Vorhang auf: Das sind die besten Momente der Doku des FC Bayern
München - Thomas Müller wurde schwach. "Eigentlich habe ich gesagt, wenn einer mit der Kamera in die Kabine kommt, höre ich auf", gestand der Nationalspieler.
Der Star vom FC Bayern, ausgestattet mit einem hohen Maß an Sendungsbewusstsein (Spitzname "Radio Müller"), spielt weiter Fußball. Und so ist Müller als einer der Protagonisten Gold wert für die Amazon-Prime-Dokumentation "Behind The Legend", deren sechs Folgen seit Dienstag abrufbar sind. Denn Müller, der selbsternannte Humorbeauftragte der deutschen Kicker-Szene, hat eine Gabe, die es in der oft zu ernsten Branche Fußball-Business recht selten gibt: Ironie.
Für Bayern-Hasser wie für Bayern-Fans ist gleichermaßen was dabei
In der allerersten Folge, in der Bayerns Weg zu den historischen sechs Titeln 2020 und 2021 nacherzählt und mit Bildern aus der Kabine, dem Bus, den Vorstandsbüros garniert wird, meint Müller über den Seriensieger aus München: "Wer mag schon den, der immer gewinnt? Also mal ehrlich!"
Regisseur Verhoeven in der Jugend bei 1860 aktiv
Für Bayern-Hasser wie für Bayern-Fans ist gleichermaßen was dabei in der Doku, wenngleich beim Blick durchs Schlüsselloch der Verein selbst natürlich bestimmt, wann die Türen geschlossen werden. Oder im Nachhinein per Veto-Recht zu bestimmten Szenen.
Regisseur Simon Verhoeven, gebürtiger Münchner und in der Jugend bei Stadtrivale TSV 1860 aktiv, verriet, er sei erstaunt gewesen, "wie Bayern immer mehr möglich gemacht hat". Als der Vorstandsvorsitzende Oliver Kahn, intern die treibende Kraft hinter der Idee der Öffnung für die Doku des Streamingdienstes, offen über den Etat und die Auswirkungen der Corona-Pandemie sprach (natürlich, ohne konkrete Zahlen zu nennen!) habe Verhoeven sich gefragt: "Wow, dürfen wir das so nehmen?"
Durften sie. Der zweite Regisseur und Kameramann Nepomuk Fischer bekam jedoch auch "einen auf den Deckel", so berichtete Thomas Müller. Etwa, als er den im Februar 2021 an Corona erkrankten Mittelfeldspieler nicht zur Nachuntersuchung in der Praxis auf dem Vereinsgelände begleitete, sondern auch filmte, als dieser in Unterhose zur Computertomographie in die Röntgenröhre geschoben wurde. Cut.
Auch der medial über Monate zig Schlagzeilen bildende Konflikt zwischen Erfolgstrainer Hansi Flick und Salihamidzic, der mit dem vorzeitigen Abschied von Flick (heute Bundestrainer) endete, wird nur gestreift. Wer genau darauf achtet, kann die negativen Vibes nur spüren. Aufgrund der seltenen Einblicke ist die Doku dennoch sehenswert.

Doku mit spaßige Kabinenbildern
Insgesamt mehr als 2.000 Stunden Roh- und Archivmaterial von über 100 Drehtagen sichtete das Filmemacher-Team am Ende, darunter 145 Interviews (ob vor Ort wie mit Franz Beckenbauer in dessen Haus in Salzburg oder per Online-Schalte wie mit Jürgen Klopp in Liverpool). Auch Fußball-Vereine wie der Tottenham Hotspur, Manchester City, Juventus Turin, Borussia Dortmund hatten sich bereits für Dokus geöffnet. Regisseur Verhoeven (laut eigener Aussage "schon immer großer Bayern-Fan") kreierte eine neuartige "Mischform, um den Verein auch in seiner Vergangenheit zu porträtieren und nicht nur in einer Saison mitzulaufen".
Spaßige Kabinenbilder sowie Szenen aus den großen Spielen der Vereinshistorie wechseln sich mit ernsten Interviews ab, etwa als es um die Depressionen des einstigen Torhüters Kahn geht, der als Aktiver nahe am Burnout gewesen sei.
Salihamidzic schwärmt in Doku über Haaland
"Das FC-Bayern-Trikot wiegt ein paar Kilo mehr, weil die Legenden mit auf der Schulter sitzen." Für Kahn ist das heutige Fußball-Geschäft "pervers" und habe "sadistische Züge". Doch es bleibt ein Spiel. Anders als die Kindheit von Salihamidzic im Bosnienkrieg ("Als 15-Jähriger eine Kalaschnikow unter dem Bett zu haben, ist nicht normal") 1992 organisierten seine Eltern dessen Flucht nach Deutschland.
Wenn man tief schlucken muss, freut man sich über die heiter-ironischen Momente der Doku. Als Dortmunds weltweit begehrter Stürmerstar Erling Haaland den Bayern zwei Tore einschenkt, meint Salihamidzic auf der Bank zur Teammanagerin: "Wie gut ist denn dieser Haaland? Das ist ja eine Maschine, Alter! Morgen ruf ich seinen Berater an." Kathleen Krüger antwortet trocken: "Aber wir schicken ihn vorher bitte zum Friseur."