Sieg gegen Wolfsburg: Kompanys Mannschaft ist eine Wundertüte
Wolfsburg - Das wird noch lustig mit diesen Bayern in der gerade begonnenen Saison. Die Mannschaft des neuen Trainers Vincent Kompany ist eine Wundertüte, wirkt (noch nicht?) gefestigt, alles andere als stabil. In einem furiosen – aus Trainersicht viel zu wilden – Spiel beim VfL Wolfsburg siegten die Bayern nach 1:0-Führung und 1:2-Rückstand am Ende mit 3:2.
Ein glücklicher Erfolg zum Liga-Auftakt, das Ergebnis hätte auch 2:3 oder 4:4 lauten können. Für den letzte Saison titellosen FC Bayern traf Serge Gnabry zum umjubelten 3:2-Siegtreffer (82.).
FC-Bayern-Sieg gegen Wolfsburg: Kompany bekommt einen Vertrauensvorschuss
Klar, Kompany hat eine Menge Kredit, er bekommt einen dicken Vertrauensvorschuss ‒ auch, weil die Vorbereitung und der Pokal-Auftakt (4:0 bei Zweitliga-Aufsteiger Ulm) den Verantwortlichen Hoffnung machten. Aber wie sieht der Fußball aus, den der 38-jährige Belgier bei seiner ersten Station als Chefcoach bei einem europäischen Top-Team spielen lassen will?
Kompany umriss vor dem Anpfiff bei DAZN erneut seine Spielidee: "Ich will Bayern-Fußball sehen, das ist wichtig für mich. Ich will, dass wir zeigen, was wir in der Vorbereitung gelernt haben." Und zwar? "Dass wir den Ball schnell zurückerobern, wenn wir ihn nicht haben. Wenn wir den Ball haben, dass wir wissen, wie wir vom Ballbesitz zum Tor kommen." Tempo also! Schnell denken, schnell umschalten. Mit welchem Personal?

Kompany bringt Olise, Kane und Boey in der Startelf
Mit der Aufstellung in seinem ersten Bundesliga-Spiel überraschte Kompany: Er brachte nicht den routinierten Konrad Laimer als Rechtsverteidiger anstelle des am Dienstag am Außenband des rechten Knies operierten Josip Stanisic, sondern Sacha Boey (23), der – auch aufgrund von verschiedenen Verletzungen – seit seinem Wechsel im Januar von Galatasaray Istanbul für 30 Millionen Euro erst sein drittes Pflichtspiel absolvierte.
Über Boey sagte Kompany bei DAZN lapidar: "Er hat es gut gemacht in der Vorbereitung. Viele Spieler haben es gut gemacht. Ich kann nicht viel falsch machen deshalb." Vor Boey stand der einzige Sommer-Neuzugang in der Startelf: Linksfuß Michael Olise als Rechtsaußen. Sturmspitze: Harry Kane. Dafür erstmal draußen: Pokal-Doppelpacker Thomas Müller.
Der entthronte Meister ging mit Schmackes und Dominanz in die Partie. Die ersten Chancen: Ein Gnabry-Schuss nach einer schlauen Vorlage von Kane per Hinterkopf ‒ gehalten (9.). Danach Kane mit einem Blattschuss gegen die Maske des neuen VfL-Torhüters Kamil Grabara (11.) und der Kopfball von Joshua Kimmich (13.), beide Male stark vorbereitet von Olise.
Die verdiente Führung durch Musiala bereiteten Olise und Kane über den rechten Flügel vor, Boey passte punktgenau zum einlaufenden Musiala in die Mitte – 0:1 (20.). Musialas sechstes Tor gegen Wolfsburg. Die Wölfe sind "Bambis" Lieblingsgegner.

Joker Müller bringt die Wende für den FC Bayern
Die Bayern versäumten es, mit einer deutlicheren Führung in die Halbzeitpause zu gehen und kassierten dafür gleich nach dem Wechsel die Quittung. Zu ungestüm kreuzte Boey den Laufweg von Tiago Tomas im Strafraum: Foul, Elfmeter, 1:1 durch Lovro Majer (47.), der acht Minuten später nach einem schwerwiegenden Patzer von Min-jae Kim zum 2:1 für die Gastgeber einschob. Die Bayern-Abwehr im Spätsommer-Modus: Dösen und schwimmen.
Dann brachte Kompany doch Müller (65.), der damit zum Rekordspieler des Rekordmeisters wurde: Sein 709 (!) Pflichtspiel für die Bayern, damit auf einer Stufe mit Legende Sepp Maier, zugleich sein 474. Ligaspiel ‒ eins mehr als Maier, also eine neue Bestmarke.

Müller brachte den Spirit, Kane die Kugel nach einer Kimmich-Ecke Richtung Torlinie, Wolfsburgs Kaminski vollendete unfreiwillig - 2:2. Mit Müller kam auch noch ein Zettel auf den Platz, auf den Kompany Instruktionen für sein Team notierte. Kimmich nahm sie sich zu Herzen, aber nicht in die Hand. "Der Trainer wollte noch etwas ändern. Aber haben sie gesehen, wo der Thomas den Zettel hingepackt hat? Den wollte ich dann lieber nicht anfassen."
Müller hatte sich den Taktik-Zettel von Kompany in die Unterhose gestopft. „Da war schon alles leicht verschwommen. Im Triebwerk ist es oft sehr heiß“, scherzte Müller und erklärte: „Da stand drauf, wie wir nach dem Wechsel in der Raumaufteilung spielen sollten. Alles ganz normales Zeugs.“
"Dass Thommy da rumkommt, hätte ich nicht erwartet"
Dafür, dass nur das Papier und nicht der Auftritt in die Hose ging, war letztlich Serge Gnabry mit seinem Siegtreffer in Minute 82 verantwortlich – auf Vor-Vorlage von Müller. Zuvor behauptete sich der Rekordspieler gekonnt im Zweikampf mit Cédric Zesiger – zur Überraschung des letztlichen Torschützen:
"Dass Thommy da rumkommt, hätte ich nicht erwartet", zeigte sich Gnabry bei "DAZN" überrascht, "das hat er aber top gemacht. Manchmal macht er Sachen mit seinem Body, das ist schon Wahnsinn."
Die Bayern bleiben durch den Erfolg auch im 19. Ligaspiel in Serie gegen die Wölfe ungeschlagen. Auftakt gelungen, drei Punkte. Ende gut, alles gut? Klares jein.