Island fiebert seinem "größten Spiel" entgegen
Das unbeugsame Team Island will nun auch den EM-Gastgeber aus dem Turnier werfen. Die Franzosen sind bemüht, das Gerede vom vermeintlichen Freilos zu beenden. Bundestrainer Joachim Löw hat einen Favoriten.
Bordeaux/Saint-Denis - Joachim Löw hat seinen persönlichen Favoriten für das letzte Viertelfinal-Spiel bei der EM in Frankreich (Sonntag, 21 Uhr, live im ZDF) ausgemacht. "Frankreich ist sicherlich Favorit, spielt zu Hause und hat eine klasse Mannschaft mit großen Individualisten", sagte der Bundestrainer.
Island habe jedoch "für positive Überraschungen gesorgt", so der 56-Jährige weiter. "Ich war schon angetan von Island. Die Mannschaft ist defensiv sehr gut organisiert. Es wird nicht einfach für Frankreich mit so einem Gegner, der in einer Euphorie spielt. Aber ich denke, dass Frankreich es schaffen wird, wenn es seine Leistung abruft."
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Frankreich, Weltmeister von 1998, tritt am Abend im Endspielstadion in Paris gegen das Überraschungsteam von Island an. Das Halbfinale bestreitet Deutschland am kommenden Donnerstag in Marseille.
Tags zuvor ermitteln Portugal und Wales den ersten Endspielteilnehmer.
Staatspräsident kommt
Für den größten Tag der isländischen Fußball-Geschichte gab sogar Eliza Reid klein bei. Zum Hochzeitstag am Sonntag gibt es für die kanadische Ehefrau von Staatspräsident Gudni Johannesson kein romantisches Abendessen mit Champagner bei Kerzenschein. Sondern lauwarmes Bier und einen Stehplatz im Stade de France inmitten zehntausend inbrünstig grölender Wikinger!
Das EM-Viertelfinale gegen den übermächtigen Gastgeber Frankreich, "das ist unser größtes, unser wichtigstes Spiel", sagte Mittelfeldspieler Birkir Bjarnason. Dass der frischgewählte Johannesson samt Gattin in der Kurve steht und die erschütternden "Uh-Uh-Uh"-Rufe der isländischen Fans mit in den Abendhimmel über St. Denis schreit - selbstverständlich.
Die wichtigsten Fakten zu Frankreich gegen Island
AUSSENSEITER
Wenig überraschend - Island hat noch nie gegen Frankreich gewonnen, das letzte Spiel ist aber auch schon vier Jahre her. Spätestens seit dem 2:1 der Nordmänner im Achtelfinale gegen England ist die Grande Nation aber gewarnt. Island ist kein Freilos.
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JUBILÄUM
Zum 80. Mal läuft die Équipe tricolore im Stade de France von St. Denis auf. Bislang hat Frankreich im Nationalstadion nur zehn Mal verloren (49 Siege). Vor den Toren von Paris steigt am 10. Juli auch das Finale.
SERIE
Wenn Island nicht Europameister wird, reißt eine Serie. Die Mannschaft der Trainer Lars Lagerbäck und Heimir Hallgrimsson hat noch kein einziges ihrer EURO-Spiele verloren. Gut, es waren bislang aber auch nur vier.
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AUF WEN MAN ACHTEN MUSS
Kolbeinn Sigthorsson. Steht in Frankreich beim FC Nantes unter Vertrag und wurde im Winter für zu dick und zu langsam befunden. Trumpft jetzt bei der EURO groß auf und empfiehlt sich so für größere Vereine. Könnte mit dem Siegtor (alle Wortspiele erlaubt) zum Staatsfeind Nummer 1 werden.
ZAHLENSPIELE
Die kleine Vulkaninsel zählt rund 330.000 Einwohner. Das sind rund 15 Prozent der Einwohner von Paris. Oder 0,5 Prozent aller Einwohner in Frankreich. Oder 0,1 Prozent aller Menschen, die des Französischen mächtig sind. Ins Halbfinale könnten die Isländer trotzdem kommen, dank 23 Fußballern.
Would Iceland winning the tournament be a bigger shock than Leicester? t.co #FRAISL #EURO2016 pic.twitter.com/ErYxEkQcsM
— UEFA EURO 2016 (@UEFAEURO) 3. Juli 2016
WETTEINSATZ
Frankreichs Schwimm-Olympiasieger Yannick Agnel will, sollte Island sogar den EM-Titel holen, um die Vulkaninsel herumschwimmen. Das findet Islands Trainer Heimir Hallgrimsson witzig, er "würde es aber nicht empfehlen". Aktuelle Wassertemperatur auf der 2000-Kilometer-Strecke: 4 bis 12 Grad.
WAS NOCH ZU SAGEN WÄRE
"Wir können jeden schlagen." (Heimir Hallgrimsson)
Die voraussichtlichen Aufstellungen
Frankreich: Lloris/Tottenham Hotspur (29 Jahre/79 Länderspiele/0 Tore) - Sagna/Manchester City (33/61/0), Samuel Umtiti/Olympique Lyon (22/0/0), Koscielny/FC Arsenal (30/33/1), Evra/Juventus Turin (35/77/0) - Pogba/Juventus Turin (23/35/5), Coman/FC Bayern (20/8/1), Matuidi/Paris St. Germain (29/48/8) - Griezmann/Atletico Madrid (25/31/10), Giroud/FC Arsenal (29/52/18), Payet/West Ham United (29/23/5)
Island: Halldorsson/FK Bodö/Glimt (32 Jahre/37 Länderspiele/0 Tore) - Saevarsson/Hammarby IF (31/61/1), Arnason/Malmö FF (33/51/2), Ragnar Sigurdsson/FK Krasnodar (30/60/2), Skúlason/Odense BK (29/42/0) - Gunnarsson/Cardiff City (27/63/2), Gylfi Sigurdsson/Swansea City (26/43/14) - Gudmundsson/Charlton Athletic (25/51/4), Birkir Bjarnason/FC Basel (28/51/7) - Bödvarsson/1. FC Kaiserslautern (24/25/2), Sigthorsson/FC Nantes (26/43/21)
Schiedsrichter: Björn Kuipers (Niederlande)