Interview

"Im Nachhinein war das völlig gaga": Diese Trainerentlassung beim FC Bayern bereut Hoeneß

In Teil 1 des großen Jubiläums-Interviews verrät FC-Bayern-Patriarch Uli Hoeneß pikante Details über die Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann. Und warum Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic deshalb beinahe schon früher entlassen worden wären. Auch einem anderen Ex-Coach trauert er im Nachhinein nach.
Krischan Kaufmann,
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Patrick Strasser |
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War mit der Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann nicht zufrieden: FC-Bayern-Patron Uli Hoeneß.
War mit der Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann nicht zufrieden: FC-Bayern-Patron Uli Hoeneß. © dpa

AZ: Herr Hoeneß, am Donnerstag feiert Ihr FC Bayern seinen 125. Geburtstag. Rund um das große Jubiläum ist die Achtelfinal-Auslosung in der Champions League das elektrisierende Thema: Schon wieder Bayer Leverkusen, schon wieder dieser Werksklub, der sich langsam zum Kryptonit für den Rekordmeister entwickelt. Wie sehen Sie diese Rivalität?
ULI HOENESS: Leverkusen hat uns zuletzt beim 0:0 in der Liga richtig gut im Griff gehabt. Auf die Dauer ist es natürlich nicht das, was ich vom FC Bayern sehen will, dass wir so in die Enge getrieben werden.

In lockerer Athmosphäre trafen die AZ-Redakteure Patrick Strasser, Krischan Kaufmann und Maximilian Koch Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß im Käfer.
In lockerer Athmosphäre trafen die AZ-Redakteure Patrick Strasser, Krischan Kaufmann und Maximilian Koch Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß im Käfer. © AZ

Hoeneß: "Wenn Rummenigge und ich was zu bereden haben, machen wir das direkt"

Warum fehlte aus Ihrer Sicht zuletzt manchmal die spielerische Dominanz beim FC Bayern?
Solche Fragen bespreche ich mit unserer sportlichen Leitung Max Eberl und Christoph Freund sowie mit Vincent Kompany intern. Grundsätzlich ist der Trainer Kompany ein Glücksfall für den Verein. Und wenn zum Beispiel Karl-Heinz Rummenigge und ich was zu bereden haben, machen wir das direkt. Vincent ist jemand, der aufgeschlossen zuhört, aber es ist klar, dass er alle sportlichen Fragen am Ende alleine entscheidet.

Manche sehen in ihm eine Vaterfigur und Ähnlichkeiten zu Trainer-Legenden wie Jupp Heynckes oder Ottmar Hitzfeld. Was halten Sie von so einer Einordnung?
Ich bin jetzt nicht mehr so nah dran wie damals, als ich das hautnah miterlebt habe. Aber ja, Vincent wirkt schon ein bisschen so. Allerdings muss man auch sagen, dass zum Beispiel Ottmar jetzt nicht nur väterlich war, sondern zwischendurch sehr hart bei Entscheidungen, einen Spieler draußen zu lassen. Und darauf wird es auch ankommen. Diese Papa-Geschichte ist gut, aber manchmal muss ein Trainer auch der Knecht Ruprecht sein. Das gehört dazu. (lacht)

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Gerade, dass man mit Vincent Kompany über alles reden kann, wie Sie sagen, unterscheidet ihn doch sehr von seinem Vorgänger Thomas Tuchel, oder?
Ich muss ehrlich sagen, ich hatte mit Thomas persönlich ein sehr gutes Verhältnis. Er war auch ein paar Mal bei uns zum Essen, das hat ihm Spaß gemacht. Aber im Nachhinein glaube ich, dass er eben nicht so nah an der Mannschaft dran war, wie es Vincent ist. Das ist heutzutage schon sehr wichtig, weil die Spieler am Ende auch Menschen sind, die Wärme brauchen. Und was ich bei Vincent ganz toll finde: Wenn sich ein Spieler oder auch mehrere verletzen, dann löst er das teamintern. Früher war man ja eine Zeit lang gewohnt, wenn es Verletzte gab, dass dann auf der nächsten Pressekonferenz erklärt wurde, welcher Spieler da jetzt zu kaufen ist. Und das ist natürlich für den Verein nicht so gut.

