Die DFB-Elf und die verflixten zweiten Spiele: Warum Müller vor Ungarn warnt
Spiel zwei in einem Turnier hat etwas Gefährliches, rein psychologisch. Nach einer Niederlage steigt der Druck, punkten zu müssen. Nach einem Erfolg im Auftaktspiel könnte man verleitet sein, die Sache eine Prise zu leicht zu nehmen. Aber wozu hat man denn Routiniers im Team, die schon zig zweite Spiele bei einer EM oder WM bestritten haben - mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Und so sagte Toni Kroos mit Blick auf die Partie am Mittwoch in Stuttgart (18 Uhr, ARD/MagentaTV und im AZ-Liveticker) gegen Ungarn, gegen das die deutsche Mannschaft in den letzten drei Partien nicht gewinnen konnte: "Das nächste Spiel wird definitiv schwerer, da erwartet uns eine Mannschaft, die eine Klasse besser ist als Schottland."
Auch Thomas Müller mahnte, dass das 5:1 gegen Schottland "eben nur der Auftakt war. Rückschläge kommen auch schneller als man denkt". Meist im verflixten zweiten Spiel. Eine Auswahl der Partien, in denen sich die deutsche Nationalmannschaft seit dem letzten Heimturnier, der Sommermärchen-WM 2006, schwer tat:
2006, Odonkors Momentum:

Nach dem 4:2-Auftakterfolg gegen Costa Rica erwartet die DFB-Elf von Jürgen Klinsmann der am schwierigsten eingestufte Gruppengegner. Lange steht es 0:0 in einem hitzigen Spiel in Dortmund. Dann brachte Klinsmann seine Joker, erst David Odonkor (61.), dann Oliver Neuville (71.). Der Dortmunder Odonkor, völlig überraschend im WM-Kader, prescht in seinem erst dritten Länderspiel die rechte Seite entlang, passt in die Mitte und der Gladbacher Neuville vollstreckt - 1:0, fertig war die nächste Euphorie-Stufe.
Schweinsteiger sieht Rot und Deutschland verliert
2008, Schweinsteigers Rot:

Nach dem 2:0 gegen Polen zum Auftakt geht es, wieder in Klagenfurt, gegen Kroatien. In einem zerfahrenen und nickligen Spiel führen die Kroaten, angeführt vom jungen Spielmacher Luka Modric, 2:0 ehe Lukas Podolski verkürzt.
In der Nachspielzeit sieht Bastian Schweinsteiger Gelb-Rot. Die Viertelfinal-Teilnahme hängt am dritten Vorrundenspiel gegen Österreich - und glückt dank des 1:0.
2010, der Podolski-Fehlschuss:

Auf das furiose 4:0 zum Auftakt der WM in Südafrika folgt die Prüfung Serbien in Port Elizabeth. Es läuft alles schief für die Elf von Bundestrainer Joachim Löw. Erst sieht Miroslav Klose Gelb-Rot (37.), Milan Jovanovic (38.) trifft für die Serben. In der 60. Minute verschießt Podolski einen Elfmeter. Mit zittrigen Beinen geht's ins Gruppenfinale gegen Ghana, das 1:0 bedeutet den Achtelfinal-Einzug.
Auf dem Weg zum Titel: Klose rettet ein 2:2 gegen Ghana
2014, Klose als Retter: Auch die Weltmeister von Rio 2014 mussten über die Hürde Spiel Nummer zwei. Das 4:0 zum Auftakt gegen Portugal, als stärkster Gegner der Vorrunden-Gruppe eingeschätzt, ist ein Brustlöser. Thomas Müller trifft drei Mal, Mario Götze ebenfalls. Was soll schon schiefgehen? "Wir hatten immer tolle Gefühle", meinte Müller letzten Freitag in München und erklärte sachlich-nüchtern: "Es geht nicht ums Gefühl, es geht um die Punkte."
Drei davon sollten in Fortaleza gegen Ghana das Achtelfinal-Ticket sichern, was nach Götzes 1:0 zur Pause gut aussieht. Ghana dreht in der zweiten Halbzeit das Spiel, 1:2. Plötzlich wieder Zittern. Mit Ach & Krach und dank Kloses Ausgleich zum 2:2 verschafft sich das Löw-Team eine gute Ausgangsposition für die dritte Partie gegen die USA mit Coach Jürgen Klinsmann - 1:0. Der Weg zum Titel ist geebnet.

WM 2018: Kroos schießt Deutschland zum Last-Minute-Sieg, doch das reicht nicht
2018, die Kroos-Magie:

Bei der Mission Titelverteidigung patzt das DFB-Team dank überbordender Hybris zum Auftakt in Moskau gegen die Mexikaner - 0:1, die Niederlage hätte höher ausfallen können. Mit einer weiteren Pleite in Spiel zwei gegen Schweden wäre Deutschland bereits ausgeschieden. Die Skandinavier erzielen die Führung, zur Pause ist das DFB-Team virtuell schon raus. Marco Reus macht in Halbzeit zwei den Ausgleich, Jérôme Boateng sieht Gelb-Rot.
Toni Kroos erzielt in der Nachspielzeit mit einem sagenhaften Freistoß-Schlenzer das erlösende 2:1. Die Freude hält nur vier Tage, dann folgt mit dem 0:2 gegen Südkorea das historische, weil allererste WM-Aus in einer Vorrunde.