Supercup im Corona-Gebiet: Ein Erfahrungsbericht aus Budapest
Budapest - Spanier – wenn überhaupt, dann sind am Donnerstagnachmittag einige Fans des FC Sevilla auf den Straßen und in den Cafés von Budapest zu sehen. Beim Stadtbummel, zwischendrin ein "Borsodi" oder ein "Soproni", ein einheimisches Bierchen.
Klar, die rund 300 Anhänger der Andalusier mussten den Flieger nehmen, um in die ungarische Hauptstadt zu reisen, brauchen für mindestens eine Nacht ein Hotelzimmer. Die Bayern-Fans hingegen reisten mehrheitlich am Spieltag an, mit dem Auto oder vereinzelt per Zug. Viele machen direkt nach Abpfiff wieder kehrt – ab nach Hause. Sie sind die Versuchskaninchen beim Prestigeobjekt der Uefa, beim Supercup mit Fans in einem Corona-Risikogebiet zwischen Champions-League-Sieger FC Bayern und dem Europa-League-Champion FC Sevilla.
Das erste Live-Erlebnis seit sechseinhalb Monaten
Von vielen wird die Partie im Netz verächtlich als "Superspreader-Cup" verhöhnt. Knapp über 1.000 Fans des Triple-Siegers sollen am Donnerstagabend in der rund 67.000 Zuschauer fassenden "Puskás Arena" dabei sein. Für manche von ihnen ist es das erste Live-Erlebnis im Stadion seit sechseinhalb Monaten. Am 8. März hatte Bayern vor einer stimmungsvollen Kulisse in der ausverkauften Allianz Arena (75.000 Fans) gegen den FC Augsburg mit 2:0 gewonnen. Kommt einem vor, als wäre es Lichtjahre her.
"Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, um endlich mal wieder unsere Bayern live sehen zu können", erzählen Torsten und Eckhart aus Hamburg, die via Amsterdam eingeflogen sind und nur eine Nacht bleiben. "Es war schon traurig genug, bei den Spielen in Lissabon nur vor dem Fernseher die Daumen drücken zu können. Wir waren bei allen Endspielen dabei – also auch diesmal."
Ohne Sorgen im Risikogebiet? "Wir haben keinerlei Bedenken, halten Abstand. Es sind ja ansonsten keine Touristen hier, die Cafés sind ziemlich leer."

Die Karten haben inklusive Gebühren knapp 60 Euro pro Person gekostet. Witzigerweise haben sich die Nordlichter im "falschen Hotel" eingebucht, im "Maritim", in dem der FC Sevilla logiert.
Super Cup: Ein Modellprojekt für die Uefa
Für die Uefa ist das Spiel in Budapest ein Modellprojekt, um die Ära der Geisterspiele zu beenden – vor allem mit Blick auf die im Oktober beginnende Champions-League-Gruppenphase und die nächsten Spieltage der Nations League für Nationalteams.
Maximal 30 Prozent der Kapazität des neuen Budapester Nationalstadions durften ausgelastet werden. Wie viele Fans (die meisten Karten wurden von Einheimischen gekauft) wirklich dabei sind, ist unklar. Viele haben storniert, weil Budapest mit einer Inzidenz von über 100 ein Risikogebiet ist. Laut "koronavirus.gov.hu" vom Donnerstagmorgen gab es innerhalb eines Tages in Ungarn 750 neue Infektionen, sieben Patienten sind gestorben. Es gibt insgesamt 15.673 aktive Fälle.
Uefa-Präsident Aleksander Ceferin sagte: "Der Supercup wird so sicher sein wie kein Spiel zuvor."
Als einziger Gast im Hotel
Laut Tibor Lakatos, dem Leiter des ungarischen Notfallzentrums, wurde das Event "nach den strengsten Gesundheitsprotokollen" organisiert. Er bat zugleich alle Fans, Gesichtsmasken zu tragen, schon bevor sie das Stadion überhaupt betreten. Am Eingang wird bei allen, die in die Arena wollen, die Körpertemperatur gemessen, auf den Tribünen dürfen nur diejenigen, die derselben Gruppe angehören, nebeneinandersitzen.
In Budapest ist es ansonsten sehr ruhig, vor allem nach 23 Uhr, wenn alle Cafés, Bars und Restaurants schließen müssen. Viele Bars haben ihren Party-Bereich auf die Bürgersteige verlegt, man feiert jetzt eben früher: Afterwork. Man merkt, dass die Touristen fehlen, für die seit dem 1. September die Grenzen geschlossen sind.
Nur Heimkehrer, Geschäftsreisende und eben die Fans, die Karten für den Supercup haben, dürfen ins Land. In meinem Hotel bin ich der einzige Gast.
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