Uli-Hoeneß-Prozess: Anwälte gehen aufs Ganze

Der Verteidiger von Uli Hoeneß geht in die Offensive: "Wir sind ja nicht dämlich." Welche Rolle spielt die Selbstanzeige? Ein Urteil gibt es wahrscheinlich am Donnerstag.
Georg Thanscheidt |
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Wieder eine Überraschung an Tag 3: Der Prozess wurde unterbrochen und wird am Donnerstag fortgesetzt. Heißt das, es gibt doch schon bald ein Urteil?
dpa 8 Wieder eine Überraschung an Tag 3: Der Prozess wurde unterbrochen und wird am Donnerstag fortgesetzt. Heißt das, es gibt doch schon bald ein Urteil?
An Tag 2 kam eine Zeugin, eine Steuerfahnderin aus Rosenheim, gleich mal mit einem roten Wäschekorb voller Papiere in den Gerichtssaal.
dpa 8 An Tag 2 kam eine Zeugin, eine Steuerfahnderin aus Rosenheim, gleich mal mit einem roten Wäschekorb voller Papiere in den Gerichtssaal.
Das ist nur ein Bruchteil der Unterlagen im Prozess um Uli Hoeneß...
dpa 8 Das ist nur ein Bruchteil der Unterlagen im Prozess um Uli Hoeneß...
Ist das ein gequältes Lächeln? Während des Prozesses wurde Hoeneß immer wieder unruhig, biss die Lippen aufeinander.
dpa 8 Ist das ein gequältes Lächeln? Während des Prozesses wurde Hoeneß immer wieder unruhig, biss die Lippen aufeinander.
Es ist der schwerste Gang in seinem Leben: Uli Hoeneß verwantwortet sich in diesen Tagen vor Gericht wegen steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe.
dpa 8 Es ist der schwerste Gang in seinem Leben: Uli Hoeneß verwantwortet sich in diesen Tagen vor Gericht wegen steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe.
...dicht gefolgt von Uli Hoeneß.
dpa 8 ...dicht gefolgt von Uli Hoeneß.
Seine Krawatte ist wieder Bordeaux-rot wie am ersten Prozesstag: Uli Hoeneß kam erneut in Begleitung von Frau Susanne in den Gerichtssaal. Mit dabei: Verteidiger Hanns Feigen. Die Bilder vom dritten Prozesstag vor dem Landgericht München II...
dpa 8 Seine Krawatte ist wieder Bordeaux-rot wie am ersten Prozesstag: Uli Hoeneß kam erneut in Begleitung von Frau Susanne in den Gerichtssaal. Mit dabei: Verteidiger Hanns Feigen. Die Bilder vom dritten Prozesstag vor dem Landgericht München II...
Rot wie sein geliebter FC Bayern: Uli Hoeneß hat wieder Krawattenfrabe gewechselt.
dpa 8 Rot wie sein geliebter FC Bayern: Uli Hoeneß hat wieder Krawattenfrabe gewechselt.

München - Hopp oder top, ganz oder gar nicht, Einstellung des Verfahrens oder Gefängnisstrafe – angesichts des heute möglichen Urteils geht Uli Hoeneß im Steuerstrafverfahren gegen ihn aufs Ganze: Sein Verteidiger Hanns W. Feigen hofft weiterhin, dass sein Mandant heute den Gerichtssaal zwar mit vielen Millionen Euro Steuerschulden, aber als freier Mann verlassen kann.

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Dieser Optimismus erscheint zunächst angesichts der seit Montag von 3,5 Millionen auf 27 Millionen Euro gestiegenen Steuerschuld des 62-Jährigen etwas verwunderlich. Zumal die Verteidigung einräumt, dass sie „die Zahlen für sachgerecht hält, da zweifeln wir nicht dran.“

Aber um kurz vor 10 Uhr am Mittwoch übernimmt die Abteilung Attacke das Kommando: Nein, man sei von den neuen Zahlen keineswegs überrascht worden, so Feigen. „Wir sind ja nicht dämlich“, ergänzt er trocken.

