Tottenham-Boss bleibt im Kane-Poker hart: Wie weit gehen die Bayern für ihren Wunschspieler?
München – Der Transferpoker des FC Bayern um Harry Kane geht offenbar in die nächste Runde. 80 Millionen plus Boni soll die zweite Offerte an Tottenham lauten.
Kam die Absage beim ersten Angebot bereits nach wenigen Minuten, brauchten die Engländer diesmal mehrere Stunden. Das Ergebnis war jedoch dasselbe. Erst ab gut 100 Millionen Pfund (rund 117 Millionen Euro) soll Daniel Levy gesprächsbereit sein.
Trainingsstreik läuft ins Leere: Auch City zog bei Kane schon den Kürzeren
Für Tottenhams CEO ist die Situation, in der er sich gerade befindet, keine neue. Ganz im Gegenteil. Sommer 2021 war es Manchester City, das versuchte, Kane als Nachfolger der scheidenden Vereinslegende Sergio Agüero zu verpflichten. "Wir können ihn nicht ersetzen", sagte der Katalane mit Tränen in den Augen nach der gewonnenen Meisterschaft.
Auch der Klub, zu dem es Ex-Bayern-Trainer Pep Guardiola zog, war sich bereits mit Kane einig. Am Spieler selbst sollte der Transfer damals nicht scheitern. Wie der FC Bayern nun machte auch der amtierende Champions-League-Sieger jedoch kein Angebot, dass Levy signifikant ins Grübeln brachte. Obwohl Kane sogar versuchte, den Wechsel zu forcieren, indem er nicht zur Saisonvorbereitung erschien, pochte Tottenham auf seine dreijährige Vertragslaufzeit und ließ den Transfer platzen.
Lewandowskis entscheidende Tore fehlen: FC Bayern braucht Kane dringender
Wo genau trennen sich also die Wege zwischen Manchester City und dem FC Bayern? Zuallererst in der Dringlichkeit der Thematik. Der Rekordmeister braucht einen Stürmer und er braucht ihn jetzt. Zu oft spielte man in der Vorsaison um gegnerische Abwehrblöcke herum und ließ dabei die entscheidenden Tore vermissen. Jene Tore, die in den Vorjahren noch Robert Lewandowski erzielte. Das Heimspiel gegen RB Leipzig am 33. Spieltag steht symbolisch für diese Probleme. 1:0 geführt, Chancen zum 2:0 verpasst, den Ausgleich kassiert – und aufgrund zweier verursachter Elfmeter noch 1:3 verloren. Es brauchte das irrste Saisonfinish in gut 20 Jahren, um die titellose Spielzeit doch noch abzuwenden. Eine solche Zittersaison kann und will man sich beim FC Bayern nicht nochmal erlauben. Der X-Faktor dafür heißt Harry Kane.

Als Manchester City 2021 für den Engländer bot, hatten sie, anders, als der FC Bayern dieses Jahr, nicht die absolute Notwendigkeit, all-in zu gehen. Erstens, weil trotz des Agüero-Abgangs, mit Gabriel Jesus noch ein weiterer Stürmer im Kader stand, auch wenn er vom Spielertyp keine klassische Neun ist. Zweitens gab es noch einen Plan B – oder vielmehr einen Plan H: Erling Haaland. Sein Vater Alfie spielte zwischen 2000 und 2003 für City. Man wusste, selbst wenn Tottenhams CEO Levy in puncto Kane stur bleiben sollte, die Beziehungen zu Haalands Familie sind bestens. Ein Deal würde daran keineswegs scheitern. Die Ausstiegsklausel des Norwegers zahlte der von Abu Dhabi alimentierte Klub dann nahezu aus der Portokasse.
Geht Bayern das Vabanquespiel bei Kane ein? Konkurrenz wäre bei ablösefreiem Abgang überwältigend
Genau bei dieser Marktsituation zeigt sich der zweite große Unterschied zwischen City 2021 und Bayern 2023. Dem Rekordmeister bietet sich bei Kane diesen Sommer eine nahezu einmalige Chance. Keiner der anderen "Big Six", die eine erhebliche Verbesserung zu Tottenham darstellen würden, zeigt Interesse am 29-Jährigen. Auch aus den anderen Ligen, maßgeblich Spanien mit Real Madrid und dem FC Barcelona ist es diesen Sommer in der Stürmerfrage ruhig.
Natürlich wäre es notfalls auch eine Option für die Münchener, mit einer Übergangslösung in die kommende Saison zu gehen, um dann, analog zu Lewandowski 2014, ablösefrei zuzuschlagen. Die Konkurrenz aus der Premier League wäre in diesem Fall allerdings überwältigend: Manchester United um den ehemaligen Bayern-II-Trainer Erik ten Hag, die über die vergangenen Jahre immer wieder Interesse an Kane zeigten, Chelsea mit Mauricio Pochettino, unter dem Kane der Durchbruch und Aufstieg bei Tottenham gelang.
Der Ball liegt bei Bayern: Gelingt es, Levy zu überzeugen?
Auch Liverpool oder Manchester City könnten sich bei einer solchen Gelegenheit ins Rennen einschalten, obwohl die Notwendigkeit für einen weiteren Stürmer aktuell eigentlich nicht besteht. All diese Klubs würden Kane zudem die Chance bieten, in England Titel zu gewinnen und Alan Shearers Rekord von 260 Toren weiter zu jagen. Sich darauf zu verlassen, wäre ein zu großes Vabanquespiel seitens des FC Bayern.
Allerdings ist genau dieses Szenario des ablösefreien Abgangs der absolute Worst Case für Tottenham, nachdem man seit Jahren versucht, Kanes Vertrag zu verlängern. Das könnte dem Rekordmeister in die Karten spielen. Der Ball liegt nun bei ihnen. Der FC Bayern braucht Kane, der FC Bayern will Kane. Soll Kane tatsächlich kommen, braucht es allerdings wesentlich mehr als die kolportierten 80 Millionen Euro.