2:1 im Klassiker - "mit Siegermentalität"
Paris - Als Deutschland das letzte Mal ein Länderspiel gegen Frankreich gewann, ging Rudi Völler noch mit goldener Lockenpracht auf Torejagd, Lothar Matthäus wurde im Mittelfeld von Matthias Herget beschützt und Eike Immel hechtete zwischen den Pfosten umher. Von 1987 datierte der bis gestern letzte Sieg (2:1) – seitdem wartete der dreimalige Welt- und Europameister auf ein Erfolgserlebnis gegen die Équipe Tricolore.
Den Makel, im Klassiker gegen Frankreich seit über 25 Jahren ohne Erfolgserlebnis zu sein, wollte Bundestrainer Joachim Löw unbedingt tilgen. „Es ist ein Härtetest für uns“, hatte er klar gemacht – dementsprechend engagiert ging sein Team ans Werk.
Schon nach sechs Minuten hatte Mesut Özil die Führung auf dem Fuß, scheiterte aber an Frankreichs Keeper Hugo Lloris und dem eigenen Eigensinn – Mario Gomez wäre neben ihm frei gewesen. Apropos Gomez: Von fünf Absagen (Schweinsteiger, Klose, Götze, Reus, Schmelzer) begünstigt, war für ihn und Lukas Podolski erstmals seit dem EM-Halbfinale 2012 gegen Italien (1:2) wieder in der Startelf Platz. Bayern-Spielmacher Toni Kroos, der sich Hoffnungen auf die Schweinsteiger-Rolle gemacht hatte, saß nur draußen. Dafür startete der Dortmunder Ilkay Gündogan. Schalkes Benedikt Höwedes bekam links hinten den Vorzug vor Jérôme Boateng. Die beste DFB-Chance in Durchgang eins vergab der baumlange Per Mertesacker, dessen Kopfball die Latte küsste (21.).
Kurz darauf durfte sich Comeback-Torwart René Adler („Ich will Spaß haben“) mit einer toller Parade gegen den freistehenden Karim Benzema auszeichnen (27.), der Stürmer war ungeahndet im Abseits gestanden. Irregulär dann auch die Führung der Franzosen, die den Spielverlauf ein bisschen auf den Kopf stellte: Benzema knallte einen Freistoß rechts ans Lattenkreuz, was die Sportskameraden Hummels, Höwedes und Adler in Schockstarre versetzte. Der nur 1,67 Meter große Valbuena sagte „Merci“ und nickte auf Vorlage von Moussa Sissoko ein (44.) – allerdings bediente Sissoko aus einer Abseitsposition heraus.
Die DFB-Antwort folgte sechs Minuten nach der Pause: Gündogan eroberte sich den Ball in Frankreichs Hälfte und bediente Thomas Müller, der erstmals seit November 2011 wieder in einem Länderspiel traf – 1:1. Angetrieben vom starken Franck Ribéry, der dem Bayern-Kollegen Philipp Lahm einen harten Arbeitstag bescherte, hielt Frankreich dagegen – zuerst verfehlte Ribéry Adlers Tor jedoch knapp (68.), dann schoss er ihm in die Arme (72.). „Es ist fast unmöglich, ihn zu hundert Prozent auszuschalten“, hatte Lahm vor dem Spiel gesagt – und Recht behalten.
Wie in Halbzeit eins fiel das Tor dann aber erneut auf der anderen Seite: Mesut Özil passte rechts in den Strafraum, sein Teamkollege von Real Madrid, Sami Khedira, veredelte mit dem Außenrist – ein wahrhaft königliches Tor (74.). Die DFB-Elf begann so das Länderspieljahr zum ersten Mal seit fünf Jahren mit einem Erfolgserlebnis – und holte in Frankreich gar erstmals seit 1935 wieder einen Sieg. Und Müller frohlockt: „Wir haben wieder die Siegermentalität in uns.“