Interview

Felix Magath mit Kritik am FC Bayern und TSV 1860 München: "Beide nicht in ihrer besten Phase"

Als Uli Hoeneß das Profil des neuen Bundestrainers zeichnete, dachte Felix Magath: "Der meint ja mich!" In der AZ spricht er über ein Beinahe-Engagement bei 1860, den DFB und Führungsspieler beim FCB.
Thomas Becker |
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"Bayern und 1860 haben nicht ihre beste Phase": Magath spricht (v. l. n. r.) über Eberls FCB-Aussichten, den Nicht-Unbedingt-Freund Hoeneß, Gesprächen mit den Löwen unter dem damaligen 1860-Präsidenten Gerhard Mayrhofer und das Bundestraineramt, das nun Julian Nagelsmann betreut.
"Bayern und 1860 haben nicht ihre beste Phase": Magath spricht (v. l. n. r.) über Eberls FCB-Aussichten, den Nicht-Unbedingt-Freund Hoeneß, Gesprächen mit den Löwen unter dem damaligen 1860-Präsidenten Gerhard Mayrhofer und das Bundestraineramt, das nun Julian Nagelsmann betreut. © APress/Imago

AZ: Herr Magath, mit dem Länderspiel gegen die USA beginnt die Zeit des neuen Bundestrainers Julian Nagelsmann. Korrekt, dass Sie sich die Flick-Nachfolge auch hätten vorstellen können? Gab es Kontakt zum DFB?
FELIX MAGATH: Nein. Es war vorher klar, dass ich nicht der Liebling des DFB bin. Aber neulich war ich in der Innenstadt, als ein Mann mich ansprach mit: "Der Bundestrainer der Herzen". Endlich mal einer, der das richtig erkannt hat! (lacht) Der Ablauf war ja so: Stefan Effenberg, durchaus ein Fußball-Fachmann, sagte: ‚Der Felix muss es machen!' Dann Didi Hamann: ‚Magath wäre der Richtige.' Daraufhin habe ich gesagt, dass ich das Anforderungsprofil des DFB nicht kenne, aber in dieser Situation jemanden nehmen würde, der sich damit auskennt, Mannschaften zu übernehmen, die instabil sind, und diese wieder nach oben bringt. Ich traue mir das zu. Selbst Uli Hoeneß — nicht unbedingt ein Freund von mir — hat eine Beschreibung abgeliefert, bei der ich dachte: 'Der meint ja mich!'

Felix Magath über den TSV 1860 München: "Ein Jammer"

Nicht nur die DFB-Elf, auch die beiden großen Münchner Klubs machen mal wieder bewegte Zeiten durch. Wie erleben Sie den FC Bayern und den TSV 1860 gerade?
Unterschiedlich (lacht). Wobei beide nicht ihre beste Phase haben. Der TSV: Vor einigen Jahren hatte ich intensiveren Kontakt mit der Vereinsführung. Ich hätte mir sehr gut vorstellen können, die Sechzger als Trainer zu übernehmen. Doch dann gab es Querelen, man wollte sich vom Investor trennen — und der Vorstand trat zurück. Damit war das für mich kein Thema mehr. Ich verfolge das Geschehen natürlich, weil ich nur ein paar Straßen entfernt vom Grünwalder Stadion lebe. Ein-, zweimal im Jahr gehe ich hin, um mir ein Spiel anzuschauen. Es ist natürlich ein Jammer, dass dieser Traditionsklub, der das sogenannte Potenzial hätte, Bundesliga zu spielen, aber momentan zwei Klassen tiefer herumdümpelt. In London spielen sieben oder acht Erstligisten, dazu vier oder fünf Zweitligisten: Da lebt der Fußball! Die Stadien sind mitten in der Stadt — und alles funktioniert! Hier kriegen wir es nicht mal hin, zwei Vereine in einer Stadt zu haben. Wenn Sechzig ein Heimspiel hat, ist halb Giesing abgesperrt, da ist selbst mit dem Fahrrad kaum ein Durchkommen. Unabhängig davon habe ich keine Ahnung, wer sich da im Moment wieder mit wem streitet. Man verliert einfach den Überblick.

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Ohne Uli Hoeneß wird im FC-Bayern keine Entscheidung getroffen

