So reagiert der FC Bayern auf die Sammer-Kritik
München - Tja. Wie übersetzt man „Kuschel-Oase?“ Pep Guardiola musste den Begriff aber nicht genauer erklärt bekommen, er hatte verstanden. Es ging um Matthias Sammer am Karfreitag an der Säbener Straße bei der Fragerunde mit dem Bayern-Trainer.
Also um die „Kuschel-Oase“, die Säbener-Lounge, frisch eingerichtet nach dem Gewinn der Meisterschaft am 25. März in Berlin, seitdem – so findet Sportvorstand Matthias Sammer – liegen die Bayern-Profis bildhaft gesprochen größtenteils auf dem Sofa und entspannen. Drei Bundesliga-Spiele ohne Sieg, zuletzt das 0:3 gegen Dortmund, belegen das Zurücklehnen. Auch beim 5:1 im Pokalhalbfinale am Mittwoch gegen Kaiserslautern tat man sich anfangs schwer. Gegen den Zweitligisten!
„Ich glaube, wir gehen zu positiv miteinander um, und zu lieb und zu nett, in so einer Kuschel-Oase“, sagte Sammer und schimpfte über die Wohlfühl-Bayern: „Wir müssen ein Stück weit mehr brennen, Gier in den Augen haben und auch den Mut haben, diese Dinge untereinander anzusprechen.“
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Bewusst nahm er in Kauf, dass ihn sein Image wieder einholt. Das als Motzki und Mahner, als „Feuermelder“ wie ihn der Sportinformationsdienst nannte. Die Kriegserklärung an die Kuschler hat die Bayern aufgewühlt, eine Reaktion könnte schon am Ostersamstag in Braunschweig (15.30 Uhr) beim Warm-up-Spiel für das erste Duell mit Real Madrid erfolgen.
Doch kommt der Vorwurf zur rechten Zeit? Was bezweckt Sammer und gegen wen richtet sich die beißende Kritik? Die AZ klärt die wichtigsten Fragen zur Kuschel-Debatte. Ja, wo Sammer denn?
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Warum kam die Attacke jetzt?
Weil Sammer wie früher Ex-Manager Uli Hoeneß zu Zeiten seiner emotionalen Ausbrüche ganz bewusst antizyklisch handelt. Sanft und milde nach Niederlagen wie zuletzt im Anschluss an das 0:3 gegen Dortmund. Dann tritt Sammer als Beschützer der Spieler auf, nun als In-den-Hintern-Treter. Nach einem 5:1 fällt die Botschaft als Kontrapunkt viel stärker auf. Und da Hoeneß als künftiger Häftling ausfällt und Guardiola nur intern kritisiert, übernimmt Sammer die Rolle des Poltergeistes.
Was will er erreichen? Unterm Strich: die Triple-Verteidigung. Die Erfolge der Vergangenheit sind für Sammer eher eine Last: „Das ist alles nicht so einfach zu verarbeiten. Wir müssen uns nur eine ehrliche Frage stellen, ob wir noch zwei Titel holen wollen.“ Also Pokal und Champions-League. Nach der Wutrede wird kein Spieler sagen: Och, nein!
Attackierte er auch Pep? In seiner Ruck-Rede griff Sammer auch Trainer Guardiola an. Der Sportvorstand monierte, es sei, um die letzten drei, vier Prozent zur besten Leistung herauszuholen, „in der Ansprache notwendig, einen etwas raueren Ton zu wählen und der fehlt ein bisschen“. Immer nur gelobt werden (Pep: „Supersuper!“, „Toptoptop!“) erscheint ihm suboptimal. Wer nicht top ist, solle laut Sammer „mal in der Ansprache den Hinweis bekommen, dass das nicht reicht“. Kuschel-Verbot für den Coach oder sogar Nachhilfe eines Ex-Trainers?
Wie reagiert Pep ?
„Matthias hat eine große Nase“, meinte der Trainer. Was kein Pinocchio-Vergleich war, sondern ein Lob. Sammer habe einen guten Riecher für das, was in der Mannschaft und um sie herum geschehe. „Seine Worte sind immer dazu da, um uns zu unterstützen und uns zu helfen“, erklärte Guardiola, „er ist die richtige Person.“ Tatsächlich verstehen sich die beiden prima. Insider sagen, dass Pep Sammer als einen der Seinen, als einen aus dem Trainerstab ansieht – obwohl er als Sportdirektor sein Vorgesetzter ist.
Was sagen die Spieler?
Thomas Müller meinte: „Es bringt nichts, dass du das ausdrückst, sondern wir als Mannschaft müssen uns wieder auf dem Platz mehr unterstützen und das geht nur über die Spieler. Und die wissen Bescheid.“ Mannschaftskapitän Philipp Lahm reagierte genervt, sagte kühl: Wenn Sammer das so sehe, „dann wird es so sein“. Es klang ironisch. Womöglich ist Sammer doch eine Spur zu weit gegangen.
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