Wenn wir mal im Rahmen des 125-jährigen Jubiläums des FC Bayern den Bogen zurückspannen zum 75. Geburtstag des Vereins, fällt auf: Sie waren damals in der Saison 1974/75 als Spieler schon mittendrin und es gab aber auch eine Phase, in der es so gar nicht lief: Sechs Spiele ohne Sieg, darunter das Pokal-Aus gegen den MSV Duisburg. Heute unvorstellbar, was wäre bei so einer Bilanz wohl jetzt los an der Säbener Straße?
Damals war es ruhiger, als es heute wäre. Aber auch, weil die Medien noch nicht so kritisch mit uns umgegangen sind und nicht so draufgehauen haben. (lacht) Ich erinnere mich noch gut an diese Saison, weil mit der schweren Verletzung im Landesmeister-Finale von Paris gegen Leeds United (2:0-Sieg des FC Bayern, d. Red.) der Anfang vom frühen Ende meiner Karriere begann. Aber nochmal zurück zu Ihrer Frage: Heute wäre nach so einer Negativ-Serie natürlich die Hölle los. Damals, wenn man mal zwei, drei Spiele verloren hat, dann wurde nicht so wie heute in der Öffentlichkeit gleich gefordert, dass jetzt der Trainer entlassen werden muss. Ich weiß noch wie heute, als wir - idiotischerweise - Jupp Heynckes in seiner ersten Phase bei Bayern entlassen haben. Im Nachhinein war das völlig gaga - weil wir dem Druck nachgegeben haben. Ich werde nie vergessen, wie wir beide bei mir im Wohnzimmer saßen und wie die Schlosshunde geheult haben. Dann sind wir auseinandergegangen - und eigentlich wusste keiner, warum. Das ist für mich immer das Entscheidende. Die Ergebnisse sind das eine, aber in die Analyse muss man auch miteinbeziehen, was ist eigentlich der Grund dafür? Ist der Trainer der Schuldige oder nicht? Das muss man immer von Fall zu Fall entscheiden.

Schätzt Julian Nagelsmann nach wie vor: Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß.
Schätzt Julian Nagelsmann nach wie vor: Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß. © IMAGO

"Eine Trennung kann man machen, aber sie muss geregelt ablaufen"

Bei Julian Nagelsmann kam die Trennung allerdings ähnlich schnell - obwohl man noch in allen drei Wettbewerben vertreten war.
Diese Trennung habe ich kritisch gesehen. Wir haben damals seit Weihnachten nicht mehr gut gespielt, aber das ist eigentlich noch kein Grund gewesen, so eine Notbremse zu ziehen. Ich weiß noch, es war Mittwoch, wir hatten vorher in Leverkusen gespielt (1:2 d.Red.), und ich saß bei mir auf der Terrasse. Um 11 Uhr rief mich Hasan Salihamidzic an und sagte, dass er jetzt vorbeikommt.

Und dann?
Dann kam er und hat gesagt: Der Oliver (Kahn, d. Red.) und ich, wir haben entschieden, den Trainer zu entlassen. Da habe ich ihm gleich gesagt, dass ich zum Beispiel den Zeitpunkt schwierig finde. Und wie das dann gelaufen ist, Julian war im Urlaub und nicht zu erreichen - so geht es einfach nicht. Eine Trennung kann man machen, aber sie muss geregelt ablaufen. Das war hier nicht wirklich der Fall.

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Stimmen Sie zu, dass die Geschichte von Julian Nagelsmann und dem FC Bayern womöglich noch nicht zu Ende erzählt ist?
Zwischen dem FC Bayern und Julian ist das Tischtuch nicht zerschnitten. Aktuell stellt sich die Frage nicht, aber in ein paar Jahren, wenn er mal nicht mehr beim DFB tätig sein sollte und wir einen Trainer suchen sollten, wird er sicher auch einer derjenigen sein, über die man nachdenken kann. Wobei ich der Meinung bin, dass Vincent endlich mal wieder ein Trainer ist, der länger bei uns bleiben könnte, was dem Verein guttäte. Denn wenn die Wechselei an der Trainerspitze sehr volatil war, war auch die Leistungsfähigkeit der Mannschaft nicht besonders gut.

