Xabi Alonso: Mehr als Chef auf dem Platz

München - Es ist die 80. Minute: Es gibt Freistoß für den FC Bayern, rund 23 Meter vom Tor des VfB Stuttgarts entfernt. David Alaba läuft an, zirkelt den Ball über die Mauer - genau in die Arme von Sven Ulreich. Es ist keine große Chance, daher eigentlich nicht erwähnenswert. Was aber erwähnenswert ist, dass Alaba den Freistoß geschossen hatte. Denn neben ihm beim Ball stand Xabi Alonso.
Der große Xabi Alonso, der Weltstar, der vor kurzem vom großen Real Madrid zum FC Bayern gewechselt war. Und der sich innerhalb von zwei Spielen nicht nur zum Chef im Spiel der Bayern aufgeschwungen hat, er nimmt es ein. Alonso ist wie ein Magnet, zieht alles an. Er ist der Lenker, der Dirigent, und eben auch Freistoßschütze. Die Bayern in der Einzelkritik: Die AZ-Note von Xabi Alonso
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150 Ballkontakte hatte Alonso gegen den VfB, 43 mehr als der zweitbeste Bayer Jérôme Boateng, unglaubliche 92 mehr als der beste Stuttgarter Florian Klein. 132 Pässe spielte er, 118 fanden den Mitspieler, 11,82 Kilometer lief er – alles Topwerte bei den Bayern. Alonso verteilte vor der Vierer-Abwehrkette die Bälle, dirigierte seine Gegenspieler, deutete an, wo sie hinlaufen sollen, lief ihnen entgegen, um nach dem Pass wieder anspielbar zu sein. Kurz und knapp: Alonso war an jedem Angriff der Bayern beteiligt.
Und er sorgte immer wieder für Raunen bei den 71.000 Zuschauern. Punktgenau fand er mit seinen langen Diagonalpässen die Mitspieler, von nur Kurzpass-Spiel a la Tiki-Taka wenig zu sehen. "Er hat Augen für den kurzen Pass, für den langen Pass. Er kennt einfach seine Position", sagte Trainer Pep Guardiola zur AZ. Und so war es nicht verwunderlich, dass das Führungstor beim 2:0-Sieg gegen den VfB durch Mario Götze nach einem Freistoß fiel, den Alonso geschlagen hatte. "Das ist ganz große Fußballklasse", lobte auch der gegnerische Sportdirektor Fredi Bobic. "Den kannst du aus dem Bett holen und der spielt die das runter. Der hatte 150 Ballkontakte und ich habe maximal einen Fehlpass gesehen. Das sagt schon alles."
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Den FC Bayern beglückwünschte er zu diesem Coup und sprang Bayern-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge im Hinblick auf die Diskussion um zu viele Spanier beim FC Bayern zur Seite. "Da kannst du jede Kritik in die Tonne kloppen“, sagte Bobic. Aber Guardiola warnt auch. "Wir müssen Xabi helfen. Wenn er alles machen muss, immer vor-zurück, vor-zurück, ist er in drei Monaten tot", sagte der Spanier mit einem verschmitzen Lächeln.
Aber der spanische Welt- und Europameister Alonso ist mehr, mehr als nur der Ballverteiler der großen Fußballklasse. Er ist nicht nur der spielerische Kopf, er ist Mahner, er ist Antreiber. Alonso war es, der Schiedsrichter Kinhöfer reklamierte, der seine Mitspieler nach einer misslungenen Aktion mit Beifall aufmunterte. Und der zur Grätsche ansetzte, wenn es sein musste. Seine Körpersprache sagt: Hier bin ich. Ich bin der Chef. Ich suche nicht das Spiel, das Spiel sucht mich.
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Das ist seine Sprache auf dem Platz. Eine andere ist es nach dem Spiel, wenn es darum geht seine und die Leistung der Mannschaft zu analysieren. Dann ist er zurückhaltend, ganz und gar nicht fordernd. Eher bescheiden. Nach seinem starken Auftritt auf dem Platz, vermied er den Auftritt vor der Presse. "Tut mir leid, heute nicht", sagte freundlich, aber bestimmt und ging sich mit Landsmann Juan Bernat unterhaltend an der wartenden Journalistenschar vorbei. Auch wenn er der Chef ist und mehr als das, weiß er, wann seine Mitspieler an der Reihe sind.