Mario Gomez: Verlorener Abend

Bayerns Edeljoker durfte beim DFB-Team endlich mal wieder spielen – überzeugen konnte er nicht. 2 Torschüsse, 23 Ballkontakte, 3 Zweikämpfe gewonnen – und nach 57 Minuten ausgewechselt.
Paris - Dieses Gefühl hatte Mario Gomez zuletzt in Augsburg erlebt, ein paar Tage vor Weihnachten. Es war das Pokal-Achtelfinale, sein Trikot lag bereit – für die erste Elf. Wie gestern Abend in der Kabine des „Stade de France” zu Paris.
Dort hatte man die Dressen nach Rückennummern sortiert. Gomez’ (23) Platz war rechts um die Ecke, alleine, ohne Nebenmann. Stürmerschicksal. Knapp 75 Minuten später war er wieder alleine, zurück an Ort und Stelle. Ausgewechselt beim Stand von 1:1, ohne Torchance, ohne Fortune. Ein verlorener Abend.
Dabei sollte mit dem DFB-Test in Paris die Saison für den Bayern-Stürmer beginnen. Der 27-Jährige ist gesund, fit – aber im Wartestand. Nur 34 Jokerminuten ohne Tor in der Bundesliga stehen 2013 auf seiner Arbeitszeit-Uhr. Bayern-Coach Jupp Heynckes vertraut Mario Mandzukic (26). Der kroatische Mittelstürmer hat fünf Tore in drei Rückrundenspielen erzielt, insgesamt schon 14 in der Liga – Bestwert. Er hat einen Lauf.
Gomez dagegen wird auch gebraucht, als Notnagel vertraut ihm Bundestrainer Joachim Löw. Aber auch nur, weil Miroslav Klose verletzt fehlt. Die Partie war ein Testlauf für Gomez, auch in den WM-Qualifikationsspielen im März wird Klose (Außenband-Teilabrisses im Knie) fehlen.
Für Gomez, den Stürmer unter Beobachtung, lief das Match unglücklich. Ob Müller, Podolski oder Özil – die Zuspiele waren nicht exakt, die Laufwege wirkten nicht abgestimmt. Geblockt, zugestellt. Stichwort fehlender Rhythmus. Nach 57 Minuten nahm ihn Löw raus, spielte fortan ohne echten Stürmer. Eine Botschaft? Ein Denkzettel!
Sein Arbeitsnachweis von Paris: 2 Torschüsse, 23 Ballkontakte, 3 von 14 Zweikämpfen gewonnen (21,4 % – davon 0 von 3 Kopfballduellen), 8 von 13 Pässen angebracht (61,5 %). Er hat sich bemüht – mehr nicht. Bescheiden war’s.
Dabei hatte sich Gomez Anfang der Woche noch kämpferisch gegeben: „Ich weiß, dass ich noch gebraucht werde und wichtig bin für die Mannschaft." Und er beteuerte, die Zuschauerrolle bei Bayern mache ihm wenig aus. Im Verein Mandzukic, in der Nationalelf Klose (34), der bis zur WM 2014 in Brasilien weitermachen möchte – Gomez kämpft an zwei Fronten gegen Rivalen um den Job im Angriff. Und da wäre noch Robert Lewandowski (24). Der Torjäger von Borussia Dortmund steht trotz eines noch laufenden Vertrages bis 2014 auf der Kandidaten-Liste der Bayern. Muss Gomez dann gehen?
Am Mittwoch stellte Lewandowski klar: „In das Thema muss mal Ruhe hinein. Nach dem letzten Saisonspiel werden wir sprechen und dann weitersehen. Im Sommer fällt eine Entscheidung", sagte der Torjäger der „Sport Bild”. Und Bayerns Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge: „Die Geschichte ist über einen spanischen Blog entstanden. Das ist schon eine Art Gerüchteküche, die der Küchenschabe relativ nahe kommt.” Dennoch: Gomez’ Zukunft bleibt ungewiss obwohl sein Vertrag bis 2016 datiert ist. Steht Pep Guardiola, der neue Bayern-Coach ab Juli, eher auf Stürmertypen wie Mandzukic und eben Lewandowski?
ARD-Experte Mehmet Scholl, bis Juni noch Trainer bei FC Bayern II, lobte Gomez, den er bei der EM so hart kritisiert hatte („Er hat sich wund gelegen”), gestern vor Anpfiff: „Was er drauf hat, wissen wir alle – er ist und bleibt eine Tormaschine.” Dann kam das Aber: „Wer den FC Bayern kennt, der weiß, dass nach zwei titellosen Jahren jeder Stein umgedreht wird. Er hat sich nun einer Konkurrenzsituation zu stellen und er wird sich stellen.”
Und das persönliche Verhältnis? Scholl: „Aus seinen SMS kam raus, dass es mit der ganz großen Männerfreundschaft wohl nichts mehr wird.” Gomez hat andere Probleme. Am Samstag gegen Schalke spielt Mandzukic.