FC Bayern: Thomas Tuchel kommt für Julian Nagelsmann – war diese Entscheidung damals falsch?

Was wäre wohl passiert, wenn Thomas Tuchel nicht abgehoben hätte? Vor einem Jahr wurde Julian Nagelsmann beim FC Bayern entlassen. Die AZ zeichnet seinen kuriosen Weg zum Bundestrainer nach.
Patrick Strasser |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
4  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Trainer und sein Vorgänger: Vor einem Jahr löste Thomas Tuchel (li.) Julian Nagelsmann beim FC Bayern ab.
Der Trainer und sein Vorgänger: Vor einem Jahr löste Thomas Tuchel (li.) Julian Nagelsmann beim FC Bayern ab. © picture alliance/dpa | Robert Michael/Jan Woitas

Lyon/München - Die Zahlenkombination 23-03-2023 hat was. Vergangenes Jahr lockten diese Ziffern zahlreiche Paare an, die sich an diesem hübschen Datum trauten, den Bund der Ehe zu schließen. Beim FC Bayern dagegen steht dieses leicht zu merkende Datum für eine Scheidung.

Julian Nagelsmann wird sich bestens erinnern an jenen beruflichen Tag X, der sich am Samstag zum ersten Mal jährte. Und das just auf Dienstreise in Lyon, als der Bundestrainer beim EM-Test gegen Frankreich die deutsche Nationalmannschaft zum fünften Mal in einem Länderspiel coachte. Erfolgreich. Denn für ihn und seine Mannschaft war das Spiel der perfekter Start ins EM-Jahr. Beim Topfavoriten Frankreich siegte das von ihm umgebaute Team mit 2:0. Doch vor einem Jahr war die Gefühlswelt von Nagelsmann eine andere. 

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Der 23. März 2023 war Ende und Anfang zugleich für den gebürtigen Bayern. Vier Tage vor jenem Donnerstagabend hatten die Münchner trotz Führung mit 1:2 bei Bayer Leverkusen verloren und dadurch die Tabellenführung an Borussia Dortmund. Die Chronologie der Ereignisse und Kettenreaktionen, die die vergangenen 366 Tage (ein Schalt- und Schicksalsjahr!) des FC Bayern und der Nationalmannschaft prägten.

Julian Nagelsmann wurde von seiner Entlassung beim FC Bayern eiskalt erwischt

23. März: Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic versuchen, ihren damals 35-jährigen Trainer zu erreichen – vergeblich. Bei Anruf Mailbox. Der weilt mit seiner Freundin Lena beim Skifahren im Zillertal, ein laut Nagelsmann genehmigter Kurzurlaub. Von seinem Beraterteam informiert und durch die Vorab-Meldungen einiger Medien alarmiert, dass er von Thomas Tuchel abgelöst werden soll, meldet sich dieser bei den Bossen, die ihn für den nächsten Morgen an die Säbener Straße einbestellen. Nagelsmann ruft noch in der Nacht einige seiner Führungsspieler an, um sich zu verabschieden.

Lesen Sie auch

24. März: Für die Bosse ist Nagelsmanns Tirol-Trip zehn Tage vor dem Klassiker gegen den BVB "ein falsches Signal". Sie präsentieren ihm im Büro die Entlassung. Der Verein macht es offiziell. Kahn kritisiert, die Qualität des Kaders habe sich "zunehmend seltener gezeigt", sämtliche Saisonziele seien "in Frage gestellt".