Der Hoeneß-Anwalt sagt, die Selbstanzeige habe die Summe doch gedeckt

 

Er behauptet nun: „In der Selbstanzeige vom 17. Januar 2013 sind sämtliche Zahlen bereits enthalten.“ Deswegen brauche sich die Staatsanwaltschaft und die Gerichtssprecherin überhaupt nicht öffentlich über die neuen Summen zu wundern – Feigen fühlt sich und seinen Mandanten unverstanden: Man habe in der Selbstanzeige vom Januar 2013 doch das positive Ergebnis von insgesamt 130 Millionen Euro aus den Spekulations-Geschäften bereits angegeben.

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51 Millionen davon stammen aus dem Jahr 2003, 78 Millionen aus 2005. Aus diesem Ertrag – also dem Gewinn aus Devisenspekulationen und anderen Geschäften – errechne sich ein zu versteuernder Betrag von 60 Millionen Euro. wie Feigen der AZ auf Nachfrage erläutert. Bei einem Steuersatz von um die 50 Prozent seien die derzeit im Raum stehenden 27 Millionen also durch die Selbstanzeige bereits abgedeckt.

So will Feigen beweisen, dass die Selbstanzeige von Hoeneß doch wirksam ist – weil sie in seinen Augen ja in Bezug auf die Gesamt-Steuerschuld vollständig war. Und nicht nur das: Auch die Tat – also die Steuerhinterziehung – sei durch die Recherchen des „Stern“ noch nicht entdeckt gewesen. Das habe die bisherige Verhandlung gezeigt. Deswegen sei die Selbstanzeige rechtzeitig erstattet worden – die zweite Bedingung dafür, dass diese wirksam ist. Einen Freispruch allerdings hält auch Feigen nicht mehr für möglich, eine Einstellung – dann wahrscheinlich gegen eine Rekord-Geldauflage – aber schon. Um es mit dem Vorsitzenden Richter Rupert Heindl zu sagen: Dem kann man folgen – muss man aber nicht. Am Donnerstag halten Staatsanwalt und Verteidiger aller Voraussicht nach ihre Plädoyers. Danach soll noch am gleichen Tag ein Urteil verkündet werden.

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Für Steuerhinterziehung sieht der Gesetzgeber eine Höchststrafe von fünf Jahren vor, für schwere Steuerhinterziehung bis zu zehn. Haftstrafen bis zu 24 Monaten können zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe hält der Bundesgerichtshof dies aber nur „bei besonders gewichtigen Milderungsgründen“ für möglich. Ob und in welchem Umfang eine unvollständige oder verspätete Selbstanzeige Anlass zur Milde sein kann, ist umstritten.

Für die Staatsanwaltschaft ist die Sache hingegen klar: Die Selbstanzeige ist wirkungslos – auch weil erst vor etwa zwei Wochen alle nötigen Unterlagen bei den Behörden eingetroffen seien, Deswegen sei in der Anklage lediglich von 3,5 Millionen Euro hinterzogenen Steuern die Rede gewesen – andere Summen ließen sich bis dahin nicht belegen und deswegen auch nicht in eine Anklageschrift schreiben.

Umzugskartons voller Unterlagen, nicht nur Schuhkartons

 

Zumindest von einem Vorwurf wurde Hoeneß am gestrigen Verhandlungstag teilweise entlastet: Er hatte wohl nicht bereits alle Unterlagen des Vontobel-Bank seit dem 18. Januar 2013 vorliegen und sie dann jetzt erst abgeliefert. Die Dateien seinen wohl in diesem Zeitraum immer wieder verändert oder ergänzt worden, erklärte ein IT-Experte.

Zudem schilderte ein Betriebsprüfer seine Arbeit im Hause Hoeneß, als er 2012 die Steuer-Jahre 2007 bis 2010 überprüfte. Dafür hatte er mehrere Umzugskartons mit Unterlagen zu sichten – Ausdrucke einer Münchner Bank, bei der Hoeneß ganz ähnliche Devisengeschäfte machte wie in der Schweiz. Aus letzteren waren für sieben Steuerjahre allerdings lediglich „ein Schuhkarton“ voll Dokumenten übermittelt worden, wie sich eine Fahnderin erinnerte – ein deutlicher Kontrast. Heute hat Richter Rupert Heindl das letzte Wort – wann genau das Urteil fällt, ist noch unklar. Ausschlag gebend für den Inhalt ist letztlich die vom Vorsitzenden selbst am ersten Prozesstag an den Angeklagten herausgegebene Maxime: „Man kann das glauben – muss man aber nicht.“

 

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