Die Angst vorm Abstieg

Stuttgart - Jeder kennt das: Vor einem großen Familienfest hängt der Haussegen schief. Die Lust auf die rauschende Party ist verfolgen. Bauchgrummeln ist der Vorfreude gewichen. Am liebsten würde man sich wegen Zahnschmerzen entschuldigen.
Manchmal ist das in der Fußball-Bundesliga nicht anders.
Kneifen aber geht hier nicht. So ähnlich geht es dem VfB Stuttgart vor dem Duell gegen den Spitzenreiter FC Bayern, wenn am Mittwoch (20 Uhr/live bei Sky) das Nachholspiel des 17. Spieltags (verlegt wegen der Klub-WM) angepfiffen wird. Die Aufbruchstimmung ist wie weggeblasen. Im Sommer noch wähnte man sich langfristig auf dem Weg an die internationalen Fleischtöpfe, sprich die Champions League – und zumindest mittelfristig als Herausforderer der Bayern. Die sind in Stuttgart immer ein emotionales Thema. Im Winter 2014 ist nicht viel übrig geblieben vom Wunsch, ein Team zu schaffen, das mit jungen Spielern die Liga rockt – wie einst die „Jungen Wilden“.
Vorletztes Jahr wurde ein Verlust von rund zehn Millionen verkündet. Vergangenes Jahr waren es noch rund sechs. Beim 1:2 gegen Mainz war das Stadion nur noch halb voll (optimistische 38000). Angesichts des Wochenprogramms (Bayern – und Samstag bei Leverkusen) hat sich Ernüchterung und Krisenstimmung breit gemacht.
Mancher sieht gar Abstiegssorgen heran rollen. Längst ist auch Trainer Thomas Schneider, dessen Familie im bayerischen Straubing lebt, unter Druck geraten. Dem als harmonisch und intensiv beschriebenen Winter-Trainingslager in Südafrika folgte der K.o. gegen Mainz.
Schon bei Neujahrsempfang am 20. Januar war die Stimmung angespannt. Mitten rein platzte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) ungeschickt mit dem Hinweis, ein glühender Anhänger der Bayern zu sein. Die örtlichen Gazetten berichten von schlechter Stimmung im Kreis der Sponsoren, die einen klaren Plan und Taten vermissten. Der neue Präsident Bernd Wahler, bis Sommer 2013 Manager beim Sportartikelhersteller „adidas“, so heißt es, wolle intern nun hart durchgreifen, was zuerst einmal die mittlere Verwaltungsebene der Direktoren betreffen soll.
Ausgliederungspläne der Profiabteilung liegen vorerst aus Eis, da sich kein strategischer Partner zu finden scheint, der Geld investieren könnte, was angesichts des Fußballs im Mittelmaß wenige überrascht. Sportlich hat der VfB einen kritischen Punkt erreicht. Zwei Niederlagen gegen Bayern und Leverkusen – und der Abstiegskampf wird eröffnet sein.
Eine Überraschung gegen die übermächtigen Bayern käme also gelegen. Man solle nicht alles so schwarzsehen sagte VfB-Manager Fredi Bobic nach der Pleite gegen Mainz. „Ich habe die Gier vermisst, das Spiel unbedingt zu gewinnen“, sagte Bobic. Zumindest die müsste der VfB gegen die „beste Mannschaft der Welt“ (Vedad Ibisevic) allerdings aufbringen. „Wir müssen Punkte holen“, sagt Bobic. „Wir sind in einer Position, wo wir nur an das nächste Spiel denken“.
Und das ist ja auch schwierig genug.