Thomas Müller ist der Geisterspiele-Weltfußballer des FC Bayern

Thomas Müller gelingt als erstem Deutschen in der Champions League der 50. Treffer. Das ist aber längst nicht der einzige Grund, warum der Ober-Bayer für den Rekordmeister weiterhin so wertvoll ist.
Patrick Strasser |
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Gerade wenn's im Stadion leer ist, läuft Radio Müller zur Höchstform auf: Der bayerische Raumdeuter ist für den Rekordmeister auch als kickender Co-Trainer aktuell unverzichtbar
Gerade wenn's im Stadion leer ist, läuft Radio Müller zur Höchstform auf: Der bayerische Raumdeuter ist für den Rekordmeister auch als kickender Co-Trainer aktuell unverzichtbar © imago/MIS

München - Einer wie er kann alles tragen – und möglichen Spott locker ertragen. So erschien Thomas Müller nach dem 3:0 gegen den FC Barcelona am Spielfeldrand zum Interview bei "DAZN" mit Moderatorin Laura Wontorra und Experte Sandro Wagner in einer XXL-Jacke, die eher der Körperfülle eines Ottfried Fischer oder Reiner Calmund (in seiner früheren Hülle und Fülle) zuzuordnen wäre.

Müller ist nie um Schlagfertigkeit verlegen

Wagner, früher Müllers Mitspieler, witzelte: "Geiles Ding. Ist die vom Reschi, oder was?" Eine Anspielung auf Zeugwart Thomas Reschke. Müller, nie um Schlagfertigkeit verlegen, konterte: "Nee, die ist vom Julian..." Für Bayern-Trainer Julian Nagelsmann allerdings wäre die Jacke ein Zelt gewesen. Müller als blaue SpongeBob-Version? Die Auflösung: Solche wärmenden Anoraks erhalten die Profis, die während des Spiels auf der Bank sitzen. Zum Interview bei Temperaturen um den Gefrierpunkt wurde dem 32-Jährigen schnell irgendeine dieser Jacken gereicht.

Der Müller in Hülle und Fülle (rund 76 Kilogramm bei 1,85 Meter) war gegen Barça wieder einmal so richtig ins Rollen gekommen und traf gegen seinen Lieblingsgegner diesmal sogar mit geschlossenen Augen. Vor dem 1:0 visierte er die Flanke von Robert Lewandowski an, und als er dann seinen Schädel hinhielt, kniff er die Augen zu – drin, als Bogenlampe.

Augen zu und durch! Thomas Müller bei seinem Treffer gegen Barcelona.
Augen zu und durch! Thomas Müller bei seinem Treffer gegen Barcelona. © Sven Hoppe/dpa

Typischer geht's nicht und so analysierte Müller: "Es war, wie alle immer sagen: ein Müller-Tor." Seine - eingeschränkte - Sicht auf einen ganz besonderen Treffer: "Ich habe gemerkt, dass der Ball hochfliegt und ich ihn nicht mehr drücken kann. Dann war nur irgendwie dahinköpfen, wo der Ball herkam – als Bogenlampe. Aber klar, dass der dann so reingeht, hat Spaß gemacht."

Bingo. Ein passender Jubiläumstreffer, sein 50. Tor in der Champions League – das gelang ihm als erstem deutschen Profi überhaupt. Dass er den Meilenstein gegen den Weltklub FC Barcelona erreicht, wundert kaum. Schließlich war Müller nun in sieben Spielen gegen Barca bereits acht Mal erfolgreich, gegen kein anderes Team so häufig.

Funfact: Zum Vergleich: Toptorjäger Cristiano Ronaldo traf einst im Trikot von Manchester United, Real Madrid und Juventus Turin in sechs Champions-League-Partien gegen Barcelona nur zwei Mal. "Gegen Barca flutscht es irgendwie", freute sich Müller, die personifizierte Bestia negra für die "Blaugrana". Besonders in Geisterspielen. Siehe seine zwei Treffer 2020 in Lissabon beim damaligen 8:2 im Viertelfinale.

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Müller ist der Schlüsselspieler in einer leeren Schüssel

Müller kommen Partien ohne Zuschauer entgegen. Er ist der Schlüsselspieler in einer leeren Schüssel. "Thomas coacht sehr viel, hat einen taktischen Plan und versteht sehr viel von anderen Positionen", lobte Nagelsmann den Mittelfeldspieler, der über Geisterspiele einmal sagte, es fühle sich "atmosphärisch an wie bei Spielen der Alten Herren um 19 Uhr bei Flutlicht". Am Mittwoch, ab 21 Uhr, auf Königsklassen-Niveau in Fröttmaning hörte man Müller Anweisungen brüllen wie "Macht hinne, macht hinne!" oder "Weiter! Wir gehen aufs nächste Tor!".

Selbst für TV-Zuschauer war Radio Müller gut zu verstehen. Ein Mehrwert in tristen Pandemie-Zeiten ohne Fans auf den Tribünen.

Thomas Müller jubelt nach seinem Tor.
Thomas Müller jubelt nach seinem Tor. © IMAGO / Sven Simon

"Wenn du da einen hast, der immer coacht und aktiv ist, werden die anderen Spieler auch gepusht", erklärte Nagelsmann und adelte den gebürtigen Bayern aus Pähl am Ammersee: "Thomas ist immer wichtig, gewinnt aber noch mehr an Bedeutung, wenn keine Zuschauer da sind. In neuneinhalb von zehn Fällen coacht er das richtige, weil er ein extrem gutes taktisches Gespür hat und Dinge versteht."

Müller ist gesetzt, erlebt seinen x-ten Frühling, auch nach 604 Pflichtspielen für seinen Herzensverein. Womit er auf Rang drei im ewigen Pflichtspielranking der Bayern liegt, hinter Sepp Maier (661) und Oliver Kahn (632).

Ein inoffizieller Titel fehlt noch: Die AZ verleiht ihm den goldenen Ball als Geisterspiele-Weltfußballer.

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