Schauen wir zu den Roten: Wie kann sich ein Rekordmeister kurz vor dem Meisterschaftsfinale so dermaßen selbst zerlegen, indem er die sportliche Führung rauswirft?
Die Problematik ist ja die: Der FC Bayern wurde seit 1980 von Uli Hoeneß geführt und geprägt, und wenn jemand, der so lange im Verein das Sagen hatte, zurücktritt, dann gibt es Probleme. Man kann das im Grunde nur mit Manchester United vergleichen: Da war mit Alex Ferguson auch jemand, der den Verein über Jahrzehnte geprägt hat, und seit er aufgehört hat, kriegt Manchester United keine Stabilität rein! Sie haben sehr viel Geld und immer noch Weltruf, aber der Klub läuft auch seinen Zielen hinterher. Nach dem Rücktritt von Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge ist der Verein in folgende Situation gekommen: Es gibt keine Nachfolger, die diese Position so ausfüllen. Kann es fast auch nicht geben. Mit Kahn und Salihamidzic hat man zwei ehemalige Spieler genommen, aber die hatten andere Voraussetzungen als Hoeneß und Rummenigge damals. Die beiden haben den Verein über Jahrzehnte Stück für Stück entwickelt. Kahn sollte nun einen Weltclub führen, und das kann er natürlich nicht so machen wie Hoeneß das über Jahrzehnte getan hat. Trotzdem hat es der FC Bayern natürlich sehr viel besser hingekriegt als Manchester United, denn Bayern ist nach wie vor die Nummer 1 in Deutschland. Der Umbruch mit der neuen Führung ist dennoch komplex. Denn auch wenn Hoeneß nicht mehr operativ tätig ist und nicht regelmäßig an der Säbener Straße sitzt, hat sich nicht viel daran geändert, dass an ihm vorbei keine Entscheidung getroffen wird.

Aber wenn Max Eberl kommt, wird alles gut, oder?
(lacht) Ich weiß nur, dass er Gladbach verlassen hat, als es da auch nicht mehr lief und stark kriselte. Mit den Auswirkungen der damaligen Probleme hat Gladbach ja immer noch zu kämpfen. Und danach die Station Leipzig: Es hat nicht gepasst, wenn einer nach nur ein paar Monaten plötzlich entlassen wird. Trotzdem ist er ein anerkannter Fachmann, und es wäre keine Überraschung, wenn er Sportvorstand beim FC Bayern werden würde.

Was Magath von Bayern-Trainer Thomas Tuchel hält

Noch einer mehr, mit dem sich der auch noch recht neue Bayern-Coach Thomas Tuchel auseinandersetzen muss. Was halten Sie von ihm?
Ich kann von außen nur das beurteilen, was sportlich zu sehen ist: die Leistung, und da muss man sagen, dass er die Mannschaft, trotz der gewonnenen Meisterschaft, im letzten halben Jahr noch nicht in die Spur gekriegt hat. Der FC Bayern hangelt sich in der Liga nach oben, aber er marschiert nicht. Man hat im Moment nicht den Eindruck, dass der FC Bayern - er war ja einer der besten Vereine Europas - diese Position auch in dieser Saison erreichen könnte. Aber das, was bisher passiert ist, war ja nur ein Aufwärmen. Erst nach der Winterpause, wenn sie in allen drei Wettbewerben richtig gefordert werden, wird man sehen, wohin die Reise geht. Ich bin aber sicher, dass sie auch dieses Jahr wieder Meister werden.

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Wie es in der Kabine zugeht, wissen wir ja nicht, aber wenn der Trainer öffentlich mehrfach festhält, dass er keine sogenannte ‚holding six' hat, vom Rudelführer Joshua Kimmich ebenso öffentlich Contra bekommt, dann fragt man sich schon, wie gut da die Stimmung in der Kabine überhaupt sein kann?
Das hätte er besser intern gemacht anstatt in der Öffentlichkeit. Damit hat er Kimmich, der in dieser Phase eh Probleme hatte, natürlich nicht geholfen. Es war Kimmich in den letzten Jahren derjenige, der den FC Bayern sportlich maßgeblich geprägt hatte, er war immer eine feste Größe und ein wichtiger Ansprechpartner für die vorherigen Trainer. Und da Thomas Tuchel diesen Satz mehrfach sagte, muss man ja davon ausgehen, dass das nicht zufällig war, sondern dass er das ganz bewusst gemacht hat. Karl-Heinz Rummenigge hatte ja vor Wochen mal angedeutet, dass die Führungsrollen in der Mannschaft neu gebildet werden müssten: Das ist im Grunde das entscheidende Thema. Ein großes Problem war in der vergangenen Saison sicher, dass man zunächst Robert Lewandowski als Führungsspieler verlor, dann auch noch Manuel Neuer durch seine Verletzung. Darunter hat auch Kimmich gelitten. Ich bin sicher: Wäre Neuer im Tor geblieben, wäre die Mannschaft viel stabiler gewesen.

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6 Kommentare
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  • Tscharli am 16.10.2023 17:27 Uhr / Bewertung:

    Hat Magath zu viel Heidi Klum geschaut um zu lernen wie man in der Öffentlichkeit bleibt?

  • Boettner-Salm am 16.10.2023 14:45 Uhr / Bewertung:

    Tja, ein Felix Magath würde den verhätschelten Profis schon helfen.
    Erst würde er denen die Handys wegnehmen und dann zeigen wie man ohne Berater aufs Klo geht.

  • MUC am 16.10.2023 12:49 Uhr / Bewertung:

    "Wenn Sechzig ein Heimspiel hat, ist halb Giesing abgesperrt, da ist selbst mit dem Fahrrad kaum ein Durchkommen." Daran sollte die Stadt arbeiten und sich ein Beispiel an London nehmen, also 20.000 reinlassen und guad is ... während der Wiesn ist an mind 16 Tagen am Stück im Umkreis der Wiesn sicher mehr Verkehr etc..

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