Höchst durchschnittlich: Die EM-Noten für die DFB-Profis
Herzogenaurach/München - Einer der Sätze, der von Joachim Löw aus der jüngsten Vergangenheit seines Wirkens als Bundestrainer bleibt, lautet: "Der Serge spielt bei mir immer."
Im EM-Achtelfinale, dem wichtigsten Match seit der WM vor drei Jahren, spielte der Serge, der Gnabry, überraschend nicht. Inkonsequent von Löw? Ja, aber auch konsequent, da der Stürmer des FC Bayern, bei Löw als vorderster Angreifer in einer anderen Rolle, nicht performte bei dieser EM.
16 Tore in 22 Länderspielen, so Gnabrys Quote vor dem Turnier – während der EM blieb er ohne Treffer. Wie auch Timo Werner und Leroy Sané, die anderen, hoffnungsvollen Offensivkräfte.
Mit nur zwei Toren: Havertz bester deutscher Torschütze
Und so darf sich nach dem Euro-Exit im Achtelfinale von London gegen England (0:2) Kai Havertz - in Anführungszeichen - Torschützenkönig des DFB-Kaders nennen, dank seiner zwei Treffer. Auf dem geteilten Rang zwei: Robin Gosens und Leon Goretzka mit je einem Törchen.
Unter freundlicher Mitarbeit der Portugiesen, die der deutschen Nationalmannschaft beim 4:2 gleich zwei Eigentore schenkten, kommt das DFB-Personal auf sechs Tore (sieben Gegentore) in vier Spielen. Womit die drei Besten schon genannt sind. Wer sonst noch welche Note verdient hat, lüftet das große EM-Abschlusszeugnis der AZ – kategorisiert nach Schulnoten:
Note 1: Schlicht niemand.
Note 2: Das offensive Supertalent Havertz zeigte seine kreativen Qualitäten, strahlte auch gegen England als bester Deutscher auf dem Platz die meiste Torgefahr aus. Linksaußen Gosens explodierte gegen Portugal, wurde zum Senkrechtstarter. Gegen Ungarn und in London dann in seiner Offensivpower gehemmt, weil er meist zur Defensivarbeit gezwungen wurde. Daher eine 2-.
Löws Plan mit Musiala bleibt ein Rätsel
Und da ist noch Bayerns Küken Jamal Musiala (18), der zu zwei Jokereinsätzen mit rund zehn Minuten Spielzeit kam. Mit seinem geschmeidigen Dribbling samt schlauem Pass auf Goretzka ermöglichte er das 2:2 gegen Ungarn, den Achtelfinal-Türöffner. Warum Löw Teenie Musiala in Wembley erst in der 92. Minute brachte, bleibt ein ewiges Rätsel.
Note 3: Goretzka kämpfte sich nach Muskelfaserriss im Mai zurück: Einwechslung gegen Portugal mit Schuss an die Oberkante der Latte, Einwechslung gegen Ungarn mit dem Herzblatt-Treffer und ein Startelf-Auftritt in London ohne Wirkung – macht eine 3+.
Allzu viele weitere "befriedigend" gibt's nicht. Torhüter und Kapitän Manuel Neuer, der keine Unhaltbaren hielt, aber auch keine Fehler machte sowie die Verteidiger Matthias Ginter und Mats Hummels. Der Rückkehrer konnte die Dreierkette - im Vergleich zu vorher - als Kopf und Organisator ein wenig stabilisieren, aber eben auch nicht genügend.
Zu viele Spieler kommen nicht auf ihr Niveau
Note 4: Antonio Rüdiger wackelte in der Dreierkette mehr als man sich das vom Champions-League-Sieger mit Chelsea erhofft hatte. Joshua Kimmich konnte - mit geballter Faust in der Tasche - aus seiner Rolle als Rechtsaußen nicht das machen, was er als Sechser leisten kann. Thomas Müller schuftete und sendete ohne Ende, blieb aber auch bei seiner dritten EM ohne Treffer. Die Chance aufs 1:1 gegen England wird ihn noch lange verfolgen. Emre Can (drei Kurzeinsätze), Kevin Volland (2) und Niklas Süle (1) kamen über die Joker-Rolle nicht hinaus, machten bei ihren Einsätzen aber auch nichts kaputt.
Note 5: Marcel Halstenberg dagegen war bei seiner einzigen Einwechslung gegen Portugal mitschuldig am 2:4-Anschlusstreffer. Die Mittelfeld-Zentrale Toni Kroos und Ilkay Gündogan, an der Löw treu und loyal bis zum England-Spiel festhielt, enttäuschte. Gündogan als fleißiger Mitläufer, Kroos ließ Dynamik und Spielwitz vermissen. Mangelhaft die Bewertung des angesprochenen Offensiv-Trios Gnabry (keine Effektivität bei hoher Laufarbeit), Werner (keine Killerqualitäten) und Sané (wieder mal keine positive Ausstrahlung).
Note 6: Keiner, aber haarscharf. Siehe die Fünfer.
Keine Note zu vergeben: Nicht eingesetzt bei der EM: Die Ersatztorhüter Bernd Leno und Kevin Trapp sowie Christian Günter, Lukas Klostermann (Muskelfaserriss), Robin Koch, Jonas Hofmann und Florian Neuhaus. Im Betragen (keiner hat gemotzt!) erhielt das fleißige Trainings-Septett jedoch eine glatte 2.
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