Alexandra Wenk: „Ein Münchner Kindl“
München - Zum Abschied aus München flossen bei Alexandra Wenk (21) Tränen. Der Rührung. Der Vorfreude. Alle ihre Teamkollegen von der SG Stadtwerke München waren an diesem Mittwoch vor zwei Wochen an den Flughafen gekommen, um ihre drei Olympia-Schwimmer – Wenk, Florian Vogel und Philipp Wolf – nach Brasilien zu verabschieden. Und Wenk weinte. „Dass es jetzt wirklich real ist, ist Wahnsinn. In London war das alles für mich eher surreal, jetzt nehme ich das viel bewusster wahr“, sagte sie bei München TV mit Blick auf ihre erste Olympia-Teilnahme 2012.
Mittlerweile ist Wenk nach einem Zwischenstopp im Trainingslager in Florianopolis in Rio angekommen, gestern besichtigte sie zum ersten Mal die Olympia-Schwimmhalle, wo sie über 100 Meter Schmetterling, 200 Meter Lagen und mit der 4 x 100 Meter-Freistilstaffel starten wird. „Mega mega cool und das Wasser fühlt sich auch schon mal gut an“, schrieb sie bei Facebook. Auch zu Hause steigt die Nervosität: „Olympia ist ein ganz anderes Gefühl als bei einer WM oder EM. Für Alexandra ist die Olympiateilnahme die Bestätigung ihrer Arbeit“, sagt Mutter Gabriele Wenk-Baka der AZ.
Alexandra Wenk ist eine der Olympiahoffnungen des Deutschen Schwimmverbandes – vielleicht nicht unbedingt auf Medaillen, aber zumindest auf einen Finalplatz. Bei der deutschen Meisterschaft Anfang Mai in Berlin hatte sie sogar den deutschen Topschwimmern Marco Koch und Paul Biedermann die Schau gestohlen. Vier deutsche Rekorde schwamm sie damals innerhalb von 30 Stunden. Über die 200 Meter Lagen unterbot sie zweimal den 35 Jahre alten Rekord, wurde auch über die 100 Meter Schmetterling deutscher Meister. „Wenn ich bei Olympia bin, will ich auf jeden Fall durchstarten“, sagte sie damals der „Süddeutschen Zeitung“, „mal sehen, wie weit ich komme. Ich habe Bock, richtig abzugehen.“
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Erste deutsche Meisterschaft mit 13
Dieses Selbstbewusstsein ist typisch für Wenk, sie ist ehrgeizig, extrovertiert, sagt, was sie denkt. „Ich hoffe sehr, dass sie über beide Strecken in Rio persönliche Bestzeit schwimmt. Ihr Ziel ist schon das Finale“, erzählt die Mutter, die einst selbst EM-Silber holte. „Aber wenn sie Bestzeit schwimmt und es reicht nicht, dann ist es halt so, dann muss man das akzeptieren.“ Heute fliegt Wenk-Baka selbst nach Rio ab.
Sie war es auch, die indirekt dafür sorgte, dass Alexandras Karriere begann. „Ich wollte einfach, dass sie schwimmen lernt, damit ich mir am Strand keine Sorgen machen muss“, erinnert sie sich. Doch die Leiterin des Schwimmkurses erkannte ihr Talent, empfahl der Mutter, dass die Tochter einem Schwimmverein beitritt. Da war sie sieben Jahre alt. Mit 13 gewann sie ihre erste deutsche Meisterschaft, mit 17 qualifizierte sich als damals jüngste Schwimmerin für die Olympischen Spiele in London.
Seit sie vor zwei Jahren ihr Abitur gemacht und ein Fernstudium, das im Moment ruht, der Wirtschaftspsychologie an der HAM Erding begonnen hat, bleibt auch wieder mehr Zeit für Training. „Sie arbeitet sehr zielstrebig auf ihre Ziele hin, sie investiert schon sehr viel“, sagt die Mutter, die es ja wissen muss: Alexandra wohnt noch daheim bei den Eltern. „Die Familie ist ihr sehr wichtig, sie macht sich viele Gedanken“, sagt die Mutter. Nach Olympia will sich Alexandra Wenk mit einer Reise durch die USA belohnen. Las Vegas, San Francisco, Los Angeles, New York lauten ihre Ziele. Und dann ist sie immer wieder froh, wenn sie nach München kommt. „Hier fühlt sie sich am wohlsten“, sagt die Mutter, „sie ist ein echtes Münchner Kindl.“
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Alexandra Wenk im Steckbrief
Sportart: Schwimmen
Größe: 1,79 Meter
Gewicht: 61 Kilogramm
Verein: SG Stadtwerke München
Beruf: Studentin (Wirtschaftspsychologie)
Erfolge: 7 mal deutsche Meisterin im Einzel, EM-Gold 2012 in der 4 x 100-Meter-Lagen-Staffel, Bronze bei der Kurzbahn-EM 2015 über 100 Meter Schmetterling, WM-7. 2015
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