Versetzung akut gefährdet: Für den FC Bayern steht viel auf dem Spiel
München - In der Disziplin Kommunikation kann man Julian Nagelsmann nichts vorwerfen. Der Trainer des FC Bayern spricht gerne - und viel.
Vor dem Viertelfinal-Rückspiel der Champions League am Dienstag (21 Uhr, Amazon Prime und im AZ-Liveticker) gegen den FC Villarreal war eine Unterdisziplin besonders gefragt: Seine Spieler stark reden.
Formschwäche bei einigen Spielern des FC Bayern
Denn: Bei Bayern hat sich zum ungünstigsten Zeitpunkt der Saison, ausgerechnet jetzt, da es um das wichtigste Saisonziel geht, eine Formschwäche bei einigen Spielern breitgemacht, die zur 0:1-Hinspielpleite führte und auch den zähen 1:0-Arbeitssieg in der Bundesliga gegen Abstiegskandidat FC Augsburg überschattete. "Dass nicht jeder auf dem Peak ist, wissen wir. Das kann vorkommen", meinte Nagelsmann am Montagmittag an der Säbener Straße. Der Bayern-Trainer findet jedoch: "Am Limit zu spielen, mit einer gewissen Emotionalität, das kann jeder."
Wichtiges Match für FC Bayern: Einzug ins Halbfinale ist ein Muss
Und so haben sie geredet und geredet seit dem Hinspiel vor sechs Tagen. Unter vier Augen, in der großen Gruppe. "Ich habe sehr viel gesprochen, es war sehr viel Detailarbeit", bekannte Nagelsmann, "viel mehr kann ich jetzt nicht reden, sonst bin ich bei der Telefonzentrale." Das Halbfinale, dann wohl gegen den von Jürgen Klopp trainierten FC Liverpool, ruft. Doch um zum neunten Mal in den letzten 13 Jahren (und zum 21. Mal in der Klubhistorie) in die Runde der letzten Vier zu kommen, ist eine deutliche Leistungssteigerung nötig. Abgesehen von Innenverteidiger Niklas Süle, der sich eine fiebrige Influenza eingefangen hat, kann Nagelsmann sein bestmögliches Personal aufbieten.
Für das wichtigste Match des Jahres, in dem die Abrechnung einer ganzen Saison auf dem Spiel steht. Gegen Villarreal ist vor 70.000 Fans (ausverkauft, mehr sind bei internationalen Spielen nicht zugelassen) in der Allianz Arena Zeugnistag. Gegen den Tabellensiebten der spanischen "La Liga", keineswegs ein Schwergewicht im Ringen der Großmächte um Europas Krone, ist der Einzug ins Halbfinale im Grunde ein Muss - doch die Versetzung ist akut gefährdet.
Manuel Neuer: "Das sind Spiele, die uns reizen"
Neben der sportlichen Peinlichkeit eines Ausscheidens gegen den Kleinstadt-Klub würden den Münchnern 12,5 Millionen Euro aus dem Prämientopf der Uefa entgehen. Auch aus dem dann hinfälligen Ticketverkauf für das Halbfinale sowie aus dem sogenannten Marktpool, dessen fixe Höhe erst am Saisonende feststeht, gingen dann weitere Millionen flöten. Dringend benötigtes Geld nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie. Denn: Für die geplanten Transfers der beiden Ajax-Stars Ryan Gravenberch (19) und Noussair Mazraoui (24) müssen die Bayern rund 28 Millionen Euro Ablöse plus etwaige Bonuszahlungen nach Amsterdam überweisen.
Außerdem stehen die millionenschweren Vertragsverlängerungen mit den Leistungsträgern Robert Lewandowski (33), Thomas Müller (32) und Manuel Neuer (36) an. Das Kapitäne-Trio soll über 2023 hinaus gehalten werden. Was zumindest bei Müller und Neuer klappen dürfte.
Und so versuchten die Bayern in den letzten Tagen, den 0:1-Rückstand vor dem Rückspiel verbal in Energie zu verwandeln. "Wir wollen zurückschlagen", kündigte Müller an, während Neuer betonte, solch eine Ausgangslage sei dieser Mannschaft mit Blick auf die Bayern-Historie "auf den Leib geschneidert. Das sind Spiele, die uns reizen. Mit uns ist nicht zu spaßen, wenn wir so ein Spiel verloren haben. Das wurmt uns."
Nagelsmann fordert: "Wir müssen die Intensität unseres Spiels hochschrauben"
Es käme nur "auf den eigenen Willen an", so der Torhüter. Druck als Antrieb, als Motivation. "Es geht um viel, und dann kann man auch viel investieren", forderte Nagelsmann, der rein inhaltlich betonte: "Wir müssen die komplette Intensität unseres Spiels hochschrauben, unser Spieltempo, mit schnellen, aggressiven Kombinationen."
Der 34-Jährige schob als Bonmot hinterher, über das er sich während der Online-Pressekonferenz freute: "Bei hohem Druck entstehen ja auch Diamanten, vielleicht entsteht bei uns ja auch ein glänzendes Spiel."
Allein mit Sprüchen und großen Reden ist allerdings noch keiner weitergekommen.