Thomas Tuchel wollte beim FC Bayern erst zur neuen Saison starten, übernahm aber sofort

25. März: Auf einer Pressekonferenz wird Tuchel (49) vorgestellt. Der frühere BVB-Coach erhält einen Vertrag bis Juni 2025. Tuchel, zuvor sechs Monate ohne Job, ist zum damaligen Zeitpunkt in Gesprächen mit Tottenham Hotspur. Bereits am Dienstag, den 21. März, klingelt Salihamidzic bei Tuchel durch. Der Anruf kommt für ihn "total überraschend", er erwidert perplex: "Was willst du?" Salihamidzic antwortet: "Wenn du keinen Bock hast, leg auf." Tut er nicht. Am selben Abend trifft man sich zu Verhandlungen. Der Wunschtrainer sagt ja, selbst dazu, sofort – und nicht zur neuen Saison, wie es Tuchels erste Intention ist – zu übernehmen.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

1. April: Tuchel startet mit einem 4:2 gegen den BVB. Der Rest ist Geschichte. Tuchel verspielt DFB-Pokal und Champions League, wird dank des Dortmund-Dramas doch noch Meister, reibt sich in München mit stetig neuen Bossen (erst Jan-Christian Dreesen, dann Christoph Freund, jetzt Max Eberl) auf, zofft sich in Transferfragen. Am 21. Februar 2024 einigt man sich – vermeintlich einvernehmlich – den Vertrag um ein Jahr zu reduzieren, am Saisonende ist Schluss. Zuletzt rauften sich Mannschaft und Tuchel zusammen, zwei gemeinsame Monate und eineinhalb Titel-Chancen (zehn Punkte Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen) hat man noch.

Julian Nagelsmann startet als Bundestrainer wenig erfolgreich

22. September: Nagelsmann wird Bundestrainer, beerbt den glücklosen Hansi Flick, unterschreibt einen Vertrag bis inklusive der Heim-EM 2024 und startet: Durchwachsen bis mies. Vier Länderspiele im Herbst, nur ein Sieg. Doch seit gestern schickt er sich an die Bilanz aufzupolieren. Der Glanzsieg gegen Frankreich hat Hoffnung für das DFB-Team unter Trainer Nagelsmann gemacht.

Doch man darf sich fragen: Was wäre gewesen, wenn...? Eine hübsche Spielerei. Wäre Nagelsmann in jenen März-Tagen nicht in den Skiurlaub gefahren, könnte er heute noch Bayern-Trainer mit Vertrag bis 2026 sein und in seinem dritten Amtsjahr den x-ten Titel ansteuern. Hätte Tuchel bei Salihamidzic' Anruf wieder aufgelegt, würde er Tottenham Hotspur in dieser Saison womöglich zum Premier-League-Gewinn führen. Mit Mittelstürmer Harry Kane, den er dann zum Bleiben überredet und vom Wechsel nach München abgeraten hätte. Und wer wäre nach der Entlassung von Bundestrainer Flick im September 2023 dann heute Bundestrainer? Es gibt nur ein' Rudi Völler.

Wie sagte ein berühmter fränkischer Fußballphilosoph? "Hätte, hätte, Viererkette." Oder so ähnlich.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
4 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Bayern-Bernie am 26.03.2024 12:59 Uhr / Bewertung:

    Nagelsmann war der richtige Bayerntrainer, wenigstens einer, der auch richtiger Bayernfan war und Uli forever!

  • Südstern7 am 26.03.2024 00:27 Uhr / Bewertung:

    Ich bin immer erstaunt wenn Trainer in gut oder schlecht bewertet werden. Auf diesem Niveau haben die alle ihre Klasse. Gurdiola hat leidenschaftlich mit Schubert fachgesimpelt. Schubert? Der war mal kurz Trainer in Gldbach, ein Mann der Kategorie Baum aus Augsburg. Anertkannte Fachleute.

    Nein, stellt dem Nagelsmann und Tuchel Charakterspieler wie Schweini, Lahm, RibRob aufs Feld und dann räumen auch Julian, Thomas u.a. die Titel ab. Aber mit diesen Mimöschen im Kader kannst du nur bei der Münchner Presse durchfallen. Schade, dass der Verein dem Druck der Öffentlichkeit immer so schnell nachgibt.

  • meingottwalter am 24.03.2024 22:25 Uhr / Bewertung:

    Solange manche Spieler, bzw. Geistesblitze, entscheiden wann ein Trainer gehen muss, stellt sich die Frage nicht.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.