dem Nagelsmann-Auftritt am Donnerstag: Daraus wird nichts. Der größte Sportverband der Welt muss sich spätestens nach dem Finale am 14. Juli einen neuen leitenden Angestellten suchen.
Nach der EM: Julian Nagelsmann wird wohl einen Klub übernehmen
Indem Nagelsmann bekannte, gern bereits vor der EM einen Vertrag – offenbar bei einem Klub – unterschreiben zu wollen, unterstrich er nochmal nachdrücklich, was eh schon jeder spürte: Der Bundestrainer-Job ist für ihn nur ein Projekt auf Zeit.
Genau so sind auch seine Kader-Nominierungen zu verstehen. Um dem Projekt EURO dahoam zum größtmöglichen Erfolg zu verhelfen, setzt der 36-Jährige bei der Nationalmannschaft nach zahlreichen gescheiterten taktischen und personellen Experimenten nun voll auf das Konzept Form statt Klasse. Das berühmte Momentum (siehe die vier Profis von Überraschungsteam VfB Stuttgart) ist für ihn das wichtigste Auswahlkriterium.
Nagelsmann kann nun genauso kompromisslos wie Thomas Tuchel sein
Radikale Entscheidungen wie die gestandenen Münchner Nationalspieler Leon Goretzka und Serge Gnabry oder auch den Großteil des BVB-Blocks bei den beiden wichtigen Test-Länderspielen gegen Frankreich und Holland zu Hause zu lassen, trifft eben nur ein Trainer, der sich um die langfristige Zukunft dieser Mannschaft keine Gedanken mehr machen muss – oder will.
Das hat Nagelsmann übrigens mit seinem Nachfolger an der Säbener Straße gemein. Auch Thomas Tuchel ist dort nur noch ein Bayern-Trainer auf Zeit – und agiert mit seiner "Klarheit-bringt-Freiheit"-Einstellung zunehmend kompromissloser. Ein Vorbild für Nagelsmann? Zumindest bei Bayern gibt der Erfolg Tuchel im Moment recht...