Brasilianische Krönung: Jogi Löws größte Erfolge
München - Rom - ausgerechnet Rom, das "Stadio Olimpico", wäre der Austragungsort des Viertelfinales gegen die Ukraine gewesen. Gegen eine Mannschaft, die selbst dieses DFB-Team im Herbst 2020 im Rahmen der Nations League zwei Mal bezwungen hatte.
Mamma mia! Rom, diese für die Nationalelf heilige Stätte seit dem Brehme-Elfer von 1990 und dem Afterwork-Abendspaziergang von Franz Beckenbauer mit der WM-Medaille um den Hals.
Nix da, Roma. Niente. Hätte, hätte, Dreierkette. Die Nationalspieler haben nun Urlaub, die meisten drei Wochen. Wie bitter, dass diese EM noch rund zehn Tage in ihren Köpfen und Handys herumspukt. Ex-Bundestrainer Joachim Löw (das Ex kommt einem nur schwer über die Tasten) hat nun auch Ferien, sein Vertrag endete. Der 61-Jährige, der sich als Trainer im Herbst seiner Karriere nicht mehr neu erfinden konnte, ist ein freier Mann. Hat nun viel Zeit zum Nachdenken, Zeit sich zu erinnern. An die schönen, erfolgreichen Tage seiner 15 Amtsjahre.
Jogi Löw stand jahrelang für Erfolg
Denn tatsächlich, ja - Löws Ära war auch eine Ära des Erfolgs. Der Triumph von Rio 2014, das Erreichen des EM-Finales 2008, aber auch die Tatsache, bei allen Turnieren seit 2008 (mit Ausnahme der WM 2018 und dieser EM) mindestens das Halbfinale erreicht zu haben, kann sich Löw ans Revers heften. Ganz nett war auch der Confed-Cup-Gewinn 2017 mit einer Perspektivmannschaft. Doch dieser Jungbrunnen-Erfolg verursachte so viele euphorische Nebelkerzen, dass der nüchterne Blick auf den Status quo der eigentlichen Nationalelf erschwert war und bei der WM 2018 in Russland zum bösen Erwachen führte.
An dieser Stelle aber soll Löw mal gewürdigt werden. Im Herbst 2004 war er gemeinsam mit Trainernovize Jürgen Klinsmann (der sich eher als Motivationstrainer à la Jürgen Höller entpuppte) sowie Teammanager Oliver Bierhoff angetreten, den darniederliegenden deutschen Fußball nach dem Vorrunden-Aus bei der EM in Portugal (unter anderem nach einem 0:0 gegen Lettland und einem 0:3 gegen Tschechien) zu erwecken.
Klinsmann: "Jogi ist alles andere als ein Hütchenaufsteller"
"Mit Löw habe ich einen kompetenten Wunschkandidaten gefunden, der alle meine Anforderungen erfüllt", teilte Klinsmann am 30. Juli 2004 wie immer total aufgekratzt und happy mit. Der 44-jährige Löw, wie sein neuer Chef und Bierhoff mit einem Zweijahresvertrag bis inklusive der Heim-WM 2006 ausgestattet, bezeichnete seine Berufung "als großen Vertrauensbeweis".
Klinsmann betonte seinerzeit, dass er in seinem Co-Trainer einen Partner sieht: "Ich werde Jogi viel Verantwortung übergeben und bin mir absolut sicher, dass sie bei ihm in richtigen Händen ist. Jogi ist für mich alles andere als ein Hütchenaufsteller."
Bei der Sommermärchen-WM 2006 stellte Löw die richtige Trainingssteuerung und die jeweils richtige Taktik auf - bis in der Verlängerung des Halbfinals gegen Italien Schluss mit Party war - 0:2. Doch inklusive des Spiels um Platz drei (3:1 gegen Portugal) hatte die Mannschaft mit Schweini & Poldi, mit Jürgen & Jogi eine Euphorie ausgelöst, die ein ganzes Land mitriss und ein neues, fröhliches Bild der Deutschen im Ausland erzeugte.
Lange war nur Spanien besser als die DFB-Elf
In diesem Sog und mit der Spielergeneration um Capitano Michael Ballack erreichte das Team das EM-Finale 2008. Hätte es nicht die Goldene Generation der Spanier um Xavi & Iniesta gegeben: Wer weiß: Vielleicht hätte Löw 2008 den EM-Titel (0:1 im Finale gegen Spanien) und 2010 in Südafrika mit Capitano-Erbe Philipp Lahm den WM-Titel (0:1 im Halbfinale gegen Spanien) gewonnen.
So erklomm Löw erst 2014 in Rio den Olymp, setzte sich mit dem WM-Titel auf eine Stufe mit den Trainerlegenden Sepp Herberger (1954), Helmut Schön (1974) und Franz Beckenbauer (1990) und brachte Deutschland den vierten Stern, Ob Hansi Flick sich 2022 dazugesellt?