Das Handspiel-Thema beschäftigt die Nationalmannschaft auch zum Jahres-Ausklang
Budapest/München – Applaus, Applaus. Soeben hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann in der Auswärtskabine der Puskás Aréna von Budapest eine letzte Ansprache gehalten, mit wenigen Worten das Jahr 2024 zusammengefasst und auf die kommenden Aufgaben geblickt, da brandete lauter Beifall der Nationalspieler auf. Sie dürfen sich auch selbst applaudieren nach diesem Jahr, das durch den ganz späten 1:1-Ausgleich der Ungarn in der Nachspielzeit lediglich einen kleinen Kratzer erhielt.
Ein Schönheitsfleck – und wieder war eine fragwürdige Entscheidung zum Thema strafbares Handspiel im Strafraum der Aufreger. Die Leidtragenden: Ersatz-Innenverteidiger Robin Koch, der sich wegdrehte, aber aus kurzer Distanz am etwas vor den Körper gehaltenen Arm angeschossen worden war, und Torhüter Alexander Nübel, der von Dominik Szoboszlai einen Panenka-Elfmeter kassierte und damit in seinem zweiten Länderspiel trotz starker Leistung wieder nicht zu null spielen konnte.
Nach dem Ungarn-Remis war Nagelsmann erstmal auf 180
Direkt nach Schlusspfiff, nach dem allerletzten Schuss der Partie in Minute 90.+9, war Nagelsmann noch auf 180. "Ich habe den Schiedsrichter ein bisschen attackiert, das tut mir leid. Er wird rausgeschickt für eine Situation, die er eigentlich richtig bewertet hat. Dadurch schadet man dem Schiedsrichter. Er wird durch das Rausschicken total unter Druck gesetzt. Bei einem Heimspiel für uns hätte er das niemals gepfiffen. Das war eine klare Fehlentscheidung."
Noch auf dem Platz redete er auf den kroatischen Schiedsrichter Duje Strukan ein. "Ich habe ihn gefragt, ob er das Spanien-Spiel auch gesehen hat. Er hat mich, glaube ich, nicht verstanden."
Oh weh! Spanien! Das Reizwort dieses Nationalelf-Jahres. Und 2024 hatte im wahrsten Sinne des Spruches: Hand und Fuß. Müsste man die Mission DFB anno 2024 auf eine einzige Szene reduzieren, würde man wohl das Handspiel des Spaniers Marc Cucurella im Viertelfinale der EM wählen. Schiedsrichter Anthony Taylor pfiff den möglichen Elfmeter nicht, die deutsche Auswahl schied in der Verlängerung gegen den späteren Turniersieger mit 1:2 aus. Monate später gab die Uefa zu: Es hätte ein Elfmeter sein müssen. Schnee von gestern.
Unter Nagelsmann gibt es einen ganz neuen Siegeswillen
In der gern genommenen Rückschau auf das DFB-Jahr waren auch ganz viele glanzvolle, begeisternde Momente der Zauberfüße, des magischen Offensiv-Duos "Wusiala", Florian Wirtz und Jamal Musiala. Sie sorgten für Siege mit Ausrufezeichen, für rauschende Fußballfeste während der Heim-EM und eine sehr ordentliche Jahresbilanz. Schee war's gestern.
Dass sich Bundestrainer Julian Nagelsmann und die Spieler derart über den umstrittenen Handelfmeter von Budapest echauffierten, spricht für den Siegeswillen, die Gier und den Hunger dieser Mannschaft. Und für einen zuversichtlichen Blick auf das kommende Jahr der Nationalelf, in dem der erstmalige Gewinn der Nations League als Ziel ebenso auserkoren ist wie die – im Grunde – selbstverständliche Qualifikation für die WM in Nordamerika 2026.
"Wenn wir 2025 genauso angehen, wie wir 2024 bestritten haben, werden wir 2026 deutlich präparierter sein, als wir es 2024 waren", sagte Nagelsmann am späten Abend in Budapest und prophezeite: "Ich denke, dass da viel entstehen kann." Als Fernziel hatte er ja bereits direkt nach dem so emotionalen Viertelfinal-Aus den WM-Titel 2026 genannt. Den Mutigen gehört die Welt!
2024 gab es nur eine Niederlage - doch die tat richtig weh
Die Jahresbilanz nach dem abschließenden 1:1 der souverän gewonnenen Nations-League-Gruppenphase in Budapest: 15 Spiele, zehn Siege, vier Remis und eben diese eine, so bittere Niederlage. Schmerz von gestern.
"Das Wir-Gefühl, das ich spüre, hatte ich noch nie. Das hat mir persönlich viel gegeben", meinte Nagelsmann. Sein Fazit zum DFB-Jahresende steckt voller Hoffnung: "Es ist ein guter Weg, ich bin unglaublich zufrieden."
Und er selbst? Wie hat er sich nach Antritt seines Jobs im September 2023 entwickelt? "Ich habe gelernt, dass ich nicht zu allem meinen Senf dazuzugeben muss. Das tut mir auch ganz gut." Schmäh von gestern.