Wenn wir zum nächsten runden Geburtstag kommen: Als der FC Bayern 100 Jahre wurde, waren Sie auch wieder mittendrin, aber schon tatkräftig als Manager. Es war das zweite Jahr von Ottmar Hitzfeld und dann kam ja eine sehr starke, kontinuierlich gute Phase. Wie erinnern Sie sich an die Saison 1999/2000?
Ich weiß noch, dass wir eine große Gala hatten und Vicco von Bülow, also Loriot, damals bei dem Event eine legendäre Rede gehalten hat. Er hatte sich wochenlang auf diese Rede vorbereitet und immer wieder bei Karl Hopfner angerufen und Fragen gestellt. Immer wieder kam Karl zu mir und sagte, ,Du, der von Bülow, also Loriot, hat mich heute Morgen wieder angerufen. Heute hat er eine Frage gestellt, Herr Hopfner, ich hätte noch eine Frage: Ist eigentlich Luft im Ball?' (lacht) Auch sportlich lief es damals bei uns sehr gut. Immer dann, wenn wir Trainer hatten, die auch daran interessiert waren, hier etwas aufzubauen, dann hat es auch gut geklappt. Pep Guardiola war auch so ein Fall, er war drei Jahre da. Es ist schon sehr wichtig, dass ein Trainer was aufbauen kann - man muss ihm aber auch die Möglichkeit dazu geben.

Geben nach wie vor den Ton beim FC Bayern an: Ehrenpräsident Uli Hoeneß und Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Rummenigge.
Geben nach wie vor den Ton beim FC Bayern an: Ehrenpräsident Uli Hoeneß und Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Rummenigge. © IMAGO

Bayern-Ehrenpräsident: "Gerade die richtungsweisenden Entscheidungen sind meistens mit viel Geld verbunden"

Jetzt wird der FC Bayern 125 Jahre alt - und siehe da: Sie sind immer noch mittendrin, nur in anderen Funktionen.
Das wird immer ein bisschen falsch dargestellt. Ich wundere mich manchmal, wenn ich einen Satz sage: Dann meint man, es ist ein Erdbeben passiert. Natürlich werde ich immer meine Meinung sagen, aber zum Beispiel bei Vertragsverlängerungen oder Transfers bin ich nicht mehr mittendrin. Ich habe natürlich immer wieder mal von Max Eberl gehört und auch von Christoph Freund, aber es war nie so, dass ich da mit am Tisch saß.

Könnte denn eine Entscheidung, gerade eine richtungsweisende Entscheidung beim FC Bayern, komplett ohne Uli Hoeneß getroffen werden?
Sie kann nicht ohne den Aufsichtsrat getroffen werden, weil der Aufsichtsrat bei bestimmten Dingen immer das letzte Wort hat. Gerade die richtungsweisenden Entscheidungen sind ja meistens mit viel Geld verbunden. Es gibt gewisse Regeln, zum Beispiel, das Trainerverlängerungen oder -entscheidungen vom Aufsichtsrat abgesegnet werden müssen - also insofern bin ich da schon involviert. Aber ein Edmund Stoiber ist zum Beispiel auch Aufsichtsrat, er hat dieselbe Stimme wie ich.

Kahn und Salihamidzic hätten schon früher beim FC Bayern entlassen werden können

Weil Sie vorher den Fall Nagelsmann angesprochen haben, da wurden Sie ja dann doch vor vollendete Tatsachen gestellt. Wie wäre denn der richtige Weg der Entscheidungsfindung gewesen?
Oliver und Hasan hatten Thomas Tuchel schon mehr oder weniger zugesagt. Und was willst du dann machen? Es gab für uns nur zwei Möglichkeiten: Entweder, die Entlassung zu verhindern, dann hätten die zwei aber ebenso ihren Hut nehmen können. Oder das mit ihnen durchzuziehen.

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6 Kommentare
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  • Florenz am 27.02.2025 07:39 Uhr / Bewertung:

    Der wollte von sich aus gehen, der wollte ja zu der Zeit zum DFB

  • meingottwalter am 26.02.2025 22:33 Uhr / Bewertung:

    Vielleicht wollte ja Müller die Trennung von dem Trainer.

  • Golfball am 26.02.2025 19:35 Uhr / Bewertung:

    Es war schon vollkommen Gaga den Herrn Flick zu entlassen

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