Alles Kopfsache! Ex-Profi Callsen-Bracker bei den DFB-Frauen mit besonderer Funktion
Sprints und Passübungen müssen die Spielerinnen bei ihm nicht machen. Auch sonst kommen sie eher selten ins Schwitzen, eher ins Grübeln. Zungenkreisen übt Jan-Ingwer Callsen-Bracker mit den deutschen Nationalspielerinnen. Oder Augenrollen.
"Nicht alltäglich" seien die Trainingsmethoden des ehemaligen Bundesliga-Profis, wie er zugibt. Callsen-Bracker ist im Team zuständig für die Bewegungseffizienz - und die geht er mit neurozentriertem Training an.
Callsen-Brackers Training kommt gut an
Stürmerin Klara Bühl ist großer Fan des ehemaligen Verteidigers, der in der Bundesliga bei Leverkusen, Gladbach und Augsburg gespielt hat. Sein Training sei verantwortlich für ihr "gutes Körpergefühl". "Ich arbeite fast täglich mit ihm zusammen, das hilft mir enorm", sagte sie im Trainingslager.
Bei Callsen-Bracker ist das Nervensystem der zentrale Ansatzpunkt, um Schmerzen zu lindern und Bewegung effizienter zu machen. Er macht mit den Spielerinnen sensomotorische Übungen. Verteidigerin Marina Hegering beschreibt es wie folgt: "Es kann manchmal nur eine Augenbewegung sein, die man mehrfach wiederholt und gleichzeitig noch eine motorische Bewegung macht", sagte sie. "Dabei verändert sich plötzlich die Wahrnehmung von dem, was vorher nicht so gut funktioniert hat."
Augenbewegungen trainieren Rumpf-Stabilität
Die Spielerinnen trainieren einzeln bei dem 37-Jährigen. Er kümmert sich um die Reize, die der Körper aufnimmt und weiterverarbeitet, den "Input" in den Körper also. Ein Beispiel: Durch Training der Augenbewegungen wird ein Areal im Kleinhirn aktiviert, das auch dafür verantwortlich ist, dass der Rumpf stabil ist. Durch einen stabilen Rumpf können wir unsere Bewegungen besser koordinieren und gezielter einsetzen.
Callsen-Bracker war nie verletzt, debütierte mit 18 in der Champions League und wurde dann im Training umgetreten. Syndesmoseanriss, Meniskuseinriss, Mittelfußbruch, Entzündung der Fußsohle, mehrere Operationen, chronische Schmerzen.
Trainingsmethode bisher vor allem in den USA verbreitet
2011 stieß er auf den neurozentralen Ansatz, war zunächst skeptisch, ließ sich aber darauf ein. Ein "Aha-Moment", wie er später sagt. "Ich habe im Endeffekt nur die Symptome behandelt, aber nie die Ursache gefunden", sagte er 2020 im "kicker". Er beschäftigte sich damit, ging während seiner aktiven Zeit im Sommer in die USA, wo diese Trainingsmethode verbreitet ist, und absolvierte Seminare.
Er ist nicht der Einzige, der neurologische Erkenntnisse für das sportliche Training nutzt, vor allem in der Leichtathletik und im Wintersport ist der Ansatz verbreitet. Gina Lückenkemper nutzt ihn, ebenso Rennrodel-Olympiasiegerin Tatjana Hüfner und früher auch Per Mertesacker.
Seit 2019 betreut Callsen-Bracker das neurozentrierte Training beim DFB.