Thorsten Fink: „Ancelotti ist eine Vaterfigur“
Vor dem Testspiel seiner Ex-Klubs FC Bayern und Karlsruher SC spricht Trainer Thorsten Fink über Guardiolas Nachfolger, Hoeneß’ Zukunft, die Triple-Chancen der Bayern und seine Pläne.
München - Der 48-Jährige Thorsten Finke wechselte 1997 vom Karlsruher SC zum FC Bayern. Als Trainer arbeitete er unter anderem in Salzburg, Basel, Ingolstadt und beim HSV. Aktuell coacht er Austria Wien. Vor dem Testspiel gegen Karlsruhe am Samstag hat die Abendzeitung mit ihm über Guardiolas Nachfolger gesprochen.
AZ: Herr Fink, Ihre beiden Ex-Vereine, der Karlsruher SC und der FC Bayern, treffen am Samstag (15.30 Uhr, live in Sat.1 und im AZ-Liveticker) in einem Testspiel aufeinander. Mit welchem Klub sind Sie enger verbunden?
THORSTEN FINK: Ich hatte bei beiden Vereinen eine tolle und erfolgreiche Zeit, aber näher dran bin ich am FC Bayern. Meine Familie lebt ja noch in München, deshalb sieht man die Leute vom FC Bayern häufiger, ich habe viele Freunde dort.
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Wird Hoeneß wieder Präsident? "Würde ich es ihm gönnen."
Mit Philipp Lahm gibt es sogar einen Spieler aus der aktuellen Bayern-Mannschaft, mit dem Sie noch zusammengespielt haben.
Er war damals ein ganz junger Spieler, ich war schon älter, habe die jüngeren Spieler mitgeführt. Das hat gut geklappt, auch als ich dann noch ein paar Jahre bei den Amateuren unter Hermann Gerland gespielt habe. Zu Bastian Schweinsteiger hatte ich auch immer ein gutes Verhältnis, aber das verläuft sich irgendwann. Mit früheren Mitspielern wie Jens Jeremies, Michael Tarnart oder Brazzo (Hasan Salihamidzic, Anm. d. Red.) besteht der Kontakt bis heute. Auch zu Uli Hoeneß.
Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Hoeneß?
Kürzlich zu seinem Geburtstag (5. Januar, Anm. d. Red.) habe ich angerufen, er war nicht da, ich habe mit seiner Frau gesprochen. Aber er hat im Moment auch genug um die Ohren, da will ich ihn nicht zu sehr stören.
Was glauben Sie: Wird er nochmal nach einem höheren Amt bei den Bayern streben? Wird er wieder Präsident?
Wenn er das will, würde ich es ihm gönnen. Er ist für mich der FC Bayern, nichts anderes. Insgesamt, wenn man von der Steuersache absieht, ist er immer eines meiner Vorbilder gewesen: immer gerade, immer korrekt, immer ein Herz für die Schwächeren. Er hat ein Teil meines Lebens mitbestimmt, ich habe ihm viel zu verdanken.
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Bayern gehört zu den besten Teams in Europa
Der FC Bayern möchte in diesem Jahr wieder nach Mailand ins San Siro reisen. Dort findet das Finale der Champions League statt. Sie gehörtem dem Team von 2001 an, das ebenfalls in Mailand gegen Valencia triumphierte. Wie präsent ist dieser Abend noch?
Das sind tolle Erinnerungen. Es war ein ganz wichtiger Sieg für meine Karriere, auch wenn ich nicht im Kader stand, weil ich erst kurz zuvor nach einer Verletzung wieder fit geworden war. Dieser Titel hat dafür gesorgt, dass wir mit dem denkwürdigen Spiel von 1999 überhaupt leben konnten. Einige Spieler waren schon älter, ich weiß nicht, ob wir nochmal die Chance bekommen hätten. Es war etwas ganz Besonderes, das vergisst man nicht. Deshalb werden alle, die damals dabei waren, auch meine Freunde bleiben (lacht).
Wie schätzen Sie die Chancen der Bayern in diesem Jahr ein?
Der FC Bayern gehört zu den besten Teams in Europa. Aber auf diesem Niveau entscheidet die Tagesform, mit Juventus wartet schon jetzt im Achtelfinale ein ganz schwerer Gegner.
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Titel in der Königsklasse kann man nicht planen
Welche Auswirkung hat es, dass Guardiola zum Saisonende geht und die Mannschaft jetzt mit dieser Gewissheit spielt?
Bei Jupp Heynckes hatte es damals einen positiven Effekt, die Bayern haben das Triple geholt. Guardiola ist hungrig, das sieht man. Er wird keine Probleme haben, sein Team zu motivieren. Die Spieler sind ja auch hungrig. Wenn ein Alonso fehlt, ein Lewandowski, ein Robben, dann wird es natürlich schwer.
Wäre Guardiolas Zeit unvollendet, wenn er ohne Champions-League-Titel geht?
Es ist sein persönliches Ziel, die Champions League zu gewinnen. Aber man kann das eben nicht genau planen. Meisterschaft und Pokal will man natürlich immer holen, in der Champions League muss man sich in Stellung bringen. Vergangene Saison gegen Barcelona war Bayern zu schwach, auch weil viele Stars gefehlt haben. Dann hat man sich weiter verstärkt. Jetzt ist die Situation besser.
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Ancelotti ist eine Vaterfigur für die Spieler
Mit Carlo Ancelotti kommt im Sommer ein neuer Trainer. Sie haben in Salzburg mit Giovanni Trapattoni zusammengearbeitet. Wird der italienische Stil Bayern voranbringen?
Entscheidend ist, dass Ancelotti mit den großen Mannschaften umgehen kann. Dass er aus Italien kommt, spielt eigentlich keine Rolle (lacht). Klar, Italiener sind taktisch immer top ausgebildet, ihre Mannschaften stehen defensiv gut. Wenn die Bayern eine stabile Defensive haben, ist das eine sehr gute Basis. Viel Ballbesitz und eine starke Offensive haben sie ja ohnehin immer.
Was unterscheidet Guardiola von Ancelotti?
Guardiola hat die Mannschaft taktisch immer hervorragend eingestellt. Jetzt kommt Ancelotti, der Titel gewinnt. Er ist von außen betrachtet eher eine Vaterfigur für die Spieler. Ich habe ihn schon kennengelernt, er ist ein sehr netter Mensch. Ich glaube, er kann davon profitieren, dass Guardiola da war und seine Stärken einbringen. Wenn er beide Seiten zusammenfügt, sieht es sehr gut aus für seine Zeit bei den Bayern.
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Trainer Fink und die Bundesliga? Irgendwann...
Hannover 96 soll sich zuletzt um Sie bemüht haben. Warum sind Sie bei Austria Wien geblieben?
Es ist richtig, die Anfrage war da. Nun ist es aber so, dass ich erst seit einem halben Jahr bei Austria Wien bin. Der Verein hat nicht signalisiert, dass er mich gehen lassen will. Deshalb musste ich nicht groß darüber nachdenken. Hannover 96 ist ein toller Klub, ich freue mich natürlich, wenn Anfragen aus der Bundesliga da sind. Aber ich bin gut bei der Austria aufgehoben.
Dennoch dürfte die Rückkehr in die Bundesliga Ihr Ziel sein, oder?
Ich habe keinen genauen Karriereplan. Aber ich möchte irgendwann natürlich wieder in der Bundesliga trainieren.