EM-Quali: Tickets, please!
Glasgow - Legendär sind in Glasgow mindestens zwei Dinge: Nein, gemeint sind nicht der Geiz und die Röcke, sondern das schottische Wetter und das Nationalstadion Hampden Park. Bis 1950 galt die Arena als größtes Fußballstadion der Welt. 1937 sahen – wahrscheinlich handgezählte – 149 547 Besucher das Duell Schottland gegen England, bis heute auf der Insel absoluter Zuschauerrekord. Am Montagabend (20.45 Uhr, RTL live) werden alle 52 500 Sitzplätze im EM-Qualifikationsspiel der Schotten gegen die DFB-Auswahl besetzt sein.
Für manche ist die legendäre Arena ein Sehnsuchtsort. „Ich kann zum ersten Mal im Hampden Park dabei sein“, sagte Bundestrainer Joachim Löw am Sonntagnachmittag im „Hilton“, dem DFB-Teamhotel. „Wir alle Freude uns auf die Atmosphäre hier, weil wir den Stolz der Leute, die Leidenschaft und das Herzblut kennen.“ Daher ja der Spitzname „Bravehearts“. Bayern-Keeper Manuel Neuer Freude sich derweil bei seinem ersten Trip nach Schottland auf einen „Länderpunkt“, wie er nach der Ankunft sagte. Da werden selbst Nationaltorhüter zu Groundhoppern.
Und die drei Punkte? „Wir werden da auch ein gutes Spiel machen und das Spiel gewinnen!“, versprach Löw schon am Freitag. Nein, kein Aufschrei, bitte. Das ist keine Hybris des Weltmeister-Coaches – schließlich verloren die Schotten zuletzt 0:1 in Georgien, gaben keinen einzigen Torschuss ab. Und saßen zu allem Überfluss vor der Rückreise noch dreieinhalb Stunden am Flughafen Tiflis fest. Auch wenn die Partien gegen die Arbeiterklasse unter den Fußballnationen immer eng waren, sollte das diesmal nicht der Fall sein.
Bayern-Star glänzt gegen Polen: Pep-Götze und der Jogi-Mario
Die Statistik aber sagt: Von den sechs bisherigen Länderspielen in Schottland konnte Deutschland nur eins gewinnen: 1993 im „Ibrox Park“ mit 1:0 (Tor: Kalle Riedle).
„Es ist das Spiel des Jahres für die Schotten“, meinte Löw höflich, „sie werden um ihre wahrscheinlich letzte EM-Chance kämpfen.“ Alle Spieler des DFB-Kaders sind einsatzfähig, auch der beim 3:1-Sieg gegen Polen leicht angeschlagene Leverkusener Karim Bellarabi. „Wir können absolut sorgenfrei in diese Partie gehen“, sagte Löw, der womöglich diesmal dem Dortmunder Ilkay Gündogan eine Chance von Beginn an geben wird.
Je nach Ausgang der Partien am Montagabend, dem achten Gruppenspieltag, kann die Nationalelf schon das Erreichen der EM-Endrunde 2016 in Frankreich feiern. Bei einem eigenen Erfolg, wenn die Iren gegen Georgien patzen. „Wir wollen die Tabellenführung nicht mehr hergeben“, sagte Jérôme Boateng. Was im Herbst nach der Niederlage in Polen (0:2) und dem 1:1 gegen die Iren etwas in Frage gestellt worden war.
Also könnte es nach Abpfiff in Glasgow heißen: Tickets, please! Her mit den Fahrkarten. Die Unterkunft für das Turnier hat man ja ohnehin schon klargemacht. Das DFB-Team residiert kommenden Sommer am Genfer See, in der Vorbereitung geht es an den Lago Maggiore. Frühbucher wie Teammanager Oliver Bierhoff sehnen stets die frühe Qualifikation herbei. Damit ja keine Häme aufkommt.
„Wir wollen jetzt wieder konstant gute Spiele hintereinander abrufen“, sagte Müller in „BamS“. Der Bayern-Torjäger gab den Plan für das Match in Schottland aus, „zu überzeugen und weitere drei Punkte zu holen.“ Müller denkt aber weiter, mit Blick auf 2016: „Ich hoffe, dass sich in der kommenden Zeit niemand mehr verletzt. Damit wir uns Richtung Euro einspielen und Rhythmus aufnehmen können. Ich sehe uns nun auf einem guten Weg.“ Einzig Oliver Bierhoff mahnte: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu sehr in Euphorie sind und denken, alles ist ein Selbstläufer.“
3:1 gegen Polen - DFB-Matchwinner Mario Götze
Die Anreise jedenfalls war standesgemäß. Auf dem Zubringer-Bus am Frankfurter Flughafen stand nicht die Flugnummer der LH-Maschine, die das Team nach Glasgow brachte, sondern schlicht: Weltmeister. Klare Ansage: Nächster Halt Schottland, der legendäre Hampden Park.
Ach ja, und das Wetter am Sonntag? Untypisch. Unbritisch. Blauer Himmel, sonnig.