Ferdinand Gerz: Vorsicht vor Ratten und Fäkalien

Der Münchner Segler Ferdinand Gerz spricht im AZ-Interview über verdreckte Gewässer und drehende Winde: "Der Super-GAU wäre natürlich eine Magen-Darm-Infektion, das versuchen wir zu vermeiden."
von  Florian Auburger
Segelte 2012 in London in der 470er-Klasse auf Platz 13: Ferdinand Gerz (27, vorne), damals noch mit Vorschoter Patrick Follmann.
Segelte 2012 in London in der 470er-Klasse auf Platz 13: Ferdinand Gerz (27, vorne), damals noch mit Vorschoter Patrick Follmann. © dpa

AZ: Herr Gerz, es gibt massive Kritik am Segelrevier in Rio. Viele beklagen die schlechte Wasserqualität, berichten sogar von Fäkalien und Ratten, die im Wasser treiben. Wie stellen Sie sich darauf ein?
Ferdinand Gerz: Dort schwimmt an manchen Stellen schon viel Müll herum. Der Super-GAU wäre natürlich eine Magen-Darm-Infektion, das versuchen wir zu vermeiden. Wenn wir viel Wind haben, dann schlucken wir auch gut Wasser als Segler. Je nach dem, ob man dort am falschen Ort zu viel Wasser schluckt, kann es gut passieren, dass man sich da was einfängt.

Aber nicht nur die Wasserqualität macht das Segeln dort schwierig.
Das erste Mal in Rio waren wir 2014 im Sommer, da startete die Vorbereitung. Wir waren insgesamt sieben Mal für jeweils drei Wochen dort. Das Segelrevier in Rio kombiniert die Eigenschaften vieler Gewässer. Wir segeln ja sowohl innerhalb als auch außerhalb der Guanabara-Bucht. In der Bucht ist der Wind Inkonstant, dreht oft, wie auf einem See. Gleichzeitig ist die Strömung stark, wie auf einem Fluss. Außerhalb der Bucht gibt es vier bis fünf Meter hohe Wellen. Das macht das Segeln schwierig, aber auch spannend.

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Nehmen Sie und Ihr Vorschoter Oliver Szymanski Ihr eigenes Boot mit?
Ja, bei uns in der 470er-Klasse dürfen wir unser eigenes Material benutzen. Wir haben zwei Boote dorthin gebracht, die baugleich sind. So sind wir für etwaige Kollisionen gerüstet. Es kann eben auch mal sein, dass wir einem Schrank oder einem Holzteil auf dem Wasser begegnen.

Traum von der Medaille

Bei den Olympischen Spielen 2012 in London segelten Sie auf Platz 13. Was ist jetzt Ihr Ziel?
Natürlich träumen wir von einer Medaille. Wir gehören aber eher zum erweiterten Favoritenkreis. Ich bin auch gespannt, wie die Stimmung in Rio sein wird. In London waren wir Segler nicht im Olympischen Dorf untergebracht, sondern wurden nach Weymouth ausgelagert, 200 Kilometer südwestlich von London. Da war das Segelrevier. In Rio werden wir im Olympischen Dorf wohnen.

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Also lieber Olympisches Dorf?
Einerseits ja, auf der anderen Seite fällt es manchmal schwer, sich auf den Wettkampf zu konzentrieren. Aber jetzt ist es schon cooler. In Rio werden wir ein größeres Publikum als in London haben – und auch mehr von den Olympischen Spielen mitbekommen.

200 Tage im Jahr auf dem Wasser

Wie verbringen Sie die letzten Stunden vor dem Wettkampf?
Vor dem Rennen sind wir gut durchgetaktet. Das könnte sich bei den Spielen ein wenig verschieben, weil wir eine weitere Anreise haben vom Olympischen Dorf zum Segelrevier. Normal gehe ich eine kleine Runde laufen, dehne mich, mache Gymnastik. Ungefähr 60 bis 75 Minuten vor dem Start gehen wir aufs Wasser, segeln uns ein. 20 Minuten vor dem ersten Rennen beginnt die richtige Startvorbereitung. Dann messen wir die Linie aus. Vor dem Start geben wir uns beide einen Check mit der Faust.

Wie viele Tage im Jahr sind Sie auf dem Wasser?
Ungefähr 200 Tage. Das ist schon viel. Es kommen ja noch Reisetage dazu und Tage, an denen kein Wind ist.

Gardasee als Lieblingsort

An welchen Orten verbringen Sie diese Tage am liebsten?
Einerseits auf dem Wörthsee, dort ist ja mein Segler-Verein. Schön war Australien mit 30 Grad und sechs Windstärken. Cool ist auch der Gardasee. Dort kann ich Berg und Wasser gut verknüpfen.

Und wieso der Gegensatz zwischen Wasser und Berg?
Ich klettere, fahre Moutainbike und Snowboard und steige gern auf Berge. Das Meer ist schon spannend, hat viel zu bieten. Andererseits ist die Atmosphäre in den Bergen eine ganz andere. Es ist ruhiger. Da kommt man gut zur Ruhe.
 

 

 

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